Fortsetzung des Exodus in den Kirchen? Studie zu Austritten
dpa/lsw Stuttgart. Der Exodus aus den beiden großen Kirchen hat zuletzt deutlich an Fahrt gewonnen. Wie hat sich die Pandemie ausgewirkt? Verlassen die Menschen die Kirchen noch in Scharen?
Nach den Rekordzahlen des Jahres 2019 wollen die beiden evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg am heutigen Mittwoch ihre jüngsten Mitgliederzahlen veröffentlichen. Schon seit langem gehen die Zahlen zurück - im Jahr 2019 hatten sich sogar so viele Christen wie nie zuvor von der Kirche abgewandt. Auch die katholischen Bistümer hatten Rekordaustrittszahlen gemeldet.
Hoffnung macht den Kirchen ausgerechnet die Pandemie. Denn nach vorläufigen Zahlen sind im Corona-Jahr 2020 deutlich weniger Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten als im Jahr zuvor. Es hätten 10 bis 20 Prozent weniger Mitglieder der Kirche den Rücken gekehrt, hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im vergangenen April der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
„Vielleicht ist es tatsächlich so, dass viele Menschen so ein Gefühl hatten: In dieser Pandemie ist es doch ein Glück, dass wir die Kirche mit allen ihren Einrichtungen haben, so fehlbar sie auch sein mag“, hatte Bedford-Strohm vermutet. Allerdings seien die Kirchensteuereinnahmen aufgrund der niedrigeren Einkommen in der Corona-Krise deutlich geringer ausgefallen.
Eine Trendumkehr ist für die Kirchen bitter nötig. Im Jahr 2019 waren in Baden-Württemberg mehr als 44.000 Katholiken aus ihrer Kirche ausgetreten: fast 21.900 im Bistum Rottenburg-Stuttgart (2018: 17.500) und fast 22.300 im Erzbistum Freiburg (2018: rund 18.000). Ende 2019 gehörten noch etwa 3,58 Millionen Menschen im Land der katholischen Kirche an (2018: 3,64 Millionen).
Den beiden Landeskirchen kehrten mehr als 37.800 Mitglieder den Rücken, davon 24.100 in Württemberg und 13.700 in Baden. Die Landeskirche hatte Ende vergangenen Jahres rund 1,96 Millionen Mitglieder (2018: 1,99 Millionen). In Baden gab es noch rund 1,12 Millionen Protestanten (2018: 1,14 Millionen). Sorgen machten sich die Verantwortlichen vor allem um die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen, in der die Zahl der Austritte landesweit besonders hoch ist.
Um die Anlässe und Motive für Kirchenaustritte besser zu verstehen, hat die württembergische Landeskirche ausgetretene Mitglieder befragt. Ergebnisse der Datensammlung, die seit September 2020 gemeinsam mit der Evangelischen Kirche von Westfalen erhoben wurde, sollen am heutigen Mittwoch (11.00 Uhr) vorgestellt werden.
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