Prozess um Waffenlager: Angeklagter plante Bürgerwehr
dpa/lsw Tübingen. Rund eine Stunde lang zählte der Staatsanwalt verschiedene Waffen, Munition, Schalldämpfer und Zielvorrichtungen auf. Der Angeklagte wollte damit wohl eine Bürgerwehr aufbauen. Doch sein Waffenlager wurde entdeckt - und er steht nun vor Gericht.
Uzi, Skorpion, Kalaschnikow: Was nach Krieg oder Actionfilm klingt, soll sich der Angeklagte über Jahre zusammengekauft haben. Er habe ein riesiges Waffenlager im Landkreis Calw aufgebaut, räumte der 37-Jährige am Donnerstag vor dem Landgericht Tübingen ein.
Rund 1000 Beweismittel fanden die Ermittler, wie die Staatsanwaltschaft berichtete. Darunter seien vier Kriegswaffen sowie zwei vollautomatische Maschinengewehre. Laut Anklage sind das Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz.
Aber was wollte der gelernte Maschinenbauer mit einem so großen Waffenlager? „Ich habe 2015 aufgrund der Flüchtlingskrise damit begonnen und mich wegen der Unruhen bedroht gefühlt“, sagte der Angeklagte am ersten Prozesstag. Sein Ziel: Der Aufbau einer Bürgerwehr für den Ernstfall - einem Bürgerkrieg, wie die Richterin präzisiert.
„Im Fall der Fälle wollte ich fünf bis sechs Herrschaften mit Kurz- oder Langwaffen ausstatten“, meinte der gebürtige Thüringer. 2016 habe er seine erste scharfe Waffe gekauft. „Dann kam Corona und ich habe mir eine Art Notfallpaket zusammengestellt“, erzählte der 37-Jährige. Die Ermittler fanden im August vergangenen Jahres einen Teil des Lagers in seiner Wohnung - selbst im Kinderzimmer. Seitdem sitzt der Mann in Untersuchungshaft.
Im Oktober entdeckten Polizisten weitere Teile des Arsenals. Die 24 Jahre alte Lebensgefährtin sowie zwei weitere Männer (43 und 48 Jahre alt) sollen Waffen in ein neues Versteck in Ostelsheim (Landkreis Calw) gebracht haben, damit die Polizei sie nicht findet. Der 48-Jährige wird verdächtigt, weitere Waffen in Magstadt (Landkreis Böblingen) versteckt zu haben. Die drei mutmaßlichen Komplizen stehen ebenfalls vor Gericht.
Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, auch Sprengstoff hergestellt zu haben, wies der Hauptangeklagte zurück. Er habe zwar Chemikalien für den 43-jährigen Nebenangeklagten bestellt, aber sei nicht daran beteiligt gewesen. „Sprengstoff hört sich immer so bösartig an, das ist ein Böller und keine Bombe“, erklärte der Hauptangeklagte. Gegenüber der Polizei hatte er zunächst angegeben, die Chemikalien zum Pökeln und wegen seiner stark schwitzenden Füße bestellt zu haben. Ein Urteil könnte Ende August fallen.
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