Grüne auf der Suche nach Alternativen zu Tübinger OB Palmer

dpa/lsw Tübingen. Wen unterstützen die Grünen in Tübingen im Wahlkampf ums Rathaus: den umstrittenen Amtsinhaber Boris Palmer oder jemand Neues? Der Vorstand will eine Urwahl.

Das Logo von Bündnis 90/Die Grünen steht auf einem Aufsteller der Partei. Foto: Stefan Sauer/dpa/Archivbild

Das Logo von Bündnis 90/Die Grünen steht auf einem Aufsteller der Partei. Foto: Stefan Sauer/dpa/Archivbild

Im Kampf ums Tübinger Rathaus muss Boris Palmer mit parteiinterner Konkurrenz rechnen. „Es gibt mindestens eine Person, die gegen Boris Palmer antreten will“, sagte Marc Mausch vom Stadtvorstand am Montag. Man habe nach Alternativen zu Palmer Ausschau gehalten.

Die Grünen in Tübingen möchten über ihren Kandidaten für die OB-Wahl im nächsten Jahr mit einer Urwahl entscheiden. Eine Nominierungsveranstaltung wie bei den letzten beiden Wahlen mit dem seit Monaten umstrittenen Boris Palmer als einzigen Kandidaten soll es nicht geben. Eine Mitgliederversammlung soll ein Verfahren am Mittwoch kommender Woche (20. Oktober) beschließen.

Amtsinhaber Boris Palmer wollte sich auf Nachfrage nicht äußern und erstmal die Entscheidung der Mitgliederversammlung abwarten. Auf die Frage, ob er bei der OB-Wahl im Herbst 2022 überhaupt nochmal antritt nach zwei Amtszeiten, sagte Palmer: „Das überlege ich mir ganz in Ruhe.“

Mausch sagte: „Natürlich ist es für den Amtsinhaber in so einer Situation klar, dass man sich das dann genau überlegt.“ Er gehe davon aus, dass die Versammlung für eine Urwahl stimme werde. Der Grünen-Politiker Chris Kühn erklärte zur Urwahl: „Das ist ein Verfahren mit der größten Legitimation und der einzige Weg, den Konflikt zu beenden. Deswegen unterstütze ich das.“

Nach den Plänen des Stadtvorstands sollen sich nach einer Bewerbungsphase bis zum 28. Februar die Kandidaten im März auf einem Podium vorstellen. Im April soll dann eine Urwahl durch die 460 Mitglieder des Tübinger Stadtverbands darüber entscheiden, wer für die Grünen im Herbst 2022 für den OB-Posten in der Universitätsstadt antreten wird. „Auf diese Weise möchten wir die Kontrolle über das Verfahren behalten“, sagte Mausch.

Fünf Monate nach dem Votum für ein Ausschlussverfahren gegen Palmer will die Grünen-Spitze in Baden-Württemberg nun bald ihre Begründung vorlegen. Eine Parteisprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Derzeit bereitet der Landesvorstand den Antrag an das zuständige Schiedsgericht vor. Die Vorbereitungen sind aufwendig und zeitintensiv, wir gehen aber davon aus, dass wir sie innerhalb der nächsten Wochen abschließen können.“ Ein Parteitag hatte Anfang Mai beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen Palmer anzustrengen.

Anlass für den Beschluss des Parteitags war ein Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem Palmer das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Der OB beteuerte dagegen, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand erklärte jedoch schon damals, es gehe um mehr als nur diesen Beitrag. Palmer sorge mit „inszenierten Tabubrüchen“ für eine Polarisierung der öffentlichen Debatte. Das Maß sei voll.

Ein Ermittlungsverfahren gegen Palmer wegen der Äußerung auf Facebook über Aogo wurde eingestellt. Es liege keine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung vor, hatte eine Behördensprecherin gesagt.

Wegen zahlreicher provokanter Äußerungen liegt die Partei seit langem mit Palmer im Clinch. Auch die Grünen in Tübingen sind uneins. Wochen vor der Bundestagswahl beschloss man aber, das unliebsame Thema Palmer unter den Teppich zu kehren.

© dpa-infocom, dpa:211011-99-556882/7

Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv

Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv

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Erstellt:
11. Oktober 2021, 12:29 Uhr

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