Glücksgefühle-Festival am Hockenheimring

Glitzer, Leoprint und Trinkspiele – wie die Festival-Besucher drauf sind

Das Festival von Lukas Podolski und Markus Krampe am Hockenheimring versprüht tatsächlich Glücksgefühle. Die 200 000 Besucher haben trotz der Kälte eine gute Zeit, kreative Outfit-Ideen – und zum Teil sogar ihre eigenen Goodies dabei.

Norman Magolei (links) und seine Kumpels vom Kegelklub sind extra von der holländischen Grenze zum Festival gekommen.

© Julika Wolf

Norman Magolei (links) und seine Kumpels vom Kegelklub sind extra von der holländischen Grenze zum Festival gekommen.

Von Chiara Sterk und Julika Wolf

Auf dem Weg vom Festivalgelände zum Zeltplatz kommen einem Scharen an lustigen Besuchern entgegen. Sie sind bereit für Tag drei des Festivals am Hockenheimring, an dem etwa Shirin David, die Fantastischen Vier und Bausa auf den Bühnen des Glücksgefühle-Festivals stehen. Doch viele sind noch nicht so weit. Sie hängen noch am Zeltplatz ab und stimmen sich auf die Konzerte ein, die später am Tag anstehen.

Richtig viel Mühe bei ihrem Camp haben sich Robin Ulle aus Lörrach und seine Freundesgruppe gemacht. Ihren Zeltplatz haben sie mit Band abgesperrt, auf dem „Saufstelle“ steht. Am Pavillon hängen beeindruckende Girlanden aus Bierdosen. Die haben sie alle über das Festival hinweg leer getrunken – und das Werk ist noch nicht vollendet. „Das ist ein stetiger Prozess“, sagt der 28-Jährige. Auch eine Mini-Hüpfburg haben sie aufgeblasen, darauf ein Schild: „Mainstage“. Die ist für sie die Cloud 9, die Bühne, auf der vor allem DJs auftreten. Am besten hat ihnen bisher Boris Brejcha gefallen, der oft eine venezianische Maske beim Auflegen trägt. An Acts wie den Backstreet Boys sind sie nur vorbei gelaufen. „Da musste man ja durch“, sagt er.

Ein paar Meter weiter, vorbei an Menschen, die Trinkspiele spielen oder neben dem Dixi-Klo grillen, liegt ein Sticker auf dem Boden. Ein junger Thomas Gottschalk lächelt einem darauf entgegen. Sogleich kommt Raffael Weruch von seinem Zeltlager angestapft – er ist dafür verantwortlich, dass die Sticker auf Dixi-Klos, Zelten und Leitplanken landen. „Irgendjemand hat mal Sticker aus den Autogrammkarten gemacht, weil er die schön fand und seitdem verteilen wir die auf Festivals“, erzählt der 25-Jährige aus Esslingen.

Letztes Jahr waren sie unter anderem auf dem Sonne-Mond-Sterne-Festival in Thüringen. Dafür haben sie sich in einer Whatsapp-Gruppe organisiert und legen immer wieder zusammen, um Sticker nachzubestellen. „Inzwischen unterstützt uns auch Thomas Gottschalk“, sagt Weruch.

Am meisten Mühe mit ihrem Outfit hat sich aber Selina Saasouh gegeben. Die 26-Jährige trägt Glitzersteine im Gesicht und auf dem Dekolleté. „Dabei habe ich eigentlich andere Outfits gekauft, aber wegen des kalten Wetters musste ich umdisponieren.“ Sie ist mit ihrer Mutter und ihrem Mann auf dem Festival. „Ich habe das Ticket meiner Mama zum 50. Geburtstag geschenkt, weil sie die Backstreet Boys so gerne sehen wollte“, erzählt sie.

Damit sei für ihre Mama ein Jugendtraum in Erfüllung gegangen, weil sie zudem auch noch nicht auf einem Festival gewesen sei. „Und für mich war es ein Traum, Tokio Hotel zu sehen“, sagt die 26-Jährige. „Da kamen so viele Erinnerungen an früher hoch.“ Die neue Musik sei zwar nicht mit der von früher vergleichbar, aber die finde sie auch ganz gut.

