Glasfaserausbau in Backnang und Umgebung

Der Glasfaserausbau in der Region ist nicht nur wegen eines Flickenteppichs an unterschiedlichen Ausbauunternehmen unübersichtlich. Planung und Umsetzung des Ausbaus sind langwierige Unterfangen. Pannen beim Bau sorgen zusätzlich für Unmut.

Die bunten und weißen Flächen sind besiedelt, also anschlussfähige Wohn- oder Gewerbegebiete. Für die weißen Flächen gibt es noch keine Entscheidung, welches Unternehmen dort den Breitbandausbau übernehmen wird. Grafik: Zweckverband Breitbandausbau Rems-Murr/Landratsamt

Die bunten und weißen Flächen sind besiedelt, also anschlussfähige Wohn- oder Gewerbegebiete. Für die weißen Flächen gibt es noch keine Entscheidung, welches Unternehmen dort den Breitbandausbau übernehmen wird. Grafik: Zweckverband Breitbandausbau Rems-Murr/Landratsamt

Von Carolin Aichholz

Rems-Murr. Schnelles Internet für jeden klingt toll, die tatsächliche Umsetzung ist jedoch eine Mammutaufgabe. Durch unterschiedliche Unternehmen, die den Ausbau verantworten und Förderungen von weißen, dunkel- oder hellgrauen Flecken, ist es vor allem in den ländlichen Gebieten ein kompliziertes Unterfangen. Trotzdem soll das Ziel, 90 Prozent der Haushalte im Kreis mit einem Glasfaseranschluss auszustatten, bis 2030 erreicht werden. Laut Helmut Haag von der der Gigabit Region Stuttgart GmbH (GRS) liege man aktuell auch gut im Zeitplan.

Der aktuelle Stand

Ende 2022 waren rund 48300 Haushalte und Unternehmen an das Glasfasernetz angeschlossen, davon allein 43100 durch die Telekom. Das entsprach 22,5 Prozent aller Haushalte. Angeschlossen bedeutet in diesem Fall, dass der Anschluss bei entsprechender Buchung im Haus oder in der Wohnung hergestellt wurde oder dass bei fehlender Buchung immerhin ein Anschluss im Gehweg vorbereitet wurde.

Und Michael Murer vom Zweckverband Breitbandausbau Rems-Murr vermeldet: „Mittlerweile sind bereits 86 Prozent der knapp 106000 Gebäude ausgebaut, befinden sich im Bau oder sind in Planung. Dazu zählen auch die Gebiete, für die momentan die Vorvermarktung läuft.“ Auch für die übrigen Gebiete ist man mit Telekommunikationsunternehmen im Gespräch, um sie erschließen zu können, ein Teil davon ist zudem förderfähig.

Neben dem Branchenriesen Telekom bauen vor allem die Unternehmen Wisotel, Netcom BW und GVG Glasfaser im nördlichen Rems-Murr-Kreis Gebiete aus. Sie alle finanzieren den Ausbau in der Regel selbst und schließen Verträge mit den Anwohnern ab. Weiße, hell- und dunkelgraue Flecken werden allerdings vom Staat gefördert.

Warum überhaupt Glasfaser?

„Auch wenn man aktuell keinen Bedarf hat und sich gut versorgt sieht, ist das keine Garantie, dass das auch in Zukunft so bleibt“, sagt Wisotel-Gebietsleiter Kevin Kronenbitter. Es werde großflächig mehr Bandbreite benötigt. „Immer mehr Menschen arbeiten im Homeoffice und der Bedarf wird auch weiterhin ansteigen.“ Die Kapazitätsgrenze der Kupferkabel sei irgendwann erreicht, bei Glasfaser sei das anders. Und Wisotel-Pressesprecherin Annika Herkle ergänzt einen weiteren Vorteil: „Es ist eine Wertsteigerung für das eigene Haus und wertet eine ganze Ortschaft auf.“

Der Vermarktungs- und Bauprozess

Die Unternehmen werben in den Regionen mit dem Ausbau und schließen Verträge mit Anwohnern ab, die sich für zwei Jahre dazu verpflichten, das Internet über das Ausbauunternehmen zu beziehen. Dafür werden die Leitungen kostenlos bis ins Haus gelegt und angeschlossen. Da die Vertragsabschlüsse größtenteils über den Haustürvertrieb stattfindet, begegnen viele Bewohner den Verkäufern mit Argwohn. Das kann der Wisotel-Gebietsleiter Kevin Kronenbitter zwar nachvollziehen, aber „so erreichen wir eben die meisten Menschen“.

Wenn sich mindestens 25 Prozent der Bewohner eines Gebiets für einen Vertragsabschluss entscheiden, lohnt es sich, die Bagger anrollen zu lassen. Viele Nachzügler folgen laut Kronenbitter erfahrungsgemäß noch im Lauf des Ausbaus: „Wenn die Menschen sehen, dass sich etwas tut, springen einige noch auf den Zug auf.“ Zu lange solle man mit dem Vertragsabschluss nicht warten, sonst muss der nachträgliche Anschluss bezahlt werden.

