Gibt es Corona in diesem Winter noch?

Impfen lassen oder nicht? Maske aufsetzen oder nicht? Wie hat sich Corona weiterentwickelt und was ist für den Winter zu beachten?

Isolda Piechotowski informiert in Aspach über Atemwegserkrankungen. Foto: Alex Becher

© Alexander Becher

Isolda Piechotowski informiert in Aspach über Atemwegserkrankungen. Foto: Alex Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Aspach. Was ist beim Thema Corona im kommenden Winter zu beachten? Und wie sieht es mit anderen Erkrankungen aus? Zu diesen Themen referierte Isolde Piechotowski auf Einladung des Diakonievereins in Großaspach. Die studierte Ökotrophologin ist seit 2001 zuständig für den Infektionsschutz in Baden-Württemberg, arbeitet bei der Kommission des Robert-Koch-Instituts mit, hat an zahlreichen Fachpublikationen mitgewirkt und war insbesondere während der Coronapandemie eine gefragte Ansprechpartnerin. Nach einem stichwortartigen Überblick über den Verlauf der Pandemie seit dem ersten Nachweis von SARS-CoV-2 im chinesischen Wuhan im November 2019 über den Ausbruch in Deutschland bis hin zum erklärten Ende des globalen Gesundheitsnotstands durch die WHO am 5. Mai dieses Jahres erläuterte Piechotowski den Verlauf der Erkrankung.

Corona ist nicht die einzige Atemwegserkrankung im Winter

Allerdings, so die Fachfrau, seien auch andere Atemwegserkrankungen nicht zu vergessen. So war etwa RSV (Respiratory Syncytial Virus) erst seit dem vergangenen Winter in den Fokus gerückt, als die Erkrankung zahlreicher Kinder aufhorchen ließ. Ebenso wie Corona, Influenza und Pneumokokken kann RSV mit teils schweren Verläufen einhergehen.

Auch wenn die Meldedaten zu Corona momentan wieder etwas ansteigen, konnte Piechotowski Entwarnung geben: „Momentan gibt es kein auffälliges Geschehen mit Atemwegserkrankungen im Vergleich zum letzten Jahr.“ Auch die Anzahl der Intensivpatienten aufgrund von Corona sei noch nicht besorgniserregend. Dennoch gelte weiterhin, dass insbesondere ältere Personen ab 80 Jahren häufiger im Krankenhaus behandelt werden müssten als Jüngere. Auf eine Besonderheit in Bezug auf Influenza wies Piechotowski zudem hin. Üblicherweise finde die Saison etwa von Mitte/Ende Januar bis zum Anfang des Frühjahrs statt. Aufgrund der Coronamaßnahmen sei die Grippe in den Wintern 2020/21 und 21/22 quasi ausgefallen, dafür jedoch im vergangenen Winter bereits vor dem Jahreswechsel auf einem Höhepunkt gewesen. Wie es in diesem Winter aussehe, sei noch nicht abzusehen, auch sei noch nicht klar, welcher Virustyp überwiege.

„Die Erreger sind da – wir müssen uns darauf einstellen“, so das Fazit der Referentin. Dazu gehöre beispielsweise, mit Krankheitssymptomen tatsächlich zu Hause zu bleiben. „Die Akzeptanz im Berufsleben ist viel größer als früher, wenn man zu Hause bleibt“, führte sie weiter aus. Durch das Homeoffice habe man immerhin dennoch häufig die Möglichkeit, zu arbeiten, ohne Kolleginnen und Kollegen anzustecken. Auch empfahl sie, Hygieneregeln wie etwa das Händewaschen weiter zu beachten. Für Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko, etwa Ältere oder Personen mit Vorerkrankungen, sei das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes empfehlenswert: „Corona hat gezeigt, dass das, was in Asien schon seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, nützen kann.“

Entstehung neuer Erkrankungen ist durchaus möglich

Nach einem Hinweis auf die aktuellen Impfempfehlungen der Stiko (siehe Infotext) endete der kurzweilige und interessante Vortrag und ließ noch Raum für Fragen aus dem Publikum. „Wir leben nah mit Tieren zusammen“, war die Antwort auf eine Frage bezüglich der Entstehung der neuen Viren, dadurch nehme die Gefährdung zu. Allerdings seien damit nicht Haustiere gemeint, sondern eher die Tatsache, dass der Mensch sich immer mehr ausbreite und so in den Lebensraum von Wildtieren eindringe. Die WHO habe daher die Länder beauftragt, entsprechende Pandemiepläne zu erarbeiten. Denn neue Erreger, gegen die man keine Immunität habe, führten zu zahlreichen Erkrankungen und schweren Verläufen.

Warum ausgerechnet Baden-Württemberg deutschlandweit Schlusslicht bei Impfungen sei? Genau erklären lasse sich das nicht, so die Expertin. Mit eine Rolle spiele möglicherweise eine gewisse Grundskepsis gegen „alles, was von oben kommt“. Zudem werde es auch nicht einfacher, Personen mit Impfskepsis vom Nutzen einer Impfung zu überzeugen, wenn man sehe, welchen Raum die momentanen Diskussionen zum Thema Post-Vac-Syndrom einnehmen. Immerhin sei zu bedenken, dass allein in Deutschland Millionen von Impfdosen verabreicht worden seien und nur ein Bruchteil der Geimpften schwerere Nebenwirkungen gemeldet habe. Wogegen die Impfung, nachgewiesen durch zahlreiche Studien, vor allem vor schweren Verläufen schütze. „Jeder, der sich impfen lässt, trägt dazu bei, dass er nicht schwer erkrankt und die Krankheit auch nicht weitergibt.“

Verschiedene Atemwegserkrankungen und die Impfungen dagegen

Krankheiten Nicht jede Erkältung ist gleich Grippe, so erkennt man Unterschiede:

Typische Symptome für Grippe (Influenza), RSV, Corona und Pneumokokken sind Fieber, Gliederschmerzen und Husten. Schwere Verläufe mit Lungenentzündung können möglich sein.

Streptokokken können zu Racheninfektionen führen (Angina, Halsschmerzen, Fieber).

Die typischen Erkältungssymptome und Schnupfen werden durch humane Coronaviren, Rhinoviren oder das Adenovirus ausgelöst.

Impfempfehlung Die Ständige Impfkommission empfiehlt diese Impfungen:

Covid-19: für Personen ab 60 Jahren, Personen ab sechs Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung für einen schweren Krankheitsverlauf, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Personen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Der Abstand zur letzten Impfung oder Infektion sollte zwölf Monate betragen.

Influenza: die Impfung sollte jährlich im Herbst stattfinden für Personen ab 60 Jahre, Schwangere, Personen ab sechs Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung aufgrund einer Grunderkrankung, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Personen im selben Haushalt mit Menschen mit erhöhtem Risiko, Personen mit erhöhter Gefährdung.

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Erstellt:
17. November 2023, 06:00 Uhr

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