Europäische Union
Friedrich Merz sucht Schulterschluss mit europäischen Parteifreunden
Fragen der Wettbewerbsfähigkeit Europas stehen am Freitag und Samstag im Mittelpunkt des Treffen der EVP-Spitzen in Berlin.
Von Norbert Wallet
Großer Bahnhof am Freitag und Samstag im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU – und mittendrin Friedrich Merz. An den beiden Tagen findet in Berlin eine Art Familientreffen der europäischen Konservativen statt. Angesagt haben sich allein neun Staats- und Regierungschefs. Auch die Oppositionsführer aus Staaten, in denen die Parteien, die sich unter dem Dach der Europäischen Volkspartei (EVP) sammeln, nicht regieren, kommen in die Hauptstadt. Dort werden sie dann auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Manfred Weber treffen. Der CSU-Politiker ist gleichzeitig Parteichef der EVP und Fraktionschef im Europäischen Parlament.
Die CDU betont zwar, dass das Treffen bereits zu Zeiten geplant worden ist, da der Bruch der Ampelkoalition noch gar absehbar gewesen war. Aber unbestreitbar passen die Bilder des Kanzlerkandidaten im Kreise bereits regierender Konservativer ganz prima in die Zeit des Bundestagswahlkampfs.
Antworten auf die Herausforderung Trump
Dennoch ist das nur ein Nebenaspekt. Tatsächlich hat die EVP als größte politische Kraft in Europa – sie stellt immerhin 11 von 27 Regierungschefs – eine Menge zu besprechen. Am Montag wird Donald Trump als US-Präsident vereidigt und dann wird die neue Zeit in der Weltpolitik offiziell beginnen. Europa steht gleich vor einem doppelten Problem: Trumps Ankündigungen einer aggressiven Zollpolitik lassen Befürchtungen wachsen, dass sich der freie Welthandel nicht mehr störungsfrei entwickeln kann. Und andererseits wird die Trump-Präsidentschaft neue Anforderungen an Europa stellen, seine eigene Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit zu einem wesentlich größeren Teil selbst zu organisieren.
Friedrich Merz will das Thema Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft explizit in den Mittelpunkt stellen. Er wird der Runde ein Papier zu einem radikalem Abbau der Bürokratie vorlegen.
In Brüssel wird wohlwollend registriert, dass sich Merz in europäischen Dingen Rat einholt. Im Zwei-Wochen-Rhythmus telefoniert er mit der Parteifreundin Ursula von der Leyen. Das Verhältnis der beiden gilt als harmonisch. Ursula von der Leyen rechnet Merz die klare Unterstützung im Europawahlkampf hoch an. Da mit Manfred Weber ein CSU-Politiker zudem Fraktionschef im EU-Parlament ist, entsteht hier ein machtvolles deutsches Dreieck.
Für Merz und Weber ist von der Leyens Kurs zu grün
Wobei Merz und Weber der Kommissionspräsidenten durchaus klar machen, dass sie von ihr in ihrer zweiten Amtszeit einen weniger grünen Kurs erwarten. Aber das europäische Parkett ist durchaus rutschig. Immerhin kennt es Merz aus seiner Zeit als Europa-Abgeordneter (von 1989 bis 1994). Aber ganz trittfest ist er noch nicht. Das zeigten seine jüngsten Einlassungen zum Thema „grüner Stahl“.
Am Montag hatte Merz auf einer Betriebsräte-Konferenz der CDA mit einem bemerkenswerten Zitat auch viele Parteifreunde irritiert. Bei einer Betriebsrätekonferenz der CDA hatte er gesagt: „Ich glaube persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird. Wo soll der Wasserstoff denn herkommen? Den haben wir nicht. Und wenn wir das mit Wasserstoff machen, dann ist die Tonne Stahl immer noch mindestens 300 Euro teurer, als wenn sie bisher konventionell erzeugt wird.“
Merz rudert zurück
Inzwischen ist Merz zurückgerudert und bekannte sich nun als „Befürworter der regenerativen Energie und der Nutzung von Wasserstoff – und somit auch einer grünen Stahlproduktion“.
Gut möglich allerdings, dass das Berliner Treffen von einem dritten Thema überlagert wird. Die Runde braucht eine Verständigung über die Frage, wie man es mit den populistischen bis extremen Rechten hält. Besonders die Vorgänge in Österreich erfordern einen gemeinsamen Kurs. Merz’ glasklare Absage an jede Zusammenarbeit bleibt da durchaus nicht ohne Widerspruch.