Außergewöhnlicher Fund

Forscher entdecken neue Saurierart auf über 80 Jahre alten Fotos

Auf über 80 Jahre alten Archivfotos haben Paläontologen die fossilen Überreste eines riesigen, bislang unbekannten Raubdinosauriers aus Ägypten identifiziert. Sein Original-Skelett war während eines Bombardements im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

Lebend-Rekonstruktion von Tameryraptor markgrafi.

© Joshua Knüppe

Lebend-Rekonstruktion von Tameryraptor markgrafi.

Von Markus Brauer

Paläontologen identifizieren eine neue, rund 95 Millionen Jahre alte Raubsaurierart aus der nordafrikanischen Kreidezeit. Das Besondere daran: Der originale Fossilfund aus Ägypten wurde vor 80 Jahren bei einem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört.

Für ihre Arbeit werteten die Forscher bisher unbekannte Archivfotos des noch unzerstörten Dinosaurierskeletts aus der Zeit vor 1944 aus. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“ veröffentlicht.

New carcharodontosaur announced, Tameryraptor, as part of a reanalysis of the Bahariya material. Paper below Beautiful art by @JoschuaKnuppepic.twitter.com/uSCUokGGQa — Taylor McCoy (@TM9380) January 14, 2025

Fossil wurde 1914 in Ägypten ausgegraben

Die bewegte Geschichte des Fossils liegt weit in der Vergangenheit: Der Fund des Originalskeletts des großen Raubsauriers geht auf den Münchner Paläontologen Ernst Stromer von Reichenbach (1871-1952) zurück. Das Fossil wurde 1914 während einer Grabungsexpedition in der ägyptischen Bahariya-Oase ausgegraben und gelangte etwas später zu Stromer nach München.

Dort wurde es zusammen mit anderen ägyptischen Dinosaurierfossilien in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie aufbewahrt, welche sich zu dem Zeitpunkt in der Alten Akademie in der Münchner Innenstadt befand.

Stromer ordnete das Fossil damals der Gattung Carcharodontosaurus - Haizahn-Echse - zu. Mit rund zehn Metern Länge einer der größten bekannten landlebenden Fleischfresser der Erdgeschichte, vergleichbar in seiner Größe mit dem etwas jüngeren Tyrannosaurus rex aus Nordamerika.

Dino-Fossilien fielen 1944 Bombardement zum Opfer

Am 21. Juli 1944 wurde das Gebäude der Alten Akademie bei einem alliierten Luftangriff auf München von einer Bombe getroffen und brannte vollständig aus. Ein Großteil der damaligen Sammlung, darunter auch sämtliche ägyptische Dinosaurier-Fossilien, fielen dem Bombardement zum Opfer.

Danach war es lange Zeit still um den Riesenraubsaurier aus Ägypten und die Funde gerieten in Vergessenheit. Einzige Überbleibsel der kreidezeitlichen Dinosaurier Ägyptens sind Stromers Notizen, Illustrationen der Knochen und einige wenige Fotos des Originalmaterials.

Bilder zeigen Original-Skelett

Im Rahmen neuer Recherchen stieß der Paläontologe Maximilian Kellermann, Masterstudent an der LMU München, nun auf neue, bisher unbekannte Fotos des Raubsauriers. Die Bilder zeigen das Original-Skelett aus Ägypten – bestehend aus Teilen des Schädels, der Wirbelsäule und der Hinterbeine – vor seiner Zerstörung in der Ausstellung der Alten Akademie.

Zusammen mit dem Dinosaurierspezialisten Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (SNSB-BSPG) und der Raubsaurier-Forscherin Elena Cuesta, LMU München, wertete Kellermann das neue Bildmaterial aus.

„Was wir auf den historischen Bildern sahen, hat uns alle überrascht. Das dort abgebildete ägyptische Raubsaurier-Skelett unterscheidet sich deutlich von neueren Carcharodontosaurus-Funden aus Marokko. Stromers ursprüngliche Zuordnung war somit inkorrekt. Wir identifizierten hier eine ganz andere, bisher unbekannte Raubsaurierart und gaben ihr den Namen Tameryraptor markgrafi“, sagt Maximilian Kellermann.

Zehn Meter lang mit markantem Nashorn

Tameryraptor war etwa zehn Meter lang, besaß symmetrische Zähne und ein markantes Nasenhorn. Der Name bezieht sich auf die altägyptische Bezeichnung für Ägypten „Tamery“, das gelobte Land, und ehrt Stromers Fossiliensammler Richard Markgraf, der diesen Dinosaurierrest ausgegraben hatte.

Der Saurier war wohl nahe verwandt mit anderen nordafrikanischen und südamerikanischen Carcharodontosauriern, sowie mit einer Raubsauriergruppe aus Asien, den Metriacanthosauriern, fanden die Forscher.

„Vermutlich war die Dinosaurierfauna Nordafrikas deutlich vielfältiger, als wir das bislang angenommen haben. Diese Arbeit zeigt, dass es sich für Paläotologen auch lohnen kann, nicht nur in der Erde, sondern auch in alten Archiven zu graben“, erklärt Oliver Rauhut. „Für eine umfassendere Beurteilung der kreidezeitlichen Raubsaurierfauna aus der Bahariya Oase, wäre allerdings die Bergung weiterer Fossilien der Fundstelle notwendig.“

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Erstellt:
16. Januar 2025, 16:35 Uhr
Aktualisiert:
16. Januar 2025, 21:25 Uhr

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