„Gut gesungen ist halber gespielt“
Serie Mitgemacht: Im VHS-Kurs „Ukulele für Anfänger“ lernen die Teilnehmer die Grundlagen der Begleitmusik
Nach einem Tag üben ein Instrument spielen zu können – dieses Vorhaben ist ambitioniert. Im VHS-Kurs „Ukulele für Anfänger“ zeigt Wolfgang Kern-Bauer den Teilnehmern, wie sie mit dem Saiteninstrument umgehen sollen. Ob das Ergebnis auch nach etwas klingt, hat Redakteurin Lorena Greppo getestet.
Von Lorena Greppo
BACKNANG. „Day-o, day-ay-ay-o.“ Zwar ist das Lied aus Jamaika, das Instrument hingegen aus Hawaii, dennoch fügen sich beide gut zusammen, als Wolfgang Kern-Bauer den Banana Boat Song singt und mit der Ukulele begleitet. Am Ende des Tages – nach sieben Stunden Unterricht – sollen die acht Teilnehmer des VHS-Kurses das auch können. Ganz schön ambitioniert. Schließlich richtet sich der Kurs ausdrücklich an Einsteiger.
„Die kleine Schwester der Gitarre“, nennt der Kursleiter sein Instrument. Genau so sieht sie auch aus. Statt sechs hat die Ukulele vier Saiten – ob sie aber deshalb einfacher zu spielen ist? Nicht unbedingt. Ukulele heißt übersetzt nämlich „hüpfender Floh“ und das lehnt wohl an die Fingerfertigkeit der Spieler an. Wem es ernst ist mit der Ukulele, der müsse täglich seine Finger trainieren, sagt unser Lehrer. „Ihr müsst Muskeln aktivieren, die ihr sonst im Alltag nicht braucht. Von denen wisst ihr vielleicht gar nicht einmal, dass ihr sie habt“, fügt er schmunzelnd an. Aber ganz so schwierig soll es für uns dann doch nicht werden, die normale Fingerfertigkeit muss heute ausreichen. Wir spielen auch keine Melodien, sondern nutzen die Ukulele nur als Liedbegleitung. Und da hat Kern-Bauer ein Geheimrezept: „Gut gesungen ist halber gespielt.“
Lange Fingernägel sind im Weg und müssen gestutzt werden
Der hat leicht reden, denke ich mir. Bei manchen Teilnehmern kann ich mir gut vorstellen, dass sie den Dreh ziemlich schnell raushaben. Die 16-jährige Jana spielt beispielsweise schon seit elf Jahren Flöte, hat vor einigen Jahren zudem mit Klavierspielen angefangen und sich im März zum Spaß eine Ukulele zugelegt. Was sie „ein bisschen Herumgeklimper“ nennt, klingt für meine Ohren schon reichlich gut. Bei mir hat Wolfgang Kern-Bauer mehr Arbeit zu leisten. Als ich nach vier Jahren Flötenunterricht in der Grundschule mit dem Spielen aufgehört habe, war sogar meine Mutter – die mich ursprünglich dafür angemeldet hatte – gottfroh darum. Ein Saiteninstrument habe ich nie gespielt. Damit bin ich zum Glück nicht allein – nur zwei der acht Teilnehmer haben schon ein wenig Erfahrung. Die Motivation ist ziemlich unterschiedlich: Eine Teilnehmerin hofft, das Instrument in ihrem Beruf in der Kinderbetreuung zum Einsatz zu bringen, eine andere sagt, das Instrument habe bei ihr Zuhause herumgelegen und sie wollte es einfach mal benutzen. Ich bin also nicht die Einzige, die bei null anfängt, das ist tröstlich.
