Niederlage für Umwelthilfe
„Freiwillig-Tempo-30“-Schilder müssen weg
Anwohner am Bodensee leiden unter dem starken Verkehr. Doch selbst helfen, in dem sie selbst Schilder malen, dürfen sie nicht. Doch das Gericht lässt eine kleine Hintertür.
Von Eberhard Wein
Darf man auch im Straßenverkehr seine Mitmenschen um Rücksichtnahme bitten? Natürlich. Allerdings dürfen solche Appelle, wenn sie auf Schildern vorgetragen werden, amtlichen Verkehrszeichen nicht allzu ähnlich sehen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden und damit eine Klage von Anwohnern und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) abgewiesen.
Die Kläger, die auf der Bodensee-Halbinsel Höri wohnen, hatten auf ihren Grundstücken an der Durchgangsstraße auf eigene Faust Tafeln aufgestellt. Über einem Tempo-30-Zeichen stand das Wort „Freiwillig“. Darunter waren springende Kinder aufgemalt. Bis zu 30 solcher Schilder fanden sich zwischenzeitlich an den Ortsdurchfahrten von Moos und Gaienhofen. Dann schritt das Konstanzer Landratsamt ein und drohte mit Bußgeldverfahren. Die meisten Anwohner bauten ihre Schilder ab, drei zogen, unterstützt von der Umwelthilfe, vor Gericht.
Autofahrer brauchen klare Schilder
Schon in der ersten Instanz blieben sie ohne Erfolg. Jetzt wies auch der VGH ihre Klagen – zumindest vorläufig – ab. Dass vor allem Fahrassistenzsysteme auf die Schilder hereingefallen seien und die Autofahrer per Warnton zum Bremsen aufforderten, reichte dabei für den Senat allein für ein Verbot nicht aus. Die Richter gingen aber davon aus, dass auch flüchtige Autofahrer die Schilder für amtliche Zeichen halten könnten. Die Ergänzung „Freiwillig“ werde „von den Verkehrsteilnehmern, deren Erwartungs- und Verständnishorizont durch die ihnen geläufigen Verkehrszeichen geprägt“ sei, möglicherweise nicht wahrgenommen, heißt es in der Urteilsbegründung.
Auf den betroffenen Schildern war die Zahl „30“ mal mit einem roten und mal mit einem rot-grünen-Kreis, einmal aber auch mit einem grünen Herz umgeben. Der DUH-Chef Jürgen Resch hoffte auf eine Klärung, was erlaubt ist. Doch das Gericht untersagte in allen drei Fällen die weitere Aufstellung. Aus Sicht des Gerichts könnten die Anwohner ihre Bitte um langsameres Fahren allerdings durch anders gestaltete Schilder zum Ausdruck bringen. Wie ein solch gesetzeskonformes Schild aussehen müsste und ob dabei die Zahl „30“ überhaupt verwendet werden darf, ließ das Gericht offen. „Wir werden uns bemühen, eine andere Form zu finden“, sagte Resch gegenüber unserer Zeitunng. Möglicherweise lasse sich mit einer anderen Typografie die „30“ verwenden. Der Beschluss ist unanfechtbar (Az. 13 S 1304/24, 13 S 1306/24, 13 S 1308/24).