Gerry Weber schließt in der Backnanger Grabenstraße
In der Backnanger Filiale sind fünf Mitarbeiter von der Insolvenz betroffen. Das Bekleidungsgeschäft hat noch bis Ende September geöffnet. Vermieter Wolfgang Kaess ist sehr zuversichtlich, schnell einen passenden und attraktiven Nachfolger präsentieren zu können.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Knapp 14 Jahre lang gehörte das Textilgeschäft Gerry Weber in der Grabenstraße zum Backnanger Stadtbild – nun endet diese Zeit. Das örtliche Ladengeschäft ist eine von 122 Filialen, die der Bekleidungshersteller mit Sitz in Halle (Westfalen) bundesweit schließen wird. Nur etwa 50 Läden und Outlets sollen laut den Plänen der Geschäftsführung die aktuelle Insolvenz in Eigenverwaltung überstehen. In Baden-Württemberg war Gerry Weber in 17 Städten aktiv. Nur vier Filialen machen weiter, darunter auch die in Ludwigsburg.
In der Backnanger Filiale sind fünf Mitarbeiter betroffen, darunter auch Storemanagerin Carin Gilke. Die Schließung bezeichnet die 62-Jährige als „super-, superschade, auch für Backnang, da wird jetzt etwas fehlen“. Zu den Gründen möchte sich Gilke nicht äußern und sagt nur so viel: „Am Umsatz kann es nicht gelegen haben, der hat gestimmt. Corona hat uns zwar schwer getroffen, aber wir haben uns auch wieder hochgerappelt.“
Das Ende kommt nicht überraschend
Wolfgang Kaess ist der Geschäftsführer der Grundstücksgemeinschaft Carl Kaess und somit der Vermieter der Immobilie. Für ihn kommt das Ende von Gerry Weber in Backnang nicht überraschend. Er bestätigt, dass das Unternehmen den Mietvertrag über die 330 Quadratmeter großen Geschäftsräume zum 30. September dieses Jahres gekündigt hat. Geknickt ist der Geschäftsmann jedoch beileibe nicht. Vielmehr verrät er, dass es bereits einen Interessenten als Nachmieter gibt. „Das ist aber noch nicht endgültig, es ist noch nichts unterschrieben. Aber weil das Ende vorhersehbar war, habe ich mich frühzeitig umgehört und schon länger nach einer Nachfolgelösung gesucht.“ Wer genau diese Nachfolge antritt, möchte Kaess nicht verraten, nicht einmal die Branche, „das alleine wäre schon zu verräterisch“.
Die beste Lage in Backnang
Kaess schwärmt von seiner Immobilie, die Grabenstraße in diesem Bereich ist seiner Ansicht nach „die beste Lage in Backnang“. Das gesamte Ensemble mit den Bekleidungsspezialisten C&A und H&M, dem Drogeriemarkt Müller und den Banken habe bislang gut funktioniert. Deshalb prophezeit er: „Da kommt ein guter Mieter rein, der auch passt. Das ist auch in meinem Interesse.“ Nachdem Gerry Weber nun 14 Jahre lang den Laden genutzt hat, werde er wohl einige Kleinigkeiten für den neuen Mieter umbauen und eventuell die Elektrik auf Vordermann bringen müssen. Trotzdem hofft Kaess, dass die Weitervermietung geradezu nahtlos vonstatten geht.
Kritik, die immer wieder an der Grabenstraße geäußert wird, teilt Kaess überhaupt nicht. Vielmehr betont er, dass die Tiefgaragen im Umfeld gut genutzt werden. Was allerdings die Attraktivität der Straße angeht, könnte er sich schon einige Verbesserungen vorstellen. Er geht sogar so weit, dass er sich für eine Fußgängerzone begeistern könnte. Wobei er einräumt, dass einige seiner Mieter bei diesem Thema auch andere Positionen vertreten.
Die angekündigte Schließung, die gestern bereits überregional für Schlagzeilen gesorgt hat, war den ganzen Tag über auch Thema im Backnanger Laden. Storemanagerin Gilke bestätigt, dass etliche Kunden nachgehakt hätten. „Wie lange sind Sie noch da?“ Fragen wie diese musste sie des Öfteren beantworten. Und sie bestätigt, dass mehrere Kunden ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht hätten.
Ein Leerstand kann vermieden werden
In einer Pressemitteilung der Stadt heißt es zu dem Thema, dass Wirtschaftsförderer Reiner Gauger mit dem Eigentümer des Gebäudes in Kontakt steht. „Beide Seiten sind sehr zuversichtlich, dass ein adäquater Nachmieter gefunden werden kann, da bereits entsprechende Interessenten vorliegen und dadurch aller Voraussicht nach ein Leerstand vermieden wird. Sowohl das Gebäude als auch die Lage sind für den Einzelhandel sehr attraktiv.“
Die Vorstandschefin von Gerry Weber, Angelika Schindler-Obenhaus, sagte dieser Tage zu der Entscheidung, dass der vor zehn Jahren eingeschlagene Kurs, mehr Läden zu eröffnen, sich als „nicht marktgerecht herausgestellt“ habe. Für den Stellenabbau seien bereits ein Interessenausgleich und ein Sozialplan mit dem Betriebsrat vereinbart worden, zu dem aber auch betriebsbedingte Kündigungen zählen. Falls Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren sollten, müssen sich diese laut dem Backnanger Wirtschaftsbeauftragten Reiner Gauger keine großen Sorgen machen: „Angesichts des derzeitigen Arbeitskräftemangels ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt sehr gut, sodass niemand lange arbeitslos sein muss.“