Freispruch bei Prozess zur Schlägerei im Plattenwald
Ein Video der Massenschlägerei im Plattenwald legt nahe, dass der Angeklagte jemandem zu Hilfe geeilt war.
Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Verhandelt wurde am Amtsgericht Backnang ein Fall, der sich im Mai 2022 auf dem Waldspielplatz im Plattenwald zugetragen hat. Dass der Plattenwald in der Statistik der Aggressionsdelikte gehäuft als Tatort aufgeführt wird, ist vor allem auf ein einzelnes Ereignis zurückzuführen: Im besagten Monat war es dort auf dem Waldspielplatz zu einer Massenschlägerei zwischen zwei Gruppen gekommen (wir berichteten). Laut Dennis Ehrhardt, Leiter des Polizeireviers Backnang, ergaben sich aus diesem Vorkommnis 20 Einzelfälle, die in die Jahresstatistik einflossen. Auch zwei von fünf registrierten Messerangriffen ereigneten sich bei dieser Auseinandersetzung. Diese Zahlen nannte Ehrhardt im Zuge der Vorstellung der Sicherheitsanalyse im Gemeinderat im Juli 2022.
Um einen dieser Einzelfälle ging es nun im Prozess am Amtsgericht Backnang. Dem 33-jährigen Angeklagten wurde vorgeworfen, bei eben jener Auseinandersetzung einen Kontrahenten mit einem langen Ast geschlagen zu haben. In der Folge dieses Schlags sei ein Holzstück im Unterarm des jungen Mannes stecken geblieben, das dann operativ entfernt werden musste. Der Angeklagte sagte zur Sache Folgendes aus: Das Ganze sei während der Geburtstagsfeier seines Bruders, bei dem auch seine Schwester und sein Schwager anwesend waren, passiert. Auslöser sei wohl eine Eifersuchtsszene gewesen. Er habe dann gesehen, wie sich die Schlägerei entwickelt habe, sein Schwager am Boden lag und von drei Personen malträtiert wurde. Daraufhin habe er den Stock aus dem Feuer genommen, um ihm zu Hilfe zu eilen und die Männer zu trennen. Er selbst sei dabei auch geschlagen und verletzt worden, wie auf einigen Fotos dokumentiert wurde.
Ein Video der Massenschlägereisoll Klarheit bringen
Zur weiteren Beweisaufnahme wurde mehrfach ein Video angeschaut, teilweise in verlangsamter Geschwindigkeit, das einige Ausschnitte des Geschehens zeigte. Darin war deutlich zu erkennen, dass der 33-Jährige mit dem Stock auf die Angreifer des Schwagers zuging. Danach gab es einen Schwenk der Kamera. Von dieser festgehalten wurde dann erst wieder das Zurückweichen des Geschädigten und wie dieser seinen Arm begutachtete. Bei genauem Hinsehen war auch ein Stück Holz erkennbar, das aus dem Unterarm ragte.
Dies allerdings hielt den Geschädigten, der als Zeuge zwar geladen worden war, jedoch nicht erschien, nicht davon ab, trotz seiner Verletzung weiterhin kräftig mitzumischen und auszuteilen. Was den fraglichen Vorgang angeht, lag durch den zeitlichen Zusammenhang der Schluss nahe, dass die Verletzung des Geschädigten in dem Moment geschehen sein musste, in dem der Kameraschwenk stattfand.
Nicht festzustellen war anhand des verfügbaren Videomaterials hingegen, dass der Angeklagte noch andere Personen mit dem Stock angegriffen haben soll. Darüber hinaus war auf dem Video deutlich zu erkennen, wie der Angeklagte auf dem Boden lag, und zwar ohne T-Shirt, Kappe und Stock neben ihm. Diesen Umstand bestätigte auch der ermittelnde Polizeibeamte, der im Zeugenstand aussagte.
Infolgedessen herrschte bei allen Beteiligten Übereinstimmung, dass es sich bei diesem konkreten Einzelfall um „Nothilfe für den Schwager“ gehandelt habe und nicht um einen Angriff. Somit lautete das Urteil: Freispruch. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.