Gute Vorlage
Der Kohleausstieg ist ein Kraftakt, der das Land lange herausfordern wird
Die von der schwarz-roten Regierung berufene Kommission hat mit ihren Empfehlungen zum Kohleausstieg gute Vorarbeit für die Politik geleistet. Sie hat sich nicht weggeduckt, sondern ein ernsthaftes Ausstiegskonzept formuliert. Das ist zu loben, weil es den Abschied vom bisher wichtigsten fossilen Energieträger operationalisiert und weil es ein starkes Bekenntnis ablegt, dass die Industrienation Deutschland sich den Einstieg in ein klimaneutrales Leben und Wirtschaften zutraut.
Doch dies ist nur der erste Schritt. Die Bundesregierung – genauer gesagt: die Regierungen der nächsten beiden Jahrzehnte – muss die Gelder für Entschädigungen, Strukturhilfen und Dämpfungsmaßnahmen für eventuelle Strompreissteigerungen erst noch aufbringen. Und das in jedem Haushaltsjahr neu und bei sich eintrübenden Konjunkturaussichten. Der historische Kraftakt, den der Kohleausstieg als zweiter Teil der deutschen Energiewende nach dem Atomausstieg darstellt, wird zwanzig Jahre dauern und nicht nur Politik und Wirtschaft herausfordern, sondern auch die Bürger.
Zwar sind die Mehrheiten für einen raschen Kohleausstieg in den Umfragen stabil, so wie es auch beim Atomausstieg der Fall war und ist. Doch mit der Bereitschaft, die Nebenwirkungen beim Umbau der Energieversorgung mitzutragen, ist es noch nicht so weit her. Geht es darum, zugunsten der Energiewende und einer sicheren Energieversorgung neue Stromleitungen durch die Republik zu ziehen und mehr Wind-, Biomasse und Solaranlagen aufzustellen, geht die Akzeptanz der Bürger ganz schnell in den Keller. Die unbequeme Wahrheit ist: Mit dem Kohleausstieg, den so viele ganz schnell wollen, gehen noch viel mehr solcher unerwünschten Nebenwirkungen einher. Nicht jedes Akzeptanzproblem wird die Politik mit Geld lösen können. Deshalb ist der Vorschlag der Kohlekommission auch keine Blaupause für andere Weichenstellungen für mehr Klimaschutz in Deutschland – etwa im Verkehrssektor.
baerbel.krauss@stzn.de