Astronomie

Forscher messen Energierekord für Elektronen aus dem Weltall

Astrophysiker haben erstmals kosmische Elektronen mit bis zu 40 Teraelektronenvolt Energie eingefangen – ein neuer Rekord. Nachgewiesen wurden diese hochenergetischen, in die Erdatmosphäre rasenden Teilchen vom H.E.S.S.-Observatorium in Namibia.

Künstlerische Darstellung eines rotierenden Pulsars mit seinem starken Magnetfeld, das sich mit ihm dreht. Wolken geladener Teilchen bewegen sich entlang der Feldlinien und ihre Gammastrahlen werden wie ein Leuchtturmlicht ausgestrahlt.

© © Nasa/Goddard Space Flight Center Conceptual Image Lab

Künstlerische Darstellung eines rotierenden Pulsars mit seinem starken Magnetfeld, das sich mit ihm dreht. Wolken geladener Teilchen bewegen sich entlang der Feldlinien und ihre Gammastrahlen werden wie ein Leuchtturmlicht ausgestrahlt.

Von Markus Brauer

Wissenschaftler der H.E.S.S.-Kollaboration, darunter ein Konsortium deutscher Universitäten, das Max-Planck-Institut für Kernphysik und das CNRS in Frankreich, haben jetzt die energiereichsten Elektronen und Positronen identifiziert, die je auf der Erde gemessen wurden.

Sie liefern Beweise für kosmische Prozesse, die enorme Energiemengen freisetzen, deren Ursprung noch unbekannt ist. Diese Ergebnisse sind im Fachjournal „Physical Review Letters“ veröffentlicht worden.

#Communiqué | La collaboration @hesstelescopes détecte les électrons et positrons cosmiques les plus énergétiques jamais observés.L'origine de ces processus cosmiques, qui émettent d'immenses quantités d'énergie, reste inconnue.@CNRS@maxplanckpresshttps://t.co/dvTO6uhVIo — CNRS Nucléaire & Particules (@CNRS_IN2P3) November 25, 2024

Wo landet die kosmische Strahlung?

Das Universum ist voller extremer Umgebungen, von den kältesten Temperaturen bis hin zu den energiereichsten Quellen. Extreme Objekte wie Supernovaüberreste, Pulsare oder aktive galaktische Kerne können geladene Teilchen und Gammastrahlung erzeugen, deren Energien um Größenordnungen über denen liegen, die bei thermischen Prozessen wie etwa der Kernfusion in Sternen erreicht werden.

Während das emittierte Gammalicht ungestört den Weltraum durchquert, werden die geladenen Teilchen – auch kosmische Strahlung genannt – von den allgegenwärtigen Magnetfeldern im Universum abgelenkt und erreichen die Erde gleichmäßig aus allen Richtungen.

Zudem verlieren die geladenen Teilchen dabei durch die Wechselwirkung mit Licht und Magnetfeldern Energie. Besonders stark sind diese Verluste vor allem bei den energiereichsten Elektronen und Positronen mit Energien über Tera-Elektronenvolt (1 TeV = 10¹‘ Elektronenvolt), den Elektronen der kosmischen Strahlung (CRe).

Wie kann man hochenergetische Teilchen nachweisen?

Ihr Nachweis auf der Erde ist daher ein eindeutiger Hinweis auf die Existenz starker kosmischer Teilchenbeschleuniger in der Nähe unseres Sonnensystems, auch wenn sie nicht zur Bestimmung ihres Ursprungs im Weltraum verwendet werden können.

Allerdings ist der Nachweis dieser hochenergetischen Teilchen schwierig. Weltraumbasierte Teleskope mit einer Detektorfläche von rund einem Quadratmeter können nicht genügend der seltenen Teilchen einfangen.

Bodengebundene Instrumente können zwar die Teilchenkaskaden nachweisen, die beim Auftreffen kosmischer Teilchen auf die Erdatmosphäre ausgelöst werden, stehen aber vor der Herausforderung, die von Elektronen oder Positronen ausgelösten Kaskaden von den deutlich häufiger auftretenden Kaskaden zu unterscheiden, die durch den Aufprall schwererer kosmischer Kerne entstehen.

Wie funktioniert das H.E.S.S.-Cherenkov-Teleskop?

Im Jahr 2008 gelang es Forschern erstmals, diese CRe in den Daten des bodengestützten H.E.S.S.-Cherenkov-Teleskops zu identifizieren. Das H.E.S.S.-Observatorium in Namibia verwendet fünf große abbildende atmosphärische Cherenkov-Teleskope, um das schwache Cherenkov-Licht zu erfassen, das von hochgeladenen Teilchen und Photonen erzeugt wird, die die Atmosphäre unseres Planeten durchdringen und dadurch eine Kaskade von Teilchen erzeugen.

Obwohl das H.E.S.S.-Observatorium in erster Linie dazu dient, Gammastrahlen zu detektieren, zu selektieren und ihre Quellen zu vermessen, können die Daten auch für die Suche nach kosmischen Elektronen verwendet werden.

Wie entfaltet sich das Energiespektrum der Elektronen?

In einer neuen Analyse, die nun von Wissenschaftlern der H.E.S.S.-Kollaboration vorgestellt wurde, konnten neue Erkenntnisse über den Ursprung dieser Teilchen gewonnen werden. In ihrer Arbeit werteten die Astrophysiker den riesigen Datensatz, der über ein Jahrzehnt lang von vier der H.E.S.S.-Teleskope gesammelt worden war, neu aus und wendeten dazu neuartige und strenge Selektionsalgorithmen an, um kosmische Elektronen mit einer beispiellos niedrigen Hintergrundkontamination zu identifizieren.

Dies führte zu einem bisher unerreichten statistischen Datensatz für die Analyse der kosmischen Elektronen. Insbesondere konnten die Forscher erstmals CRe-Daten in den höchsten Energiebereichen bis zu 40 TeV (Tera-Elektronenvolt) gewinnen.

„Wir beobachten, dass das Energiespektrum der CRe mit zunehmender Energie einen sanften Abfall zeigt, bei etwa 1 Tera-Elektronenvolt wird das Spektrum allerdings schlagartig deutlich steiler. Sowohl oberhalb als auch unterhalb dieses Bruchs folgt das Spektrum einem Potenzgesetz und enthält keine weiteren Auffälligkeiten, wie sie von vielen Modellen für die CRe-Beschleunigung vorhergesagt wurden“, erklärt Mathieu de Naurois vom Laboratoire Leprince-Ringuet, E’cole Polytechnique, CNRS.

Woher stammen die hochenergetischen Teilchen?

Die Forscher stellten jedoch fest, dass der Übergang von dem flachen zu einem steilen Abfall des Energiespektrums bei etwa 1 Tera-Elektronenvolt überraschend scharf ist.

„Das ist ein wichtiges Ergebnis, denn wir können daraus schließen, dass die gemessene kosmische Strahlung höchstwahrscheinlich nur von einigen wenigen Quellen in der Nähe unseres eigenen Sonnensystems stammt, die maximal einige tausend Lichtjahre entfernt sind – eine sehr geringe Entfernung im Vergleich zur Größe unserer Galaxie. Emissionen von sehr vielen Quellen in unterschiedlichen Entfernungen würden dieses Signal viel stärker verwischen“, erläutert Kathrin Egberts von der Universität Potsdam. „Mit unserer detaillierten Analyse konnten wir den Ursprung dieser kosmischen Elektronen erstmals stark eingrenzen“.

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Erstellt:
26. November 2024, 11:34 Uhr
Aktualisiert:
26. November 2024, 11:54 Uhr

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