Führungskraft im Büro und auf dem Feld

Karrieren abseits des Sports (8): Philipp Maurer koordiniert als AOK-Abteilungsleiter für die Gesundheitsförderung die Arbeit von 34 Kollegen, als Drittliga-Handballer beim HC Oppenweiler/Backnang ist der Routinier ein Vorbild für die Nachwuchstalente.

Philipp Maurer sitzt als Abteilungsleiter mittlerweile oft im Büro, fühlt sich aber auch in den Kursräumen weiterhin pudelwohl. Fotos: A. Becher

© Alexander Becher

Philipp Maurer sitzt als Abteilungsleiter mittlerweile oft im Büro, fühlt sich aber auch in den Kursräumen weiterhin pudelwohl. Fotos: A. Becher

Von Steffen Grün

Der Sport spielt in Philipp Maurers Leben schon seit frühester Kindheit eine absolute Hauptrolle. Mit sechs Jahren betrat der Bub die Judomatte, mit neun Jahren „bin ich in den Ferien mal mit meinem besten Kumpel zum Handball gegangen. Das hat mir noch mehr Spaß gemacht.“ Er begann in der E-Jugend des VfL Sindelfingen und entschied sich als 14-Jähriger dann dazu, mit dem Judo aufzuhören, weil ihm „die stärkere Interaktion mit den Mitspielern“ im Mannschaftssport einfach besser gefiel. Der Jugendliche schlug damals die richtige Richtung ein, daran kann es mit Blick auf seine bisherige Sportlerkarriere keine Zweifel geben. Philipp Maurer rückte bei seinem Heimatverein in die Württembergliga auf, wechselte 2010 zum Drittligisten nach Horkheim und zog nach drei Runden im Unterland zum damaligen Oberligisten TV Oppenweiler weiter, um 2015 auch mit den Murrtalern den Aufstieg in die dritthöchste deutsche Spielklasse zu schaffen.

Zielstrebigkeit zeichnet den Leistungsträger auf Rechtsaußen sowie im rechten Rückraum, dessen Spitzname „Bambi“ in die Irre führt, weil er auch in der Abwehr kraftvoll zupackt, allerdings nicht nur als Handballer aus. Philipp Maurer verfolgte auch abseits der Halle früh einen konsequenten Plan. Nach der Realschule baute er sein Abitur am technischen Gymnasium und danach war klar, dass sein Studium und damit sein Berufsweg etwas mit Sport zu tun haben sollte. Lehrer für Englisch und Sport war die erste Idee, doch er sattelte schnell auf Sportwissenschaft um. Rolf Brack, die Trainerlegende im Ländle, war einer seiner Professoren, zur Theorie am Tag kam abends im Training die Praxis. „Das war genau das, was ich wollte“, blickt der Handballer zurück: „Sport, den ganzen Tag.“ Und dabei ist es im Prinzip bis heute geblieben, denn auch sein Job hatte von Anfang an viel damit zu tun.

Backnang, Oppenweiler, Stuttgart, Böblingen und Sindelfingen: Maurer verbringt viel Zeit im Auto.

Über ein Pflichtpraktikum schnupperte Maurer bei der AOK rein. „Ich habe mich wohlgefühlt und wohl auch ganz gut angestellt, sonst hätten sie mich wohl nicht genommen“, mutmaßt der 30-Jährige und schmunzelt. Vor exakt vier Jahren ging es als Bewegungsfachkraft sowie als Trainer und Kursleiter im Rückenbereich los, „das war super und hat Riesenspaß gemacht“. Trotzdem war mit Sport vom frühen Morgen bis zum späten Abend im Januar 2018 Schluss, denn „es haben sich neue Wege aufgetan“. Maurer stieg als Abteilungsleiter für die Gesundheitsförderung bei der AOK Stuttgart/Böblingen zur Führungskraft auf. Er steuert seither die Arbeit von Koordinatoren im betrieblichen Gesundheitsmanagement sowie in den sogenannten nicht betrieblichen Lebenswelten wie Kommunen, Vereinen, Schulen und Kitas. Dazu kommen Fachkräfte, Ernährungsberater und Trainer, insgesamt 34 Leute.

„Ich sitze vor allem im Büro“, skizziert Philipp Maurer seinen Alltag: „Das ist etwas schade, weil mir die sportliche Praxis manchmal fehlt. Es macht aber trotzdem Spaß, weil ich rund um die Uhr mit Menschen zu tun habe.“ Den sportlichen Ausgleich erlebt der Handballer nach Feierabend, wenn die Trainingseinheiten beim HC Oppenweiler/Backnang auf dem Plan stehen. Dreimal pro Woche geht es in der Regel in die Halle, entweder in der Sturmfedergemeinde oder in der Murr-Metropole. Zwei athletische Einheiten im Fitnessstudio oder als Joggingrunde gibt es obendrauf, damit sind die Tage insgesamt sehr eng getaktet. Erst recht deshalb, weil Philipp Maurer zwischen den Standorten der Krankenkasse in Stuttgart, Böblingen und Sindelfingen sowie der Wohnung in seiner Wahlheimat Backnang pendelt. „Die viele Fahrerei bin ich gewohnt“, stellt er lapidar fest. Früher setzte sich der Sportler hinter das Steuer, um wegen des Trainings von Sindelfingen nach Horkheim oder Oppenweiler zu düsen, seit seinem Umzug ist der Job der Anlass für die Kilometerfresserei.

An den härtesten Tagen steigt Philipp Maurer bereits um 6 Uhr in sein Auto und sperrt erst gegen 23 Uhr wieder die Wohnungstür auf. „Es ist schon anstrengend und erfordert viel Planung, aber es macht auch viel Spaß“, sagt er und ist froh, dass seine Freundin keinen Einspruch erhebt. „Sie macht das mit, weil sie selbst Handballerin ist und deshalb Verständnis hat.“ Das Schlafdefizit macht er normalerweise wett, indem er die Busfahrten zu den Auswärtsspielen für ein Nickerchen nutzt, im Moment ruht der Spielbetrieb wegen der Coronakrise aber. Wann es weitergeht, da will auch Maurer keine Prognose wagen, er hofft aber wie so viele auf schnelle Besserung. Weil sein Arbeitgeber mit den Angeboten der Gesundheitsförderung auch ein Stück weit eingeschränkt ist, betrifft ihn die Thematik doppelt, immerhin durften er und seine Teamkollegen bisher normal trainieren. „Das ist ein großes Privileg, das ist uns bewusst“, sagt der Routinier. „Es fühlt sich ein Stück weit wie Normalität an, wenn wir in der Halle sind.“ Und das ist umso wichtiger für einen wie ihn, für den der Sport schon von Kindesbeinen an immer eine Hauptrolle spielte.

In der Serie Karrieren abseits des Sports stellen wir regelmäßig Athleten aus der Region in ihrem Berufsalltag vor. Dabei geht es zum einen um bekannte Sportler in ihrem Beruf und zum anderen um solche, die einen ungewöhnlichen Beruf ausüben oder die in ihrem Job besonders erfolgreich sind. Weitere Sportler mit interessanten oder ungewöhnlichen Berufen können sich unter sportredaktion@bkz.de melden.

Stark in der Abwehr und mit Zug zum Tor: Philipp Maurer besticht mit seiner Vielseitigkeit.

© Alexander Becher

Stark in der Abwehr und mit Zug zum Tor: Philipp Maurer besticht mit seiner Vielseitigkeit.

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Erstellt:
12. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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