Ganztagsbetreuung an Grundschulen
GEW warnt – In Deutschland fehlen mehr als 110.000 Lehrer
Bis zum Jahr 2030 soll der Rechtsanspruch auf Ganztag in Grundschulen lückenlos Realität sein. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht darin große Chancen. Es fehlten aber viele Lehrerinnen und Lehrer – und Hunderttausende weitere Fachkräfte.
Von Tobias Peter
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnt, durch die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung werde der Lehrkräftemangel in den Schulen erheblich verschärft. „Bis 2030 werden insgesamt über 110 000 Lehrkräfte fehlen sowie mehrere Hunderttausend Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe“, sagte GEW-Chefin Maike Finnern unserer Zeitung. Neben den Lehrkräften fehlten konkret auch Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiter und Schulpsychologen, erklärte die Gewerkschaftsvorsitzende. Sie alle sollten im Ganztag Hand in Hand in multiprofessionellen Teams zusammenarbeiten, so Finnern. Ziel müsse ein Angebot sein, das auf die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien zugeschnitten sei.
Maike Finnern betonte, im Ganztag lägen große Chancen. Der schrittweise Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ab 2026 biete eine einzigartige Gelegenheit, die Bildungslandschaft in Deutschland nachhaltig zu stärken. „Deshalb ist es von großer Bedeutung, die Herausforderungen klar zu benennen und Lösungen anzubieten“, sagte die Gewerkschaftschefin. „Durch qualitative Weiterbildungen und gute Arbeitsbedingungen muss der Ganztag zu einem attraktiven Arbeitsfeld werden.“ Klar ist: Leicht zu erfüllen sein werden die Personalwünsche der GEW für die Grundschulen in Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels nicht – zumal gleichzeitig der Bedarf an zusätzlichem Personal in den Kitas groß ist.
Reichen die Milliardenhilfen?
Bund und Länder haben einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen, der schrittweise eingeführt werden soll. Ab dem Schuljahr 2026/2027 soll die Regelung für Kinder in der ersten Klasse greifen, ab dem Schuljahr 2029/2030 für Kinder bis einschließlich der vierten Klasse. Darauf hatten sich Bund und Länder noch vor der Bundestagswahl 2021 verständigt, also bereits zu Zeiten der großen Koalition aus Union und SPD. Möglich wurde diese Einigung durch die Zusage des Bundes, sich an den laufenden Kosten zu beteiligen. Die vorgesehenen Mittel werden nach und nach auf bis zu 1,3 Milliarden Euro im Jahr wachsen. Unterstützung gibt es auch für die baulichen Investitionen in den Ausbau des Ganztags. Dafür zahlt der Bund insgesamt bis zu 3,5 Milliarden Euro.
Hier sieht die GEW aber noch zusätzlichen Handlungsbedarf. „Es ist dringend notwendig, die Finanzierung für den Ausbau über den jetzigen Stichtag 2029 hinaus zu verlängern“, sagte Finnern. Dabei gehe es um Gruppenräume, Rückzugsorte und gute Verpflegungsmöglichkeiten für die Kinder. „Hinzu kommt der bundesweite Sanierungsstau an Schulen, für den Länder und Kommunen Milliardensummen in die Hand nehmen müssen.“
Im Ganztag seien nicht nur besonders gute Lernerfolge möglich, so die GEW-Chefin. Auch das Miteinander der Kinder könne erfolgreich gefördert werden. Besonders profitieren könnten Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. „Darüber hinaus leistet der Ganztag einen wesentlichen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, sagte Finnern.