Qupanuk Olsen
Grönlands bekannteste Influencerin geht in die Politik
Qupanuk Olsen informiert in Kurzvideos über das Leben in ihrem Heimatland und kämpft für dessen Unabhängigkeit – doch ist sie auch selbst unabhängig?
Von Jens Mattern
Eine Frau mit schwarzen langen Haaren und Fausthandschuhen spricht im arktischen Schneetreiben über die gewünschte Unabhängigkeit ihres Landes, im Hintergrund die Wellen der Labrador See: Qupanuk Olsen ist Grönlands bekannteste Persönlichkeit in den Online-Netzwerken, die einzige Bergbauingenieurin unter den 57 000 Insulanern und seit Kurzem Politikerin der „Naleraq“ – einer Oppositionspartei mit dem Fokus auf Unabhängigkeit der über zwei Millionen Quadratkilometer großen Insel.
Donald Trump hat das arktische Gebiet mit seiner Forderung, Grönland von Dänemark abzukaufen, für Wochen in die Schlagzeilen gebracht. Die Regierung in Kopenhagen, welche die Außen- und Sicherheitspolitik der Insel bestimmt, sucht derzeit auf Nato- und EU-Ebene Verbündete, um den dänischen Einfluss in der Arktis zu halten.
Speerfischen und Eis-Marathon
„Ich finde es fantastisch, dass Trump Interesse an Grönland gezeigt hat. Es beschleunigt die Unabhängigkeit unseres Landes um das Hundertfache“, erklärte Olsen gegenüber einem dänischen Journalisten. Aktuell ist sie vor allem in dem skandinavischen Land eine wichtige Stimme Grönlands. Ihrer Ansicht nach sollen weder Amerikaner noch Dänen auf dem Eiland bestimmen, sondern die Grönländer über sich selbst, wie sie es vor der Kolonisierung durch die Dänen schon getan hätten.
Dass Grönland in der Welt bekannter wurde, dazu hat sie selbst beigetragen. Bei ihren Aufenthalten jenseits der Arktis – das Ingenieurstudium absolvierte sie in Australien – merkte sie, wie wenig man im Ausland über ihre Heimat wusste.
Mit kurzen Videos unter dem Titel „Q’s Greenland“ stellt sie das Leben in ihrem Land dar, führt Besonderheiten auf, wie Speerfischen, Eis-Marathon und den neuen Flughafen in der Hauptstadt Nuuk.
Auf TikTok hat die 39-Jährige mittlerweile über eine halbe Million Fans. In den sogenannten Sozialen Medien will die Grönländerin unpolitisch bleiben, sich ansonsten auf die Wahlen vorbereiten, die bis zum 6. April stattfinden müssen.
Die Regierung Grönlands hatte erklärt, sie sei bereit zu Gesprächen mit den USA, um deren Interessen in der Arktisregion zu wahren. Das Land stehe allerdings nicht zum Verkauf. Nach einer Umfrage wollen 85 Prozent der Grönländer keine US-Staatsbürger werden. Doch der angestrebten Unabhängigkeit steht einiges im Weg. Es ist das große Geld, welches den Insulanern fehlt: Dänemark überweist darum umgerechnet etwa 500 Millionen Euro jährlich. „Solange uns Dänemark das Geld gibt, sind wir nicht wirklich gleichwertig“, meint Olsen. Das Geld fehlt den Amerikanern nicht. Sie können damit Entscheider in Grönland beeinflussen, Abgeordnete aus Nuuk nach Washington einladen, was sie auch tun. Die Insel ist von strategischer Bedeutung und birgt Bodenschätze, welche durch das schmelzende Eis frei werden.
Olsen ist Direktorin eines Minenkonzerns
Olsen will darum, dass ihre Regierung Kontakte mit anderen Ländern jenseits von Dänemark aufnimmt, welche eine bessere Infrastruktur finanzieren, die für den Zugang zu den Rohstoffen notwendig ist. Die Ingenieurin ist in dieser Frage kompetent – sie ist derzeit Direktorin von „Ironbank Zinc“, eines grönländischen Minenkonzerns mit australischem Kapital.
Ob die Mutter von vier Kindern jedoch wirklich unabhängig für die Selbstständigkeit ihres Landes streiten kann, darf bezweifelt werden. Denn die Oppositionspartei, der sie nun angehört, wird von Pele Broberg geleitet, einem Politiker, welcher bereits im Jahr 2019 Trumps Angebot, Grönland zu kaufen, begrüßt hatte und äußerst aggressiv gegen die ehemalige Kolonialmacht Dänemark agitiert.