Forstminister Hauk will bundesweiten Notfallplan Wälder
dpa/lsw Stuttgart. Auf den Wald war Verlass als Klimaschützer und Wirtschaftsfaktor. Doch Dürre und Schädlinge setzen ihm zu, ganze Baumarten könnten bald von der Bildfläche verschwinden. Deshalb fordert Forstminister Hauk den Bund zur Hilfe auf - und hat einen überraschenden Vorschlag.

Peter Hauk (CDU), der Forstminister von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weissbrod/Archiv
Angesichts der zunehmenden Dürreschäden und des massiven Schädlingsbefalls fordert Forstminister Peter Hauk (CDU) Soforthilfen und ein länderübergreifendes Notfallprogramm des Bundes. Die Landesminister der unionsgeführten Agrarresorts sollten sich am Donnerstag beim Treffen in der Nähe von Dresden unter anderem über die komplizierte Wiederbepflanzung des zerstörten Forsts und finanzielle Hilfen für private Waldbesitzer abstimmen. Es sei wichtig, Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) in der derzeitigen Notlage einen Katalog mit Ideen oder Forderungen vorzulegen.
„Wir brauchen Hilfen im dreistelligen Millionenbereich, wir brauchen langfristige Planungen für neue Bäume und wir benötigen dringend einen Plan, wie wir das zerstörte und tote Holz aus den Wäldern bekommen“, sagte Hauk am Mittwoch in Stuttgart. Dies sei vor allem wegen der enormen Masse befallener oder schon zerstörter Bäume eine Herausforderung: „Die Aufarbeitungskapazitäten sind nicht da, weil überall in Europa die Hütte brennt“, sagte Hauk. Auch die Sägewerke seien randvoll. „Deshalb kann nichts abfließen aus dem Wald, es muss also gelagert werden.“
Klöckner hatte zuletzt angekündigt, ein 500 Millionen Euro schweres Programm zur Wiederaufforstung aufzulegen. Das Geld soll nach ihren Worten aus dem Klimafonds der Bundesregierung kommen, der in den vergangenen Jahren nie ausgeschöpft worden sei.
Die baden-württembergische Forstkammer begrüßt das: „Eine umfassende finanzielle Unterstützung der Forstbetriebe seitens des Bundes zur Bewältigung der derzeitigen Katastrophe sowie für die anstehenden Wiederaufforstungsmaßnahmen ist längst überfällig“, teilte die Kammer als Vertreterin der Waldbesitzer mit. Die Maßnahmen müssten aber in den Ländern umgesetzt werden.
Hauk nannte die Summe „nicht zu hoch gegriffen“ und warnte vor weiteren Folgekosten über das Jahr hinaus: „Es ist vermessen zu glauben, dass das Thema in 2019 erledigt ist.“ Die Trockenschäden hielten an, und die Wiederbewaldung sei nicht in nur einem Jahr zu schaffen. „Außerdem muss sich der Staat darauf einrichten, dass die Wetterextreme zunehmen.“
Während die Kommunen die Kosten für die sogenannte Aufarbeitung - das Fällen, Lagern und Transportieren von Holz - zum Teil tragen könnten, seien die privaten Waldbesitzer stärker betroffen. „Dort kommt man schnell an die Grenzen der Liquidität, zumal die Erlöse für das gesunde Holz die Verluste und Ausgaben nicht decken“, sagte Hauk.
Deshalb müsse man betroffenen Waldbesitzern sehr wahrscheinlich nicht nur in Baden-Württemberg, sondern länderübergreifend mit Zuschüssen unter die Arme greifen. „Sie brauchen das Geld für das Hacken befallener Bäume, für den Transport und das Lagern.“ Notwendig seien vor allem Absprachen mit den Wasserbehörden wegen der Nasslager. „Diese Lager sind wichtig, weil wir einen Puffer brauchen, solange die Sägewerke voll sind“, sagte Hauk. Außerdem seien die Preise auf dem Holzmarkt im freien Fall.
Für Anfang September kündigte der Minister einen baden-württembergischen „Waldgipfel“ an, auf dem er mit den Verbänden über die Lage und die nächsten Entscheidungen beraten will.
Nach zwei trockenen Sommern in Folge hatte der Minister schon vor einer Woche einen Notfallplan in Aussicht gestellt. Im gesamten Land seien in den vergangenen Wochen bisher nicht bekannte, drastische Schäden an Buchen aufgetreten. Im Rheintal falle die Kiefer auf großen Flächen aus, in weiten Teilen Baden-Württembergs gebe es immense Schäden bei Tannen, und der Fichtenbestand sei massiv vom Borkenkäfer geschädigt.
Im vergangenen Jahr hatte es in Baden-Württemberg vom Frühjahr bis zum Herbst kaum geregnet. Das Defizit haben auch Niederschläge in diesem Winter und Frühjahr nicht ausgeglichen, wie Hauk am Montag sagte. Trockenstress schwäche Bäume und mache sie anfällig für Schädlinge. Nach Ansicht Hauks ist auch ein Ende der Borkenkäferplage nicht abzusehen, im Gegenteil: „In sechs Wochen erwartet uns nochmal ein verstärktes Szenario, die Befallszahlen werden sich potenzieren“, sagt er.
Nach Ansicht Hauks müssten in der Debatte um Klimaschutz und eine nationale Kohlendioxid-Bepreisung auch Anreize für diejenigen bedacht werden, die zur Senkung des CO2-Gehalts beitragen. „Nicht nur der Ausstoß sollte bepreist werden, sondern es sollten auch die belohnt werde, die die Situation verbessern“, sagte Hauk. Der Wald speichere CO2 in großem Umfang. Deshalb seien finanzielle Anreize für Waldbesitzer nicht abwegig. Derzeit wird über einen Preis für den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase (CO2) diskutiert. Dies würde Tanken und Heizen mit Öl oder Gas teurer machen.
Die Forstkammer Baden-Württemberg applaudiert: Die Klimaschutzleistung des Waldes werde durch eine Bewirtschaftung erhöht. „Deshalb befürworten und fordern wir ausdrücklich die Einführung einer finanziellen Honorierung aktiver Waldeigentümer für ihren aktiven Beitrag zum Klimaschutz“, sagte Ulrike Staudt, die stellvertretende Geschäftsführerin der Kammer. „Die Waldeigentümer sind die Leidtragenden des Klimawandels, den sie nicht zu verantworten haben.“ Da sei die Honorierung mehr als angebracht.