Freundschaft kennt kein Handicap
Freunde können gemeinsam etwas unternehmen und jede Menge Spaß haben, unabhängig davon, ob einer von ihnen eine Behinderung hat. Das zeigen die Beispiele von Luca Grün aus Allmersbach im Tal und und Benjamin Dais aus Burgstetten.

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Beni Dais hat den Ausflug nach Köln mit Lea Rupp und Lea Nothstein (von links) und seiner Schwester Carolin (rechts) in vollen Zügen genossen. Gemeinsam hatten alle einen Heidenspaß bei den Faschingsumzügen und beim Tanzen in einem Kölner Klub. Foto: Tobias Sellmaier
Von Annette Hohnerlein
Burgstetten/Allmersbach im Tal. „Für Beni ist es das Wichtigste, dabei zu sein, am liebsten mittendrin“, sagt Roland Dais, der Vater von Benjamin. Deshalb war es eine tolle Überraschung für den 32-Jährigen aus Erbstetten, dass ihm seine Schwestern Carolin und Lena zum Geburtstag eine Reise zum Kölner Karneval schenkten. Denn der junge Mann mit Downsyndrom ist ein großer Fan des Karnevals. „Er hat sich richtig vorbereitet und Rosenmontagsumzüge auf Youtube angeschaut“, erzählt Carolin Dais. Besonders gut gefallen ihm die Gardemädchen, die Pferde und die Blasmusik. Das ist Benis Stichwort: „Tatatataaaaa“, ruft er und bewegt seinen Arm auf und ab wie der Stabführer einer Blaskapelle. Außer den drei Geschwistern waren noch zwei Freundinnen mit von der Partie, Lea Rupp und Lea Nothstein. Am Faschingssamstag machten sich die fünf närrischen Freunde auf den Weg nach Köln und verlebten zusammen ein wunderbares Wochenende. „Beni hat man nicht weggekriegt vom Umzug, er ist sechs Stunden nicht auf die Toilette gegangen“, erzählt Lea Nothstein lachend. Die Kostüme der Gruppe waren ganz auf den jungen Mann abgestimmt: Er war als Polizist und seine vier Begleiterinnen waren als Sträflinge verkleidet. Außer dem Rosenmontagsumzug besuchten die fünf noch einen weiteren Umzug, in dem sich jedes Jahr die Schulen und die Kölner Stadtteile präsentieren. Außerdem stand ein Besuch in einem Klub der Stadt auf dem Programm. „Da hat Beni tolle Bekanntschaften gemacht“, erzählt seine Schwester Carolin. „Und Kölsch getrunken“, ergänzt Lea Rupp.
Mit vielen Süßigkeiten im Gepäck den Heimweg angetreten
Nach drei erlebnisreichen Tagen und Nächten machte sich die Gruppe auf den Heimweg, mit kiloweise Süßigkeiten im Gepäck. „Beni war ein Süßigkeitenmagnet beim Umzug“, erzählt Lea Nothstein. Zu Hause gab Beni von den eingesammelten Kamellen großzügig etwas an seine Arbeitskollegen vom Paulinenhof in Hertmannsweiler ab. Auch sein Papa bekam etwas, den Rest hat er selber gegessen. Der junge Mann redet nicht viel, aber auf die Frage, ob es ihm beim Karneval in Köln gefallen hat, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Jaaaaaa!“
Luca Grün ist der gute Geist der ersten Fußballmannschaft beim SV Allmersbach im Tal. Seit über zehn Jahren ist er dort als Betreuer tätig, er hat Spieler und Trainer kommen und gehen sehen, inzwischen ist er einer von denen, die am längsten dabei sind. „Er nimmt uns einige Aufgaben ab“, sagt Kapitän Tim Wehrsig, „und er sorgt dafür, dass es uns Spielern gut geht.“ So ist der junge Mann mit Handicap dafür verantwortlich, dass alles Erforderliche auf dem Platz bereitsteht, wenn seine Mannschaftskameraden zum Training kommen: Stangen, Hütchen, Leibchen, Getränke und am Schluss das Eisbad zum Abkühlen. Außerdem sammelt er die Wertsachen der Spieler ein und verwahrt sie sicher.

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Gute Stimmung im „Ballraum“ des SV Allmersbach. Für Co-Trainer Florian Mrasek (links) und Kapitän Tim Wehrsig (rechts) ist es ganz klar: „Luca gehört zu uns.“Foto: Alexander Becher
Und auch bei der Spielanalyse bringt er sich ein: Nach dem Abpfiff lässt er seine Kameraden wissen, ob er mit ihrer Leistung zufrieden war oder nicht. Wenn man den 27-Jährigen fragt, welche seiner vielen Aufgaben er am liebsten erledigt, bekommt man zur Antwort: „Ich mache alles gern.“
So ist es nur konsequent, dass Luca auch von den Veranstaltungen abseits des Platzes keine einzige auslässt. Ob beim Bowlingabend, beim Grillen, bei der Weihnachtsfeier oder der Après-Ski-Party: „Luca gehört ganz normal dazu“, sagt Tim Wehrsig. „Daraus hat sich eine richtige Freundschaft entwickelt, ganz klar“, meint auch Co-Trainer Florian Mrasek und erzählt, dass Luca schon 240 Spiele beim SV Allmersbach als Betreuer begleitet hat. In seinem WhatsApp-Status zählt er gewissenhaft mit. Dort postet er auch Tipps zu anstehenden Spielen und seine Ansichten rund um seine Leidenschaft Fußball.
Hat der VfB-Fan Luca daneben noch andere Hobbys? Was für eine Frage! „Außer Fußball gibt es für mich nichts“, erklärt er mit voller Überzeugung.