Grünen-Landesspitze rechtfertigt Verfahren gegen Palmer

dpa Stuttgart/Tübingen. Die Grünen-Führung im Südwesten hat das Parteiordnungsverfahren gegen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer gegen Kritik aus den eigenen Reihen gerechtfertigt. „Wir Grüne haben in unserer Geschichte immer wieder bewiesen, dass wir eine streitbare Partei sind, die lebendig und offen diskutiert“, sagte eine Sprecherin des Landesverbands am Dienstag in Stuttgart und reagierte damit auf einen Aufruf zugunsten Palmers von etwa 500 Parteimitgliedern. „Abweichende Meinungen auszuhalten und Provokationen zu ertragen, gehört zum Parteileben selbstverständlich dazu.“ Mit Blick auf Palmer sagte sie aber: „Grenzüberschreitungen des Sagbaren, bei denen Menschengruppen gegeneinander ausgespielt werden, gehören nicht zu einer gesunden Debattenkultur und nicht zu den Grundsätzen von Bündnis 90/Die Grünen.“

Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), der Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), der Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Der Landesparteitag im Mai vergangenen Jahres habe sich klar für ein Parteiordnungsverfahren gegen Palmer ausgesprochen. „Das schiedsgerichtliche Verfahren wird nun klären, was wir als Partei ertragen müssen und ob ein Parteiausschluss gerechtfertigt ist“, ergänzte die Sprecherin. In dem Aufruf, der von Mitgliedern des Tübinger Kreisverbands initiiert wurde, hatte es geheißen: „Wir erinnern an die in unserer Partei hochgehaltene Debattenkultur, die wir für besonders schützenswert halten. Menschen auszuschließen, nur weil sie in einer bestimmten Zeit, in der bestimmte Themen Hochkonjunktur haben, den Mainstream verlassen, halten wir für unsere Partei unwürdig.“

Letzter Auslöser für das Ausschlussverfahren war ein Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem der OB das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Palmer beteuerte, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen. Die Grünen-Führung sieht den Vorfall aber nur als Teil einer „langen Liste von kalkulierten Ausrutschern und inszenierten Tabubrüchen“.

© dpa-infocom, dpa:220111-99-666293/3

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Erstellt:
11. Januar 2022, 11:38 Uhr

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