Gemüse fermentieren liegt voll im Trend
In einem Workshop des Landratsamts Rems-Murr-Kreis zum Thema Fermentieren lernen die Teilnehmer, Gemüse und Obst haltbar zu machen. Alle Anwender haben den Vorteil, genau zu wissen, was in ihrem haltbar gemachten Lebensmittel drin ist.
Von Simone Schneider-Seebeck
Kirchberg an der Murr. Was tun mit überschüssigem Gemüse? Wenn etwa der Gemüsegarten mehr hervorbringt, als man selbst frisch verzehren kann, oder wenn trotz leckeren Krautsalats immer noch einiges übrig geblieben ist? Um das gesunde Grünzeug haltbar zu machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der erste Gedanke mag das Einfrieren sein, doch nach dem Auftauen ist Gemüse oft nicht mehr ansehnlich oder knackig und taugt höchstens noch für Suppen, Aufläufe oder Quiches. Abgesehen davon, dass die Gefriertruhe sowieso prinzipiell zu klein ist. Eine andere Methode, die in der Zubereitung eigentlich recht schnell geht, ist das Fermentieren.
Um diese schonende Art der Haltbarmachung, die zudem fast ohne Hilfsmittel und auch ohne Strom auskommt, vorzustellen, lud das Landwirtschaftsamt des Rems-Murr-Kreises zum Workshop nach Kirchberg an der Murr-Zwingelhausen. Im Kräutergarten von Ute Bartels hatte Referentin Christa Schumacher bereits einiges an leckerem Gemüse vorbereitet, das sich gut zum Fermentieren eignet: Kürbis, Rot- und Weißkohl, Spitzkohl, Karotten, Rote Bete, Kohlrabi, Knollensellerie.
Aller Anfang ist die Theorie. Und so wurden zunächst verschiedene Methoden der Haltbarmachung erläutert wie beispielsweise einwecken, Marmelade kochen, dörren. Wasserentzug, Zuckerzugabe, erhitzen sind dabei die Vorgehensweisen. Beim Fermentieren wird das Gemüse durch Hinzugeben von Salz haltbar gemacht. Einige der Teilnehmerinnen haben bereits Erfahrung im Fermentieren, beispielsweise mithilfe eines Gärtopfs. Ein Nachteil des eigentlich praktischen Hilfsmittels ist die Größe. Für Haushalte mit wenigen Personen kann die Menge zur Herausforderung werden: „Je länger der steht, desto saurer wird es.“
Die Referentin erklärt die beiden Methoden des Fermentierens
Christa Schumacher erläutert die beiden Methoden, die an diesem Nachmittag angewendet werden. Entweder das Gemüse zerkleinern, dann mit einer entsprechenden Menge Salz (20 Gramm auf ein Kilogramm Gemüse) in einer Schüssel kneten oder mithilfe eines Stampfers bearbeiten, bis Saft austritt, oder das Gemüse in Sticks schneiden, möglichst dicht in einem Glas schichten, dann mit Salzlake (20 Gramm Salz auf ein Liter) auffüllen. Letztere Methode eignet sich auch gut für weichere Gemüse, etwa Cocktailtomaten.
Nach der Theorie geht es an die Praxis. Wichtig ist es dabei auch, sehr sauber zu arbeiten. Das heißt: Die Hände gründlich waschen und die Gefäße und das Arbeitswerkzeug sterilisieren, beispielsweise durch Auskochen mit heißem Wasser. In Zweierteams macht man sich schließlich ans Werk. Die eine Gruppe begibt sich nach draußen zum Spitzkohl, die andere Gruppe bleibt im Inneren des Gartenhauses und fängt an, Karotten zu schälen. Der Kohl wird geviertelt und der Strunk entfernt. Nicht ganz einfach erweist sich zunächst, die optimale Technik beim Hobeln zu finden, aber bald landet der Kohl in feinen Streifen in einer großen Schüssel. Schnell ist ein Kilogramm abgemessen, sind 20 Gramm Salz darübergestreut – und dann heißt es kneten, kneten, kneten.
