Grüne wollen Hürden für Briefwahl senken, CDU bremst
dpa/lsw Stuttgart. Nicht nur in den USA sind die Briefwahlen ein heißes Eisen. Auch in Baden-Württemberg ist eine politische Debatte darüber entbrannt.

Wahlhelfer bei der Stimmauszählung der Briefwahl zur Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg. Foto: Wolfram Kastl/dpa/Archivbild
Die Grünen im Landtag wollen angesichts der Corona-Pandemie für die kommende Landtagswahl die Hürden für die Briefwahl senken - die CDU hält davon aber nichts. Im Kern geht es darum, ob die Briefwahlunterlagen gleich mit der Wahlbenachrichtigung verschickt werden sollen, wie es der Gemeindetag fordert. Bislang müssen die Unterlagen extra beantragt werden. Aufgrund der allgegenwärtigen Infektionsgefahr fürchten die Städte und Gemeinden aber einen Rückgang der Wahlbeteiligung. Zunächst hatten „Stuttgarter Nachrichten“, „Stuttgarter Zeitung“ und der SWR darüber berichtet.
Die Kommunen gehen davon aus, dass die Bürger aus Angst vor Infektionen den Gang in ein Wahllokal im März 2021 überwiegend vermeiden wollen. Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass Wahlberechtigte wegen Krankheit oder Quarantänepflicht gar keine Wahllokale betreten dürfen, schreibt Gemeindetagspräsident Roger Kehle in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und CDU und Innenminister Thomas Strobl (CDU). Dass die Wähler die Briefwahlunterlagen beantragen müssen, „könnte sich angesichts der Lage insgesamt negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken“. Auch fürchten die Kommunen, nicht genug Helfer für die Wahllokale zu finden. Mit geringeren Hürden für die Briefwahl brauche man nicht so viele.
Das Innenministerium verweist an den Landtag: „Für die Regelung einer Übersendung der Briefwahlunterlagen an alle Wahlberechtigten bedürfte es einer Änderung des Landtagswahlgesetzes“, betonte ein Sprecher. „Eine solche Änderung des Wahlrechts wäre unter Berücksichtigung der Fristen nur durch eine Initiative der Landtagsfraktionen möglich.“
Allerdings wäre die Zeit für eine Rechtsänderung unter Einhaltung aller Fristen und Abläufe denkbar knapp so kurz vor der Wahl.
Die Grünen bezeichnen den Vorschlag der Kommunen als richtig und zielführend. „Das wäre auch eine Erleichterung für ältere Menschen oder Menschen aus sogenannten vulnerablen Gruppen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, zum Vorschlag des Gemeindetags. „Wahlen müssen nicht nur frei und fair sein, sie müssen auch sicher sein - auch unter Pandemiebedingungen.“
Aber vor allem die CDU-Fraktion bremst - unter anderem wegen verfassungsrechtlichen Bedenken. Demnach ist die Briefwahl nur als Ausnahme und Ergänzung zur Urnenwahl zulässig, antwortet CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart dem Gemeindetag. Eine generelle Übersendung der Briefwahl-Unterlagen gefährde die Wahlgrundsätze der geheimen und freien Wahl sowie die öffentliche Kontrolle der Stimmabgabe. Auch in Pandemiezeiten müsse eine flächendeckende Urnenwahl gewährleistet werden. Briefwahl müsse die Ausnahme bleiben.
„Für die Wahlberechtigten bedeutet es eine Vereinfachung und für die Wahlbehörden ist es eine Entlastung, wenn die Briefwahlunterlagen nicht extra beantragt werden müssen“, sagt der Grünen-Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand. „Wir Grüne können nicht nachvollziehen, warum die CDU bislang so merkwürdig verbissen an dieser Antragspflicht festhält.“