Deutschland-Chef von Tupperware
„Habe noch kein Unternehmen so traurig verlassen wie Tupperware“
Der Baden-Württemberger Marco de Benedetti ist der letzte Deutschland-Chef von Tupperware. Lange kämpfte er gegen die Insolvenz in Deutschland und Europa. Der US-Konzernmutter macht er schwere Vorwürfe.
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Marco de Benedetti ist der letzte Deutschland-Chef von Tupperware.
Von Daniel Gräfe
Die Insolvenz von Tupperware traf die rund 12 000 selbstständigen Verkäuferinnen und Verkäufer in Deutschland meist völlig unerwartet. Tupperwares Deutschland-Chef Marco de Benedetti versuchte noch, die rettende Lizenz zu erhalten. Woran dies und woran Tupperware scheiterte, erzählt er im Interview.
Herr Benedetti, was ist der aktuelle Stand bei Tupperware Deutschland?
Wir sind jetzt im regulären Insolvenzverfahren. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir eine Auffanggesellschaft gegründet. Finanziell stehen wir gut da, die Konten sind gefüllt. Die Anwälte, die uns unterstützen, sagen, dass wir das solventeste Unternehmen sind, das in die Insolvenz geht. Wir können die Mitarbeiter bezahlen und ordentlich unterstützen. Ende Mai soll das Insolvenzverfahren abgeschlossen sein.
Das ist sehr flott.
Ja, weil es keine Herausforderungen gibt. Wir haben praktisch keine Außenstände und keine lange Gläubigerliste.
Was ist dann der Grund für die Insolvenz?
Dass wir am 8. Januar vom neuen Tupperware-Eigentümer keine Lizenz mehr bekommen haben. Die Hedgefonds Alden Global Capital und Stonehill Institutional Partners sowie die Bank of America haben mit uns nicht einmal darüber gesprochen.
Was glauben Sie steckt dahinter?
Die Verbindlichkeiten des Mutterkonzerns waren in Europa wohl viel zu groß, anders kann ich mir das nicht erklären. Ich vermute, dass sie nun alles abwickeln und später mit einem reinen Internetgeschäft zurückkehren werden. Aber ich betone, dass das eine Vermutung ist, denn mit Tupperware Deutschland beziehungsweise mir hat nie jemand gesprochen.
Enttäuscht Sie das?
Absolut, zu 100 Prozent.
Die Verkäuferinnen und Verkäufer wiederum beklagen, dass sie nach dem Aus von Tupperware von Ihnen nie ein Wort des Dankes erhalten haben. Verstehen Sie das?
Bedingt. Wir haben uns bis zum bitteren Ende für ein Weiterbestehen von Tupperware eingesetzt. Unsere Vertragspartner sind in erster Linie die Bezirkshändler, die wir fast wöchentlich mit Updates versorgt haben. Diese haben nur teilweise ihren Job gemacht.
Wie kam es zum Niedergang von Tupperware?
Aus meiner Sicht ist der Fehler schon vor knapp zehn Jahren passiert, als man sich nicht auf die Zukunft vorbereitet hat. In Europa gab es ein administratives Team von rund 500 Leuten, dabei hätten die Aufgaben auch weniger als 100 Leute erledigen können. Doch statt eines einheitlichen europäischen Konzepts hatte jede Ländereinheit einen eigenen Geschäftsführer, Einkauf und Vertrieb und auch eigenes Marketing. Es hat keine einheitliche Markenführung gegeben. Nachdem wir für Europa die Strategie angepasst hatten, waren wir im vergangenen August wieder auf Wachstumskurs, zweistellig.
Geändert hat das nichts.
Nein. Dabei haben wir es mit den Vertriebspartnern in Europa geschafft, die Marke Tupperware wieder mit Leben zu füllen, statt die Waren mit hohen Rabatten zu verkaufen. Europaweit haben wir im vergangenen Jahr rund 20 Millionen Euro Gewinn gemacht.
Am 15. März geht Ihr Vertrag zu Ende. Wie blicken Sie persönlich auf Tupperware zurück?
Ich habe noch kein Unternehmen so traurig und enttäuscht verlassen wie Tupperware. Die Menschen, die ich kennengelernt habe, haben ohne Wenn und Aber bis zum Ende gekämpft. Die Enttäuschung ist auch so groß, weil wir auf dem richtigen Weg waren und auch Ergebnisse geliefert haben. Wir hätten einfach weitermachen müssen.
Schnelles Ende einer langen Erfolgsgeschichte
PersönlichesMarco de Benedetti wurde 1971 in Karlsruhe geboren und ist seit November 2023 Geschäftsführer von Tupperware Deutschland sowie im Führungsteam für den europäischen Markt. Seine Tätigkeit endet am 15. März. Zuvor arbeitete er in anderen Unternehmen des Direktvertriebs wie AMC (Kochgeschirr), bofrost (Tiefkühlkost) und PartyLite (Accessoires). Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Tupperware Tupperware wurde 1946 in Orlando (Florida) gegründet und war auch in Deutschland dank der „Tupperpartys“ jahrzehntelang erfolgreich. Im Herbst 2024 stellte Tupperware in den USA einen Insolvenzantrag. Im vergangenen November meldete Tupperware Deutschland Insolvenz an und stellte diesen Januar die Geschäftstätigkeit ein. Betroffen sind rund 200 Beschäftigte und 12 000 selbstständige Verkäuferinnen und Verkäufer. Tupperware will sich künftig auf die Märkte in den USA, Kanada, Mexiko, Brasilien oder China konzentrieren.