Fraktionen in Klausur: Neuausrichtung wegen Ampel in Berlin
dpa/lsw Stuttgart. Aufgalopp ins politische Jahr 2022: Nach dem Wahljahr müssen sich Koalition und Opposition neu ausrichten - schon wegen der Ampel in Berlin. Die FDP will der „Altväterkoalition“ im Südwesten weiter einheizen.
Um sich politische Vorsätze für das neue Jahr zu geben, kommen die Landtagsfraktionen diese Woche zu ihren Winterklausuren zusammen. Nach dem ereignisreichen Wahljahr müssen sich Koalition und Opposition in Baden-Württemberg neu justieren - auch wegen der neuen Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP im Bund. Aufgrund der Corona-Pandemie verzichten die Fraktionen weitestgehend auf Vor-Ort-Termine und tagen hybrid. Das heißt, einige Abgeordnete sitzen im Landtag, andere sind online zugeschaltet. Bei den Klausuren soll es um folgende Schwerpunkte gehen:
Grüne: Die 58 Abgeordneten der stärksten Fraktion wollen sich von diesem Dienstag bis Donnerstag vor allem mit der Klimapolitik, Mobilität im ländlichen Raum und der Pflege in Corona-Zeiten beschäftigen. Die Fraktion um ihren Chef Andreas Schwarz will ein Sofortprogramm beschließen, mit dem mehr Pflegekräfte rekrutiert werden sollen. Am Mittwoch kommt Filiz Albrecht zu Besuch, sie ist seit einem Jahr Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin bei Bosch und soll über die Transformation der Arbeitswelt berichten.
CDU: Der Koalitionspartner setzt bei seiner Klausur am Mittwoch und Donnerstag andere Akzente. Die 42 Abgeordneten nehmen sich mal wieder den Bürokratieabbau vor, wollen aber auch über Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung reden. Zudem soll die CDU-Position für den Strategiedialog für bezahlbares Wohnen beraten werden. Zum Gespräch hat Fraktionschef Manuel Hagel den früheren Vorsitzenden der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, von der Uni Freiburg, geladen. Feld hat sich jüngst für ein höheres Renteneintrittsalter ausgesprochen. Zudem soll der Historiker Andreas Rödder die Lage der Union nach der Pleite bei der Bundestagswahl analysieren.
SPD: Die größte Oppositionsfraktion nimmt bis Mittwoch die Folgen der Pandemie ins Visier und will der Gefährdungslage durch extremistische Corona-Leugner entgegenwirken - mit Unterstützungsangeboten für Sicherheitskräfte, Polizei und kommunale Entscheidungsträger. Zudem will die SPD herausfiltern, wie das Land vom Koalitionsvertrag der Ampel profitieren kann, vor allem in den Bereichen Wohnen, Soziales und Bildung. Zudem sollen die 19 Abgeordneten ein Paket zur Milderung der „dramatischen Zustände im Maßregelvollzug des Landes“ beschließen.
FDP: Auch die Südwest-Liberalen müssen verstärkt nach Berlin schauen, seit sie in der Bundes-Ampel mitregieren. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will mit den anderen 17 Abgeordneten Themen vorantreiben, „die in Abstimmung mit dem Modernisierungskurs der Ampel in Berlin deutlich machen werden, wie rückwärtsgewandt und erstarrt die grün-konservative Altväterkoalition in Baden-Württemberg ist“. Er will eine Corona-Politik, „die den Dialog sucht und nicht auf autoritäre Bastapolitik setzt“. Man wolle zudem in der Bildungspolitik aufholen und eine „zeitgemäße Migrationspolitik“ machen.
AfD: Die kleinste Fraktion mit ihren 17 Abgeordneten will sich mit der Sozial- und Verkehrspolitik beschäftigen, sagte ein Sprecher. Darüber hinaus will die AfD um Fraktionschef Bernd Gögel Gesetzentwürfe für ein verbindliches Vorschuljahr sowie für eine Elementarversicherung beschließen. Derzeit wird zwischen den Ländern nach den Sturzfluten und Überschwemmungen in mehreren Regionen in NRW und Rheinland-Pfalz im Sommer über die Wiedereinführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden für alle Gebäudebesitzer diskutiert.
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