Schwarz-Rot
Friedrich Merz, Lars Klingbeil und die 800-Milliarden-Euro-Frage
Falls eine schwarz-rote Bundesregierung zustande kommt, bräuchte diese dringend Geld – für Verteidigung, aber vor allem aus Sicht der SPD nicht nur dafür. Gibt es nun eine Lösung mit zwei Sondervermögen?
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© dpa/Christoph Soeder
Werden Sie sich einig? CDU-Chef Friedrich Merz (links) und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil
Von Tobias Heimbach
Es gibt ein gemeinsames Ziel: mehr Geld für die Verteidigung. Die Tatsache, dass US-Präsident Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei dessen Besuch im Weißen Haus harsch angegriffen hat, ist ein weiteres Alarmsignal. Darüber herrscht Konsens zwischen CDU und SPD.
Und doch sind es zwei unterschiedliche Erzählungen, mit denen CDU-Chef Friedrich Merz und die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken nach Gremiensitzungen an diesem Montag in Berlin vor die Presse treten. Es geht um gigantische Summen, womöglich sogar um eine 800-Milliarden-Euro-Frage.
Merz macht klar: Er setzt auf eine schnelle Einigung zwischen den möglichen künftigen Koalitionspartner, zusätzliche Milliarden vor allem für die Verteidigung zu mobilisieren. „Die Dringlichkeit aus meiner Sicht ist groß“, sagte der CDU-Chef. Er fügte hinzu: „Wir sollten versuchen, das vor dem EU-Gipfel am Donnerstag zu vereinbaren.“ Merz sagte aber auch, er könne vorerst weder den Weg noch Zahlen nennen. „Das ist alles offen.“
Friedrich Merz und die Frage nach dem Sparen
Spannende Zwischentöne sind zu hören, wenn der wahrscheinliche nächste Kanzler nach dem Konsolidierungsbedarf in den öffentlichen Haushalten gefragt wird. Der werde, so sagt es Merz, durch das, was komme, ja nicht geringer, sondern größer. Denn zusätzliche Schulden für Bundeswehr müssten ja auch irgendwann zurückgezahlt werden. Merz nennt auch die Themen Bürgergeld und Migration, bei denen er im Wahlkampf stets großes Potenzial für Einsparungen gesehen hat.
In der SPD sehen sie die Notwendigkeit, dass Deutschland und Europa in der Verteidigung stärker werden müssen, ebenso. SPD-Chef Lars Klingbeil unterstreicht aber auch, es gebe weitere Probleme, die angegangen werden müssten. Es gehe darum, dass das Leben für die Menschen bezahlbar bleiben müsse. Es brauche „massive Investitionen in Straßen, in Schulen, in die Schiene“, sagt er. Saskia Esken, ebenfalls SPD-Vorsitzende, betont, der Konstruktionsfehler der Ampel sei gewesen, dass die Probleme zwar bekannt gewesen seien, man sich aber für die Lösung beide Hände auf dem Rücken zusammengebunden habe. Der SPD ist mehr Geld fürs Militär nicht genug. Sie will es auch für andere Bereiche.
In der Umsetzung geht es um Fragen, die sehr technisch klingen – die aber praktisch einen großen Unterschied machen: Gibt es ein oder gleich mehrere Sondervermögen? Wird die Schuldenbremse reformiert?
Hinter den Kulissen sind offenbar gerade zwei Sondervermögen in der Diskussion – wobei man dazusagen muss, das Sondervermögen ein gut klingendes Wort für einen zusätzlichen Schuldentopf ist. Demnach geht es um ein Sondervermögen für die Verteidigung und eines für Infrastruktur. Dies soll bereits zwischen CDU, CSU und SPD besprochen worden sein, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet hat. Um welche Summen es dabei geht, dazu ist aus den Verhandlungen selbst noch nichts bekannt geworden. Doch laut Reuters sollen sich vier Top-Ökonomen bereits Gedanken gemacht haben. Demnach könnte es um 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr sowie zusätzlich um 400 Milliarden bis 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur gehen.
Ein Wunsch auch aus den Bundesländern
Auch die Variante etwas an der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse zu verändern, wäre möglich, um Investitionen in Sicherheit und Infrastruktur zu finanzieren. Diesen Wunsch gibt es parteiübergreifend in vielen Bundesländern, sowie bei der SPD und bei großen Teilen der Grünen. Auf die Schnelle wäre ein Sondervermögen aber technisch leichter umzusetzen.
Egal für welche Variante man sich entscheidet: Beides müsste zügig beschlossen werden, weil Union, SPD und Grüne nur im alten Bundestag die notwendige Zweidrittelmehrheit haben. Auch der Bundesrat muss mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Wenn sich der neue Bundestag voraussichtlich am 25. März konstituiert, wäre man zusätzlich auf die Stimmen der Linkspartei angewiesen. Sie hat sich offen für Verhandlungen gezeigt, besteht allerdings darauf, dass die Schuldenbremse komplett abgeschafft. Das lehnt aber die Union ab, ebenso viele in SPD und bei den Grünen. Die Zeit drängt also.