Jägerin aus Aspach stellt Creme aus Dachsfett her
Melanie Müller aus Großaspach versucht, möglichst viel der von ihr erlegten Tiere weiterzuverarbeiten. In der Gegend fast einzigartig und darum stets schnell vergriffen ist ihre selbst hergestellte Creme aus Dachsfett.
Von Carolin Aichholz
Aspach. In der Wohnung von Melanie Müller in Großaspach erkennt man schnell, welche Leidenschaft sie und ihr Partner gemeinsam haben. Beide sind Jäger auf dem Jagdrevier von Aspach, rund 350 Hektar zählen zu ihrem Gebiet. Auf einem Regal im Flur steht ein ausgestopfter Waschbär, ein selbst genähtes Kissen aus Fuchsfell liegt auf dem Sofa. „Das war sehr viel Handarbeit“, sagt Melanie Müller und lacht. „Mit der Nähmaschine hat das gar nicht funktioniert, da musste ich alles von Hand nähen.“
Doch für sie hat es sich gelohnt, denn Melanie Müller verarbeitet gern möglichst viel von dem, was von den geschossenen Tieren übrig bleibt. „Ich bringe es nicht übers Herz, da was wegzuwerfen.“
Für das offensichtliche Wunschprodukt Fleisch finden die Jäger oft im persönlichen Umfeld schnell Abnehmer. Knochen können zu Brühen und Soßen verarbeitet werden. Die unbeliebteren Innereien fressen Müllers Jagdhunde, auch übrig bleibende Fleischstücke bekommen die beiden, etwa gedörrt als Trockenfleisch.
Die Creme lässt sich im Kochtopf herstellen
Wenn die geschossenen Tiere gesund waren, stellt Melanie Müller aus dem Fleisch von Dachsen selbst kaltgeräucherten Schinken her. Für das Fett hat sie vor rund drei Jahren ebenfalls Verwendung gefunden. Zu einer Creme verarbeitet, bietet es sogar gesundheitlichen Nutzen. Denn Dachsfett enthält Cortison, ein Hormon, das der menschliche Körper auch selbst herstellt. In hohen Dosen wirkt es entzündungshemmend, bei äußerer Anwendung hilft es darum bei der Wundheilung. Auch bei Neurodermitis oder Schuppenflechte kann die Creme Leiden lindern.
Melanie Müller setzt die Creme auch selbst sehr vielseitig ein. „Bei trockenen Händen oder Pickeln nehme ich sie immer gerne.“ Und auch wenn ihre Hunde kleinere Verletzungen haben, nutzt sie das Dachsfett. „Die können die Creme auch einfach abschlecken, da passiert dann ja nichts.“
Zu ihrer großer Überraschung geht die Herstellung recht einfach, doch ein bisschen rumprobieren musste die Jägerin trotzdem. „Manche nutzen eine Pfanne oder den Backofen, aber für mich hat sich das Kochen mit einem Sous-vide-Stick im Topf bewährt.“So ein Stab erhitzt das Wasser bis zur gewünschten Temperatur und sorgt für konstante Wärme. Eingeschweißt in einer Tüte wird das Fett darin gegart. Wichtig ist dabei, dass die Temperatur bei 64 Grad liegt. Wird das Wasser und damit auch das Fett zu heiß, verändert sich seine Farbe und die enthaltenen Fettsäuren werden zerstört. „Dann ist eigentlich alles für die Tonne“, sagt die Jägerin.
Nach dem Garen wird es durch mehrere Siebe gestrichen, bis überhaupt keine festen Stücke mehr enthalten sind und das reine Fett flüssig ist. Damit das Öl sich nicht absetzt und die Creme eine streichfähige Konsistenz erhält, mischt Müller das Fett im Topf mit etwas Bienenwachs. Ätherische Öle wie Lavendel, Minze und Zitronella gibt sie für ein gutes Aroma dazu, im nächsten Jahr möchte sie auch Orange ausprobieren.
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Abgefüllt in kleinen Döschen sollte man die Creme im Kühlschrank lagern. Ihre Schwiegereltern in spe verkaufen die Döschen für jeweils sechs Euro auf den Weihnachtsmärkten in der Region. Obwohl die wenigsten Menschen das Produkt kennen, sind viele Neukunden offen und sehr interessiert daran, das freut Müller.
„Es ist vergleichbar mit Murmeltiersalbe, auch die enthält Cortison. Und davon haben auch schon viele mal was gehört. Aber bei uns gibts keine Murmeltiere, deswegen habe ich mich informiert, was stattdessen infrage kommt.“ Dabei fand sie heraus, dass Dachse sogar eine noch höhere Konzentration an Cortison in ihrem Fett haben.
Jetzt muss die Produktion bis zum Sommer pausieren
Wie viel Creme sie in einem Jahr herstellen kann, ist jedoch oft Zufall. „Ich werde nicht losziehen, um explizit Dachse für meine Cremes zu schießen“, sagt Melanie Müller.
In ihrem Jagdrevier gibt es keine Vorgaben; acht bis zehn Dachse schießt sie schätzungsweise im Jahr. Ein Tier hat ungefähr 700 Gramm Fett an sich, manche auch etwas mehr. Aus vier Kilo Fett kann sie etwa 35 kleine Döschen Creme herstellen.
„Für dieses Jahr sind leider schon alle Döschen vergriffen“, sagt sie. Viele Kunden seien ebenfalls Jäger und bekunden schon vor einer neuen Herstellrunde ihr Interesse. Trotzdem kennt Melanie Müller nur einen weiteren Vertreter ihrer Zunft, der ebenfalls die Cremes herstellt. „Den meisten ist das zu viel Arbeit und eine zu große Sauerei. Aber wenn mir noch jemand einen Dachs vorbeibringt, gehe ich auch noch mal in Produktion. Für mich selbst habe ich nämlich auch keine Creme mehr.“
Nun ist die Zeit der Herstellung allerdings fast vorbei, ab Januar ist Schonzeit und es dürfen keine Dachse mehr geschossen werden. Bis Juni muss die Cremeproduktion pausieren. Dann dürfen wieder Jungdachse geschossen werden, ab August auch die älteren Tiere.