Immerhin: Unser Ukulele-Lehrer bescheinigt mir ein gutes Gehör. Beim Stimmen des Instruments fallen mir Misstöne auf. Das Stimmgerät, welches Wolfgang dabei hat, bestätigt: Die Einstellung der Saiten ist nicht ganz richtig. Nachdem wir nachjustiert haben, erklingen die vier Saiten in den Tönen G, C, E und A. Streicht man einmal über alle Saiten, sodass die vier Töne gemeinsam erklingen, entsteht ein Akkord. Weil wir mit einem Akkord jedoch nicht weit kommen, lernen wir verschiedene Griffe, mit denen wir die Töne verändern. An den Querstäben am Hals der Ukulele – den sogenannten Bundstäbchen – halten wir die Saiten gedrückt. Schon tritt das erste Problem zutage: lange Fingernägel. „Die werden dir im Weg sein“, prophezeit Wolfgang Kern-Bauer. Für mich bedeutet dies, in der Pause die Nagelfeile zu zücken und die Fingernägel um ein ordentliches Stück zu stutzen. Was tut man nicht alles für die Musik!
Doch der Kursleiter sollte recht behalten, mit kurzen Nägeln lassen sich die Griffe einfacher umsetzen. Der C-Dur-Akkord wäre wohl noch so gegangen, hierfür reicht es, die unterste Saite am dritten Bundstäbchen runterzudrücken. Schwieriger wird es da schon mit dem G-Dur-Akkord. Hierfür sind drei Finger gefragt – Wolfgang stellt uns zwei Varianten vor, wie wir die entsprechenden Töne erzeugen. Wir können frei wählen, welche wir nutzen. „Je nachdem, welche Kombination für euch bequemer ist“, erklärt er. Ich finde den G-7-Griff besser. „So kann ich meine Finger nicht verbiegen“, sagt meine Sitznachbarin Claudia Kleebaur. Ein Blick auf ihre Hand verrät mir, dass sie sich für den klassischen G-Griff entschieden hat.
Der Wechsel zwischen den Griffen erzeugt noch manchen Misston
Hinzu kommen Akkorde in F-Dur und a-Moll und schon am Nachmittag können wir diverse Lieder mit der Ukulele begleiten – zumindest in der Theorie. Denn der Wechsel zwischen den verschiedenen Griffen geht uns noch nicht so einfach von der Hand, immer mal wieder sind Misstöne zu vernehmen. Auch blicken die meisten Teilnehmer beim Spiel angestrengt auf ihr nach oben gekipptes Instrument, wo uns Wolfgang Kern-Bauer doch gesagt hat, dass die Ukulele nach vorn zeigen soll. Und wie es die Profis machen, nämlich ohne nachzuschauen in die Saiten zu greifen – das bekommen wir beim besten Willen nicht hin. Unser Kursleiter lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ihr macht gerade einiges gleichzeitig, das kann ja gar nicht einfach sein“, weiß er. Denn Takt und Tempo müssen gehalten werden, die richtigen Griffe gefunden und wieder gewechselt, hinzu kommt noch der Gesang. Und schließlich kennen nicht alle die Lieder, obwohl sich unser Kursleiter redliche Mühe gibt, uns bekannte Melodien zu präsentieren. „Kuckuck ruft’s aus dem Wald“, „Rock my soul“, „El Condor pasa“ – aus einem scheinbar unerschöpflichen Vorrat zaubert er Notenblatt um Notenblatt hervor und lässt uns singen und Akkorde spielen.
Natürlich ist kurz vor Schluss auch der Banana Boat Song dabei. Zugegeben, ganz so gut wie bei Wolfgang Kern-Bauer zu Anfang der Stunde klingt unsere Interpretation nicht. Aber auch nicht übel. Nach fast sieben Stunden ist der Kurs zu Ende und wie es scheint, haben wir doch einiges gelernt. Neben vielen Tipps, Leseempfehlungen, Notenblättern und Ohrwürmern kommen wir aber noch mit etwas anderem aus dem Unterricht: mit roten Fingerspitzen. Denn das Drücken auf die Saiten und Bundstäbchen der Ukulele bleibt bei unseren ungeübten Fingern nicht unbemerkt. Wir sind uns dennoch einig: Das war’s wert!
Für die Serie „Mitgemacht“ testen Redakteure unserer Zeitungen verschiedene Kursangebote und berichten über ihre Erfahrungen.