Verteidigung gegen Russland
Friedrich Merz fordert Europa-Kontaktgruppe für die Ukraine
Mit seinem Besuch in der Ukraine will Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in der Vorweihnachtszeit ein Zeichen der Solidarität setzen. Was die Waffe Taurus betrifft, hat er einen klaren Standpunkt.
Von red/dpa
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz schlägt angesichts des anstehenden Machtwechsels in den USA die Bildung einer europäischen Kontaktgruppe vor, um die Ukraine-Unterstützung zu koordinieren. „Wir müssen alles tun, um die Ukraine in die Lage zu versetzen, ihr Recht auf Selbstverteidigung wahrzunehmen, ohne Einschränkung. Und alles tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden“, sagte der CDU-Chef bei einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Hauptstadt Kiew.
Man müsse auf den am 20. Januar anstehenden Machtwechsel in den USA hin zu Präsident Donald Trump vorbereitet sein und alle Eventualitäten durchdenken, forderte der Unionsfraktionschef im Bundestag. Auf europäischer Seite werde eine Strategie gebraucht, die nicht Deutschland, Frankreich oder Großbritannien allein entwickeln könnten. „Sondern diese Strategie können wir nur gemeinsam entwickeln.“ Er nehme einen Vorschlag Selenskyjs mit großem Interesse auf, dass dabei auch Dänemark eine wichtige Rolle spielen könne.
Merz: Haltung zu Taurus unverändert
Zur erneuten Forderung Selenskyjs nach einer Lieferung der reichweitenstarken deutschen Marschflugkörper Taurus sagte Merz, Selenskyj „kennt unsere Position zum Taurus. Daran hat sich nichts geändert.“
Merz hatte kürzlich vorgeschlagen, der Ukraine Handlungsoptionen in die Hand zu geben, damit sie auf das Kriegsgeschehen Einfluss ausüben könne „im Sinne eines Waffenstillstandes und eines Schweigens der Waffen“. Er habe der Ukraine angeboten, die Reichweitenbegrenzung für die bisher von Deutschland gelieferten Waffen aufzuheben „und die Taurus-Lieferungen zu ermöglichen, jeweils mit Bedingungen, die die Ukraine bestimmt – und nicht wir und auch nicht ich“, hatte Merz gesagt.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte eine Taurus-Lieferung bei seinem Besuch in Kiew vor einer Woche erneut abgelehnt, weil er fürchtet, Deutschland könne so in den Krieg hineingezogen werden.
Merz verlangt anhaltend konsequente Ukraine-Unterstützung
Merz setzte sich knapp drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges für eine anhaltend konsequente Unterstützung der Ukraine ein. „Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine schwächer wird, dann wird dieser Krieg länger dauern“, sagte er bei der Ankunft in Kiew. „Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine konsequent ist, dann wird dieser Krieg schneller enden.“ Nur wenn die Ukraine stark sei, werde der russische Präsident Wladimir Putin „überhaupt bereit sein, sich auf Verhandlungen einzulassen“, sagte Merz.
Seitenhieb auf die Zustände in Deutschland
„Auf die Minute pünktlich, die ukrainische Bahn“, sagte Merz bei seiner Ankunft in die Fernsehkameras. Zudem sei er mit einem perfekten WLAN unterwegs gewesen. Das dürfte als Seitenhieb auf die Pünktlichkeit der Bahn in Deutschland sowie die Netzabdeckung dort zu verstehen sein.
Ukraine will Sicherheitsgarantien von Nato und Europa
Selenskyj betonte bei dem Treffen mit Merz angesichts möglicher Verhandlungen über ein Ende des Krieges, sein Land brauche Sicherheitsgarantien nicht nur durch die Nato, sondern auch durch die europäischen Länder. Er räumte ein, sein Land könne derzeit nicht Nato-Mitglied sein, forderte aber erneut eine offizielle Einladung in die Allianz.
Der ukrainische Präsident hatte Trump am Wochenende in Paris gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron getroffen. Nun kündigte Selenskyj an, er wolle demnächst mit dem noch amtierenden US-Präsidenten Joe Biden telefonieren, um mit ihm über eine Nato-Mitgliedschaft zu sprechen. „Denn er ist der jetzige Präsident der USA - und von seiner Meinung hängt natürlich sehr viel ab.“ Er fügte an: „Das jetzt mit Trump zu diskutieren, bevor er seinen Posten im Weißen Haus eingenommen hat, hat nicht so viel Sinn.“
In der Ukraine und in der EU gibt es Sorgen, inwieweit Trump nach seinem Amtsantritt am 20. Januar die Militärhilfe für die Ukraine fortsetzen wird. Die Europäer wären kaum in der Lage, die Lücke zu füllen.
Merz informiert sich über Schäden an Infrastruktur
Merz informierte sich angesichts anhaltender russischer Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine über die Probleme bei der Versorgung der Menschen mit Strom und Wärme. In der Region Kiew ließ er sich ein Kraftwerk zeigen, das bei einem russischen Raketenangriff im Frühjahr beschädigt worden war. Begleitet wurde er von Energieminister Herman Haluschtschenko.
Kreml-Chef Wladimir Putin lässt in der kalten Jahreszeit vor allem die Strom- und Wärmeinfrastruktur der Ukraine mit Drohnen und Raketen angreifen, um die Bevölkerung in dem seit bald drei Jahren andauernden Angriffskrieg zermürben.
Merz hatte seinen Solidaritätsbesuch in Kiew am Vormittag mit einer Ehrung der im Verteidigungskampf gegen den russischen Angriff gefallenen Soldatinnen und Soldaten begonnen. Seite an Seite mit dem estnischen Ministerpräsidenten Kristen Michal legte der CDU-Vorsitzende auf dem zentralen Michaelsplatz in der Hauptstadt Kiew einen Kranz nieder.