Wahlwerbespot von Satirepartei
Gericht verpflichtet ZDF zu Ausstrahlung von provokanter Merz-Satire
Ein Wahlwerbespot greift das umstrittene Abstimmungsverhalten von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz 1997 zum Thema Vergewaltigung in der Ehe auf. Ein Gericht entschied: Er musste gesendet werden.
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© Screenshot YouTube/Die Partei
Ausschnitt aus dem provokanten Videoclip, der auch im Netz auf Portalen wie YouTube verfügbar ist.
Von Sascha Maier/dpa
Das ZDF musste einen Wahlwerbespot der Satirepartei „Die Partei“ im Bundestagswahlkampf laut einer Gerichtsentscheidung ausstrahlen. Das Verwaltungsgericht Mainz verpflichtete das Zweite Deutsche Fernsehen in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, den Beitrag zur vorgesehenen Sendezeit am Samstag (15. Februar) gegen 17.35 Uhr auszustrahlen. So kam es dann auch.
Der Wahlwerbespot hat es tatsächlich in sich: Darin ist zu sehen, wie eine Gruppe Frauen einen Darsteller, der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ähnelt, auf dem Heimweg sexuell bedrängt. Zuhause wird eine Vergewaltigung durch seine eigene Frau angedeutet. Schließlich der Slogan: „Trotz allem... Frauen sind gegen die Vergewaltigung von Friedrich Merz in der Ehe.“ Gefolgt von einer Wahlempfehlung für „Die Partei“. Damit nimmt der Spot Bezug auf eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf aus dem Jahr 1997 zum Thema Vergewaltigung in der Ehe. Weil Merz damals gegen den Gesetzentwurf stimmte, wurde er immer wieder scharf angegriffen.
Hier der Clip. Achtung: Es wird sexualisierte Gewalt angedeutet:
Gegen die Entscheidung hätte der Sender Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einreichen können - verzichtete darauf aber, wie eine Sprecherin mitteilte. Das ZDF sei daher verpflichtet, den Spot zu senden.
Es gebe einen grundsätzlichen Anspruch auf Ausstrahlung von Wahlwerbung für politische Parteien für die bevorstehende Bundestagswahl. Dieser bestehe jedoch nicht schrankenlos, erklärte das Gericht in seiner Begründung. Er dürfe von einer Rundfunkanstalt zurückgewiesen werden, wenn der Wahlwerbespot offenkundig gegen Gesetze verstoße und dieser Verstoß schwer wiege. Ein solcher Fall sei bei dem vom ZDF beanstandeten Teil der vorgelegten Wahlwerbung aber nicht anzunehmen.
Fiktive Vergewaltigungshandlung
Die Sequenz des Wahlwerbespots deutet nach Angaben des Verwaltungsgerichts eine fiktive Vergewaltigungshandlung unter Umkehr des typischen Rollenbildes von Gewalttätigkeiten in Partnerschaften an und stellt einen Bezug zu Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz her.
Hintergrund des Spots ist Merz’ Abstimmungsverhalten aus dem Jahr 1997, als über einen Gesetzentwurf entschieden wurde, der Vergewaltigung in der Ehe härter bestrafen und die Strafverfolgung erleichtern sollte. Merz stimmte damals – wie übrigens 138 andere Abgeordnete auch – dagegen. Wichtig dabei: Der heutige Kanzlerkandidat der Union tat dies laut eigenen Angaben jedoch nicht, weil er grundsätzlich gegen eine Verschärfung des Strafrechts in Vergewaltigungsfällen gewesen sei, sondern aufgrund einer fehlenden Widerspruchsklausel, die er damals gerne in dem Gesetz gesehen hätte. Im Interview mit unserer Zeitung stellte Merz vergangenes Jahr außerdem klar, dass er heute anders abgestimmt hätte. Das Thema haftet ihm dennoch bis heute an.
Was auch der aktuelle Wahlwerbespot der Satirepartei zeigt. Für den durchschnittlichen Betrachter sei allerdings eindeutig erkennbar, dass es sich um eine satirische Überzeichnung handele, argumentierte das Verwaltungsgericht. Der Wahlwerbespot könne nur dahingehend verstanden werden, dass er sich gegen sexualisierte Gewalt generell und auch in der Ehe wende. Daher überwiege in der Abwägung noch die Meinungsfreiheit und die Betätigungsfreiheit als politische Partei das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Eheleute Merz.