„Ich hab das als Kind schon machen müssen“, erinnert sich Teilnehmerin Margret Grünwald. Nun ist sie mit Spaß dabei. „Jetzt kann man mal die ganze Energie am Kraut auslassen“, meint Christa Schumacher schmunzelnd, während die Krautberge in den Schüsseln zusammenschmelzen. Bald tritt der erste Saft aus, es fängt gar an zu schäumen. Das Kraut wird in Gläser eingefüllt, auch Gewürze je nach Gusto dürfen nicht fehlen. Das Einfüllen ist ein Kraftakt, denn sämtliche Luft muss dabei herausgepresst werden, damit sich kein Schimmel bilden kann. Je nach Öffnung des Glases ist das eine ziemliche Herausforderung. Ein Caipirinha-Stampfer sei hier ideal, so eine Teilnehmerin, der habe eine gute Größe.
Zum Schluss sollte das Kraut gut mit Flüssigkeit bedeckt und noch etwa ein bis drei Zentimeter Platz bis zum Rand übrig sein. Anschließend ein Kohlblatt darüberlegen und dieses beschweren, etwa mit einer Untertasse, einem Kaffeekannendeckel, einem Gläschen, der Fantasie und den Möglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt und so kann man auch angeschlagene Stücke noch gut nutzen. Eine andere Möglichkeit wäre, einen kleinen Gefrierbeutel mit Steinen zu füllen und natürlich gut zu verschließen. Beschwert werden muss das Gemüse, damit es während des Fermentationsprozesses nicht nach oben steigt.
Nicht jedes Glas passt für jedes Gemüse
Während draußen das Kraut bearbeitet wird, sind drinnen die Karotten dran. Die eine legt den Glasboden mit Ingwerscheiben aus, die andere mit frischem Lorbeer. Dann zeigt sich – nicht jedes Glas passt für jedes Gemüse. Tropfenform sieht zwar gut aus, aber für das akkurate Schichten von Karottensticks ist es eher nicht so geeignet. Doch dieses Hindernis wird gut gemeistert, mit viel Kraft das letzte Plätzchen mit Karotte befüllt. Auch hier ein Kohlblatt und etwas zum Beschweren auflegen, Salzlake eingießen, etwas Luft lassen und dann den Deckel drauf. Und nun heißt es abwarten. Denn zunächst muss das Gemüse warm gelagert werden, damit die Fermentierung, also die Milchsäuregärung, in Gang kommen kann. Schumacher empfiehlt, die Gefäße auf einem Teller oder Backblech zu lagern, für den Fall, dass Flüssigkeit austritt, was ganz normal ist. Nach bis zu zwei Wochen sollte das Gemüse dann kühl gestellt werden, dadurch wird die Fermentation gestoppt. Geeignet sind dazu etwa ein Keller oder auch eine Garage.
Fermentieren Das Fermentieren ist eine altbekannte Möglichkeit, Gemüse haltbar zu machen. Der Vorteil daran: Die Lebensmittel werden durch diese Methode nicht erhitzt, so bleiben Vitamine erhalten. Im Lauf des Fermentationsprozesses entstehen zudem zusätzliche Vitamine, etwa Vitamin C oder B.
Mehrere Vorteile Außerdem sind solch fermentierten Lebensmittel förderlich für eine gesunde Darmflora und wichtig für eine gute Verdauung und das Immunsystem. Und ein weiterer Vorteil: Fermentierte Lebensmittel müssen nicht im Kühlschrank gelagert werden, da die während der Fermentation entstandene Milchsäure schädliche Bakterien abtötet. Weitere Beispiele für fermentierte Lebensmittel sind schwarzer Tee, Salami oder auch Sauerteig und natürlich Milchprodukte wie Joghurt oder Kefir.