Einhorn-Bauchtasche und viel Flausch

Auf dem Konzertgelände ist die Stimmung ebenfalls gut. Eines der auffälligsten Outfits dürften Norman Magolei und seine Kumpels vom Kegelklub tragen. Hemd und kurze Hose in Leoprint, dazu eine Einhorn-Bauchtasche mit viel Flausch. Die Lebkuchenherzen, die um die Hälse der Mittvierziger baumeln, verschenken sie an andere Festival-Gäste. Und natürlich haben sie Glitzer im Gesicht.

Die zwölfköpfige Truppe ist extra aus Dülken an der holländischen Grenze angefahren. Einmal im Jahr macht der Kegelklub einen Trip – nach Kuba, Mexiko und Las Vegas schien das Glücksgefühle-Festival das nächste logische Ziel, scherzt Magolei. „Die meisten wussten von nix“, sagt er. Gemeinsam mit einem Kumpel habe er alles organisiert: Den Trip, das Equipment, die Outfits. Die wechseln selbstverständlich jeden Tag, am Vortag waren sie als Flamingos gekleidet und verteilten Armbänder. Was sie am folgenden Tag tragen, wird noch nicht verraten. „Auch das ist eine Überraschung für die meisten“, sagt er.

Wie die Meute reagiert hat, als klar wurde, wo ihre Reise hingeht? „Ein paar wollten anfangs wieder fahren, weil es nachts so kalt war.“ Inzwischen sind sie jedoch Feuer und Flamme. Ihr Motto: Auch, wenn sie den Altersschnitt etwas heben – auf Festivals haben sie ihren Spaß.

Besucher fahren früher ab, weil es so kalt ist

Dass das Wetter ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht habe, erzählt auch eine Freundesgruppe aus der Nähe von Stuttgart, die gezeltet haben. „Weil es in der ersten Nacht so kalt war, haben wir da schon entschieden, am Samstagabend wieder heimzufahren“, sagt Anna Becker. „Wir haben es aber auch bequem und sind mit dem Auto da, da konnten wir vorher alles reinwerfen und können später fahren.“ Die 28-Jährige feiert heute ihren Geburtstag auf dem Festival. „Gestern Abend habe ich einen Kuchen bekommen und auch heute morgen wir ein bisschen gefeiert.“

Verbesserungsbedarf sehen sie beim Ein- und Ausgang an der Euphoria Stage am Freitagabend – als es wie erwartet einen großen Andrang vor den Backstreet Boys gab. „Weil es keine getrennten Ein-und Ausgänge gab, gab es viel Gedränge, als die Fans von Kontra K wieder rausgehen wollten und die der Backstreet Boys reinkommen wollten“, sagt Karsten Berger.

Die Toiletten und Duschen hingegen loben sie sehr: „Die waren sehr sauber, auch nachts“, sagt Luis Süssespeck. Und Anna Becker fügt hinzu: „Und es gab immer Toilettenpapier.“ Die Gruppe freut sich besonders auf Shirin David am Samstagabend. „Mir hat Culcha Candela gut gefallen“, sagt Anna Becker, „weil sie sowohl neue als auch viele der alten Lieder gespielt haben.“ Bei Kontra K dagegen habe sie die Moshpits – ein vor der Bühne entstehender Kreis, in dem die Zuschauer tanzen – vermisst. „Ich fand Tokio Hotel gut“, sagt Luis Süssespeck, „da war die Stimmung gut und eine gute Show haben sie auch gemacht.“

Die Organisatoren Lukas Podolski und Markus Krampe sind zufrieden mit dem Event. „Wir wären blöd, wenn wir nicht zufrieden wären“, sagt Podolski am Samstag. Über die Festival-Tage hinweg gehen sie von 200 000 Besuchern aus. Und auch nächstes Jahr soll es das Festival wieder geben. Ab Mittwoch können Early-Bird-Tickets gekauft werden, Anfang Oktober werden dann die ersten Künstler verkündet.

