Mikrobiologie

Glutamat-Produzent zur „Mikrobe des Jahres“ gewählt

Das keulenförmige Bakterium stellt ein natürliches Würzmittel her. Vor seinen Verwandten wird gewarnt.

Das undatierte Handout zeigt eine Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines Bakteriums Corynebacterium glutamicum mit Speicherstoffen wie Polyphosphat und Lipidtröpfchen.

© Marc Bramkamp/Universität Kiel/d

Das undatierte Handout zeigt eine Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines Bakteriums Corynebacterium glutamicum mit Speicherstoffen wie Polyphosphat und Lipidtröpfchen.

Von dpa/Markus Brauer

Ein Bakterium namens Corynebacterium glutamicum ist die Mikrobe des Jahres 2025. „Dieses Bakterium produziert Aminosäuren, die einen Güterzug quer durch Deutschland füllen würden“, begründet die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie ihre Entscheidung. Es liefere jährlich allein 3,5 Millionen Tonnen des Geschmacksstoffes Natriumglutamat, zudem viele weitere Aminosäuren und Proteine für die Lebensmittel- und Futterproduktion.

Die #VAAM Mikrobe des Jahres 2025 ist"Keulenbakterium" Corynebacterium glutamicum - ein Weltmarktführer im Tonnenmaßstab !#MdJ2025 produziert Glutamat für herzhaften Umami-Geschmacku.v.a Produkte& dient als Modell zur Medikamentenentwicklunghttps://t.co/MYITIOy2pVpic.twitter.com/pvas5uJO5Y — VAAM - Vereinigung f. Allg. u. Ang. Mikrobiologie (@VAAM_Microbes) December 19, 2024

Beliebt in asiatischer Küche

1956 suchten zwei japanische Forscher gezielt Bakterien, die den in Japan «umami» genannten Geschmack produzieren. Ähnlich wie bei den Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter gibt es dafür spezielle Sinneszellen auf der Zunge.

Natriumglutamat löst diesen herzhaften Geschmack aus und ist natürlich etwa in reifen Tomaten, Parmesan und Schinken enthalten, wird aber auch vom Körper produziert. Es wird als Würzmittel eingesetzt – vor allem in der asiatischen Küche und in Fertigprodukten. Später veränderten Forscher das Bakterium so, dass es alternativ Reste aus der Biodieselproduktion oder Pflanzenabfälle verwerten kann.

Verwandte des Bakteriums können tödlich sein

„Das natürlicherweise im Boden lebende Corynebacterium glutamicum ist nicht nur robust und produktiv, sondern für Menschen zudem völlig harmlos“, schreibt die Vereinigung.

Ganz anders einige Verwandte: Corynebacterium diphtheriae, der „Würgeengel der Kinder“, tötete bis Ende des 19. Jahrhunderts jährlich etwa 50.000 Kinder deutschlandweit. Corynebakterien sind zudem verwandt mit Mycobacterium tuberculosis, dem Erreger der Lungentuberkulose.

Es werde auch versucht, mit Hilfe der Mikrobe Angriffspunkte für neue Medikamente zu identifizieren: Das Bakterium dient dabei als Modellorganismus zur Entwicklung von Medikamenten gegen diese Krankheiten. „So deckt Corynebacterium glutamicum die gesamte Bandbreite vom winzigen Forschungsobjekt bis zum Industrieproduzent im Tonnenmaßstab ab.“

Glutamat nur in Maßen aufnehmen

Hohe Dosen von Glutamat wurden laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) mit Symptomen wie Kopfschmerzen, erhöhtem Insulinspiegel und erhöhtem Blutdruck in Verbindung gebracht. Sie hat dessen Wirkung bewertet und 2017 daraus eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge von 30 Milligramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag abgeleitet.

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Erstellt:
19. Dezember 2024, 16:00 Uhr

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