Pressestimmen
Franziskus warnte vor „Drittem Weltkrieg in kleinen Stückchen“
Der hellsichtige und unkonventionelle Papst einer brutalen multipolaren Welt ist gestorben: So würdigen Medien rund um die Erde und in seiner Heimat Argentinien das Pontifikat von Jorge Mario Bergoglio.

© dpa/Michael Kappeler
Papst Franziskus hinterlässt eine große Lücke.
Von Michael Maier/dpa
Große Trauer und Anerkennung für die Lebensleistung von Papst Franziskus – die internationale Presse erweist dem verstorbenen Pontifex am Dienstag mit ihren Schlagzeilen die Ehre. In Buenos Aires ist die Anteilnahme mit sieben Tagen offizieller Staatstrauer besonders groß.
„Clarín“ (Argentinien)
„Armut, Flüchtlinge, neue Formen der Sklaverei, Umweltzerstörung und Pandemien waren nicht die einzigen globalen Dramen, mit denen Franziskus konfrontiert wurde. Schon zu Beginn seines Pontifikats warnte er, die Welt erlebe einen ‚dritten Weltkrieg in kleinen Stückchen’“.
Kommersant (Russland)
„Franziskus“ ordnete die Bestrafung wegen Pädophilie verurteilter Priester an, arbeitete mit den italienischen Behörden bei der Offenlegung von Finanzinformationen der Vatikanbank zusammen, reduzierte den Verwaltungsapparat der römischen Kurie und berief erstmals Frauen in diesen. Er ließ Vertreter sexueller Minderheiten taufen, rief Priester dazu auf, Frauen nach einer Abtreibung gnädig zu behandeln und plädierte konsequent dafür, alle militärischen Konflikte durch Dialog zu beenden.“
„Libération“ (Frankreich)
„Mit Papst Franziskus (...) starb eine der wenigen Stimmen, die in der Lage waren, das Korsett zu sprengen, das die Kirche seit Jahrhunderten umklammert. Der Papst, der sein Pontifikat den Armen und der Peripherie widmen wollte, hat trotz aller Hoffnungen, die manche in ihn setzten, unter seiner Herrschaft keine wirkliche Revolution in der Kirche bewirkt.“
„El Mundo“ (Spanien)
„Der Tod von Franziskus (...) markiert das Ende eines einzigartigen Pontifikats. Es war geprägt von seinem Bestreben, die am stärksten benachteiligten Gruppen zu schützen und die Kirche den Gläubigen näherzubringen - ebenso wie von seinem Anspruch, in einer Zeit tiefgreifender geopolitischer Umbrüche eine prägende Stimme zu sein.
Sein Einsatz für die Ausgegrenzten und seine Kritik an den Eliten lassen keinen Zweifel daran, dass Jorge Mario Bergoglio ein Papst seiner Zeit war. Sein Vermächtnis wird untrennbar mit dem Versuch verbunden bleiben, weniger die kirchliche Lehre als vielmehr die Kultur der Kirche zu erneuern.“
Fakten zu Jorge Mario Bergoglio
- Geboren am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires, Argentinien
- Sohn italienischer Einwanderer
- Ausbildung zum Chemietechniker
- Eintritt in den Jesuitenorden 1958
- Priesterweihe 1969
- 1998-2013: Erzbischof von Buenos Aires
- 2001: Ernennung zum Kardinal durch Johannes Paul II.
- Seit 13. März 2013: Papst der katholischen Kirche als Franziskus
- Erster Papst aus Lateinamerika
- Erster Jesuit als Papst
- Bekannt für bescheidenen Lebensstil und Fokus auf soziale Gerechtigkeit
„The Guardian“ (Großbritannien)
„Während seiner zwölf Jahre auf dem Stuhl des Heiligen Petrus hat Franziskus in bewundernswerter Weise versucht, die Energien der katholischen Kirche wieder auf die Menschen am Rande der Gesellschaft zu konzentrieren und gleichzeitig die Macht etablierter Interessengruppen zurückzudrängen. (...)
Während nationalistische Bewegungen den politischen Kompass des Westens immer weiter nach rechts zogen, wurde Franziskus zu einem immer wichtigeren Gegengewicht bei Themen wie der Migration, der globalen Erwärmung und dem Schicksal des Globalen Südens.“
„Washington Post“ (USA)
„Franziskus hat oft die richtigen Kämpfe geführt. Er setzte sich im Kampf gegen den Klimawandel und (...) für verfolgte religiöse Minderheiten ein, für die Armen im globalen Süden und die Migranten und Flüchtlinge, zu deren Ehren er ein Denkmal auf dem Petersplatz enthüllte. Als er Papst wurde, waren mehr als die Hälfte der Kardinäle Europäer; bei seinem Tod waren es weniger als 40 Prozent.“
„Sydney Morning Herald“ (Australien)
„Franziskus wird für vieles in Erinnerung bleiben – als Reformer, als Jesuit, als Verteidiger der Armen. Doch das vielleicht beständigste Bild wird das eines Sterbenden sein, der sich weigerte, sich zurückzuziehen, der seine Botschaft über den Schmerz hinaus in die Geschichte trug. An seinem letzten Osterfest predigte Franziskus nicht die Auferstehung. Er verkörperte sie.“