Komplikationen beim Ausbau

Zugleich ärgern sich Anwohner über Pannen bei bereits aktuell stattfindenden Bauarbeiten, denn sowohl auf den Straßen als auch auf den Grundstücken der Vertragsnehmer muss der Boden aufgerissen werden. Ein Anwohner in Weiler zum Stein kam nach der Rückkehr aus dem Urlaub nicht mehr zu seiner Garage mitsamt Ladesäule fürs E-Auto durch. Außerdem erschien es dem Zuschauer gelegentlich, als ob recht planlos aufgegraben wurde, denn mancherorts wurde offensichtlich gar kein Anschluss benötigt, etwa bei landwirtschaftlichen Gebäuden. Wie kann man solche Situationen vermeiden?

„Natürlich versuchen wir alles, damit solche Pannen nicht passieren, wir informieren auch die Bewohner stets vorab über geplante Baustellenarbeiten“, sagt Kevin Kronenbitter von Wisotel. Fehler könnten jedoch leider passieren und das sei vor allem für die Betroffenen natürlich überaus ärgerlich. Das Unternehmen bemühe sich jedoch, durch einen guten Kundenservice alle Probleme nachträglich abzuarbeiten. Außerdem verweist er auf die Homepage, auf der genau nachgeschaut werden könne, an welchen Straßen aktuell gebaut werde. Und das tut sich aktuell in den Gemeinden:

In Althütte laufen zurzeit noch Gespräche mit mehreren Unternehmen. Wer den Ausbau letztlich übernimmt, steht allerdings noch nicht fest.

In Aspach arbeitete Wisotel am Anschluss des Ortskerns in Großaspach. Es gab im Juli Probleme, Anwohner berichteten über ausgefallene Internetverbindungen und komplizierte Ersatzgeräte, die man kostenpflichtig bei der Telekom beziehen musste. Inzwischen sind immerhin die Trassenarbeiten als erster Schritt abgeschlossen. In Kleinaspach und Rietenau werden die Installationen vorgenommen. Allmersbach am Weinberg ist bereits am Netz.

Auenwald hat nach der Pleite des ursprünglichen Vertragspartners Hello Fiber zu Beginn dieses Jahres nun mit Netcom BW einen neuen Partner gefunden, der aktuell die geförderten weißen Flecken ausbaut. Das betrifft fürs Erste 70 Haushalte und soll im Herbst abgeschlossen werden.

In zwei Stadtteilen von Backnang, nämlich Waldrems und Heiningen, wird Wisotel im September und Oktober mit dem Ausbau beginnen, die Vorvermarktung verlief erfolgreich. In Maubach und Strümpfelbach wird der geplante Ausbau ins erste Quartal 2024 verschoben. „Das Interesse war zwar da, in manchen Ortsteilen jedoch wider Erwarten sehr gering“, sagt Wisotel-Gebietsleiter Kevin Kronenbitter. In Sachsenweiler, Steinbach und dem Gewerbegebiet Lerchenäcker werde aktuell die Machbarkeit eines Ausbaus von Wisotel geprüft.

In Burgstetten beginnt Wisotel voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres mit dem Ausbau.

In Kirchberg an der Murr sorgte die hohe Nachfrage der Bewohner dafür, dass es bereits ab Oktober losgeht. Der Hauptort wird von Wisotel eigenwirtschaftlich ausgebaut. Als weiße Flecken gelten 63 Gebäude im Ortsteil Zwingelhausen und Außenlagen, für die das Unternehmen Zuschüsse erhält.

In Oppenweiler baut die Telekom momentan die Anschlüsse im Hauptort sowie im Teilort Zell eigenwirtschaftlich aus. Die weißen Flecken werden aktuell ebenfalls ans Netz angeschlossen: Das sind die Klinik Wilhelmsheim, die Murrtalschule sowie die Ortsteile Rohrbach und Bernhalden. Für die weiteren Teilorte ist Netcom BW in die Vorvermarktung eingestiegen.

In Sulzbach an der Murr und Murrhardt baut die Telekom die geförderten Gebiete aus.

Das Netz in Spiegelberg wurde von Netcom BW ausgebaut und ist aktiviert.

In Weissach im Tal plant Netcom BW zunächst, die geförderten Gebiete auszubauen. Dabei handelt es sich um 170 Adressen. Im Kernort möchte das Unternehmen eigenwirtschaftlich fortfahren, Verträge seien bisher jedoch noch nicht unterzeichnet, sagt Pressesprecher Hannes Müller.

Förderung im Breitbandausbau

Weiße Flecken Dabei handelt sich um Haushalte, die eine aktuelle Internetgeschwindigkeit von weniger als 30 Mbit/s im Download zur Verfügung haben und damit als unterversorgt gelten. Oder bei denen keine Ausbauabsicht eines Telekommunikationsanbieters besteht, weil sie beispielsweise sehr abgelegen sind. Diese Gebiete werden gefördert, dann werden 90 Prozent der Bau- und Betriebskosten bezuschusst.

Hellgraue Flecken haben eine bisherige Bandbreite unter 100 Mbit/s und ihr Ausbau gilt als unwirtschaftlich. Dazu können unter anderem Schulen oder Gewerbegebiete zählen. Weil gerade diese Gebiete dringend leistungsstarke Internetverbindungen benötigen, wird auch ihr Ausbau gefördert.

Dunkelgraue Flecken sind seit März 2023 ebenfalls förderfähig. Diese Gebiete besitzen keinen Glasfaser- oder Kabelanschluss und eine maximale Up- und Downloadrate von 300 Mbit/s.

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Erstellt:
30. August 2023, 06:00 Uhr

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