Dem Wald geht es besser: Aber das Schlimmste kommt noch
dpa/lsw Stuttgart. Hitze, Dürre und Schädlinge haben dem Wald im Südwesten lange zu schaffen gemacht. Zumindest in diesem Jahr konnten die Bäume etwas aufatmen. Im diesjährigen Waldzustandsbericht des Landwirtschaftsministeriums finden sich die Details.
Jahrelang war der Wald im Stress, er litt unter der Trockenheit, die Bäume wurden Opfer der Borkenkäfer, der „saure Regen“ setzte ihnen weiter zu. Nun hat das kühle und feuchte Wetter der vergangenen Monate die baden-württembergischen Wälder zumindest ein wenig aufatmen lassen. „Die Witterung des Jahres 2021 hat dem Wald eine Verschnaufpause verschafft“, sagte Landesforstminister Peter Hauk am Freitag in Stuttgart. „Der Zustand der Wälder in Baden-Württemberg hat sich vereinzelt leicht verbessert.“ Allerdings würden noch 42 Prozent der Waldfläche in Baden-Württemberg als deutlich geschädigt eingestuft (2020: 46 Prozent). „Eine Entwarnung für unseren Wald kann noch nicht gegeben werden, die Lage ist noch immer besorgniserregend“, sagte der CDU-Minister.
Nach drei besonders heißen und trockenen Jahren hintereinander seien im laufenden Jahr wieder deutlich mehr Niederschläge gefallen. „Die Waldböden konnten durch den niederschlagsreichen Sommer wieder bis in tiefere Bodenschichten mit Wasser ausgefüllt werden“, sagte Hauk. „So stand den Bäumen wieder ausreichend überlebensnotwendiges Wasser zur Verfügung.“
Auch die Borkenkäfer machen den Bäumen weniger zu schaffen, wie aus dem Waldzustandsbericht 2021 hervorgeht. „Nachdem die Schäden durch Borkenkäfer in den vergangenen Jahren massiv angestiegen waren, ist ein Rückgang der Schadholzmengen zu verzeichnen, allerdings auf einem hohen Niveau“, sagte Hauk. Nach wie vor sei beim Blick auf die Baumkronen zu erkennen, wie die Trockenheit der letzten Jahre Laubbäume wie die Buche und die Eiche belastet habe.
Bei der Erhebung des Waldzustands wird landesweit die Kronenverlichtung, also der Verlust von Blättern oder Nadeln, als Maß für den Gesundheitszustand der Bäume aufgenommen. Dazu wurden nach Angaben des Forstministeriums im Sommer 2021 auf einem systematisch angelegten Stichprobennetz mit 305 Probepunkten insgesamt 7226 Bäume untersucht. Nach den Daten des Berichts ging die Verlichtung im Jahr 2021 leicht um 1,6 Prozentpunkte auf 26,6 Prozent zurück.
Besser als zuvor geht es demnach Buchen, Eschen und Bergahorn, Fichten, Kiefern und Douglasien. „Der Zustand der Tanne und der Lärche sowie der Eichen hat sich dagegen leicht verschlechtert“, fasste Hauk zusammen. Entwarnung kann der Minister aber zum Beispiel bei der Fichte, der am meisten verbreiteten Baumart im Land, keineswegs geben: „Bis in die Hochlagen des Schwarzwaldes kam es zum Teil zu gravierenden Schäden“, heißt es im Bericht. Der mittlere Nadelverlust habe sich dennoch wegen Witterung und Wasserhaushalt im Vergleich zum Vorjahr verringert um 1,1 Punkte auf 24,7 Prozent. Das heißt: eine Fichte hat im laufenden Jahr etwa jede vierte Nadel verloren.
Ganz anders sieht das bei der Tanne aus: Dort erhöhte sich der Nadelverlust leicht um 0,8 Punkte auf 24 Prozent. „Viele Tannen wurden während des Sommers von verschiedenen Borkenkäferarten befallen und zum Absterben gebracht.“
Laut Bericht liegt der Anteil abgestorbener Bäume auf den Probeflächen insgesamt mit 0,42 Prozent deutlich unter den Werten der vergangenen beiden Jahre von rund 0,6 Prozent. Das langjährige Mittel von rund 0,25 Prozent werde aber nach wie vor deutlich überschritten.
Hauk macht sich trotz der aktuellen Lage keine großen Hoffnungen darauf, dass sich der Zustand der Wälder auch in den kommenden Jahren weiter verbessern wird. „Wenn wir zwei oder drei weitere feuchte und kühlere Jahre hätten, wäre das der Fall“, sagte der Minister. „Aber damit können wir wegen des Klimawandels vermutlich nicht rechnen. Der Wald wird auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten leiden. Das Schlimmste ist ja nicht überstanden, das Schlimmste kommt noch.“
Am geplanten letzten Tag der Glasgower Weltklimakonferenz forderte der CDU-Politiker zudem einen intensiveren weltweiten Klimaschutz. Auch in Baden-Württemberg sei dies eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, sagte er und ergänzte: „Die Erhaltung der Wälder wird nicht allein durch die Selbstheilungskräfte der Natur gelöst und kann nur gemeinsam mit der Gesellschaft gelingen.“
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