Verteidigungskooperation

Gemeinsam stärker

Deutschland und Großbritannien wollen stärker bei der Verteidigung zusammenarbeiten. Ein gutes Zeichen für die europäische Souveränität – und hoffentlich nicht das letzte, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.

Verteidigungsminister Boris Pistorius mit seinem britischen Amtskollegen John Healy in London.

© AFP/JUSTIN TALLIS

Verteidigungsminister Boris Pistorius mit seinem britischen Amtskollegen John Healy in London.

Von Tobias Heimbach

Etwas holprig klingt es ja: „Trinity House Vereinbarung“. Diese sonderbare denglische Überschrift verheißt ein ehrgeiziges Projekt: die engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Großbritannien in Fragen der Verteidigung.

Eine Vereinbarung mit diesem Ziel wurde am Mittwoch unterzeichnet und trägt den Namen des Ortes, an dem der historische Akt stattgefunden hat. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) war dafür nach England gereist. Von einem „Meilenstein“ sprach sein britischer Amtskollege John Healey. Wohin der Weg führen wird, den dieser Meilenstein markiert, lässt sich noch nicht absehen – ebenso wenig, ob die Erwartungen an das Abkommen nicht etwas hochgesteckt sind. Dennoch ist es eine gute Entwicklung, dass beide Länder enger kooperieren wollen.

Schließlich zeigt ein Blick auf die Weltlage eindeutig, dass sich Europa stärker mit seiner eigenen Sicherheit befassen muss. Russland und seine aggressive Außenpolitik sind nicht nur aktuell eine Bedrohung. Sie werden es in den kommenden Jahren und wahrscheinlich Jahrzehnten auch bleiben. Aber auch China, Nordkorea und der Iran schüren Unsicherheit. Zwar liegen diese Staaten in anderen Weltregionen. Doch sie sind auch eine Gefahr für die Europäer, nicht nur durch Spionage und Cyberangriffe. Nordkorea schickt sogar Truppen in die Ukraine, die dort an Russlands Seite kämpfen.

Daher ist es wichtig, den europäischen Teil der Nato zu stärken. Ganz gleich, wer die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten gewinnt – Europa muss sich darauf vorbereiten, mehr für die eigenen Verteidigung zu tun. Im Falle eines Wahlsiegs von Kamala Harris dürfte die Hilfe für die Ukraine zwar weiterfließen, doch langfristig orientieren sich die USA stärker auf die Auseinandersetzung mit China im Pazifik – und weg von Europa. Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen und die Amerikaner ihre Unterstützung für die Ukraine quasi über Nacht in Frage stellen, könnte es durchaus sein, dass sich die Europäer noch viel schneller selbst überlassen bleiben.

Sinnvoll an der deutsch-britischen Vereinbarung ist vor allem, dass schon konkrete Projekte ausbuchstabiert werden. Deutsche Flugzeuge sollen in Schottland stationiert werden und von dort aus den Nordatlantik überwachen. Bei der Stationierung von Truppen im Baltikum wollen beide Nationen ebenfalls zusammenarbeiten und gemeinsame Manöver abhalten. Im Bereich der Rüstung zu kooperieren, kann auch von Vorteil sein. So werden Projekte günstiger und sind in Zukunft besser aufeinander abgestimmt.

Vielleicht der wichtigste Punkt: Die Kooperation ist ausdrücklich offen für weitere Partner. Deutsche und Briten mögen gemeinsam stark sein – noch stärker sind sie, wenn alle Europäer mit am Strang ziehen.

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Erstellt:
23. Oktober 2024, 17:28 Uhr

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