Am Freitagabend spielten unter anderem der Berliner Rapper Kontra K.

© dpa/Uwe Anspach

Am Freitagabend spielten unter anderem der Berliner Rapper Kontra K.

Sein Debütalbum „Dobermann“ erschien 2012. Seither hat er zwölf Alben veröffentlicht.

© dpa/Uwe Anspach

Sein Debütalbum „Dobermann“ erschien 2012. Seither hat er zwölf Alben veröffentlicht.

Auf der DJ-Bühne trat unter anderem die belgische Techno-DJ Amelie Lens auf.

© Chiara Sterk

Auf der DJ-Bühne trat unter anderem die belgische Techno-DJ Amelie Lens auf.

Lens legte dieses Jahr im Juli beim Tomorrow Land-Festival auf sowie in Kanada und den USA.

© Chiara Sterk

Lens legte dieses Jahr im Juli beim Tomorrow Land-Festival auf sowie in Kanada und den USA.

Amelie Lens Musik ist basslastig und wird dem Minimal Techno zugeordnet.

© Chiara Sterk

Amelie Lens Musik ist basslastig und wird dem Minimal Techno zugeordnet.

Freitagnachmittag spielten Tokio Hotel – und erinnerten dabei an alte Zeiten mit ihrem Song „Durch den Monsun.“

© dpa/Uwe Anspach

Freitagnachmittag spielten Tokio Hotel – und erinnerten dabei an alte Zeiten mit ihrem Song „Durch den Monsun.“

Mit seinen Markenzeichen Hut und Sonnenbrille und einer großen Band war auch Jan Delay beim Festival am Start.

© dpa/Uwe Anspach

Mit seinen Markenzeichen Hut und Sonnenbrille und einer großen Band war auch Jan Delay beim Festival am Start.

Alvaro Soler trat am Freitag auf – im Gepäck seine spanischen Songs.

© dpa/Uwe Anspach

Alvaro Soler trat am Freitag auf – im Gepäck seine spanischen Songs.

Headliner waren unter anderem die Backstreet Boys. Die Boyband spielte am Freitagabend vor gut 30 000 Zuschauern.

© dpa/Uwe Anspach

Headliner waren unter anderem die Backstreet Boys. Die Boyband spielte am Freitagabend vor gut 30 000 Zuschauern.

Das eine Team muss schnell die Flasche in der Mitte wieder aufstellen, das gegnerische Team muss solange trinken. Flunky Ball – ein sehr beliebtes Trinkspiel auf Festivals.

© Julika Wolf

Das eine Team muss schnell die Flasche in der Mitte wieder aufstellen, das gegnerische Team muss solange trinken. Flunky Ball – ein sehr beliebtes Trinkspiel auf Festivals.

„You act – we drink“ steht auf einem Plakat am Zaun des Zeltplatzes. Für ein Rad gibt es einen Schluck, für Handstände fünf. Manche Vorschläge sind wohl mit einem Augenzwinkern zu verstehen.

© Chiara Sterk

„You act – we drink“ steht auf einem Plakat am Zaun des Zeltplatzes. Für ein Rad gibt es einen Schluck, für Handstände fünf. Manche Vorschläge sind wohl mit einem Augenzwinkern zu verstehen.

Die Euphoria-Stage (rechts) ist die, auf der die Headliner auftreten.

© Chiara Sterk

Die Euphoria-Stage (rechts) ist die, auf der die Headliner auftreten.

Hängematten unter dunklen Wolken. Wer sich zwischendurch einmal ausruhen möchte, kann das auf dem Festival tun. Bis einem zu kalt wird.

© Chiara Sterk

Hängematten unter dunklen Wolken. Wer sich zwischendurch einmal ausruhen möchte, kann das auf dem Festival tun. Bis einem zu kalt wird.

An der Cloud 9-Stage legen verschiedene DJs auf, wie Amelie Lens oder Boris Brejcha.

© Chiara Sterk

An der Cloud 9-Stage legen verschiedene DJs auf, wie Amelie Lens oder Boris Brejcha.

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Erstellt:
14. September 2024, 16:20 Uhr

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