Haushalt 2023: Höhere Kreisumlage und ein Verlustvortrag
Der Kreistag verabschiedet den Haushalt für das kommende Jahr. Zwar bringen die Fraktionen ihre Sorgen bezüglich der verbliebenen Risiken zum Ausdruck, angesichts der Umstände wird der Kurs der Kreisverwaltung jedoch unterstützt.
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. „Selbst die länger gedienten Mitglieder der grünen Fraktion können sich nicht erinnern, jemals einen dermaßen auf Kante genähten Kreishaushalt gesehen zu haben“, sagte Fraktionssprecher Bernd Messinger in der letzten Sitzung des Kreistags in diesem Jahr. Geradezu erschrocken seien die Kreisräte, als sie die vielen Planzahlen gesehen haben, welche „nicht nur sehr mutig, sondern auch überaus riskant“ seien. Dennoch wurde am Ende der Sitzung der Haushalt für das kommende Jahr mit nur zwei Gegenstimmen und neun Enthaltungen beschlossen.
Wohl dabei war den Gremiumsmitgliedern dabei allerdings nicht, auch wenn Landrat Richard Sigel befand, dass es ein Haushalt sei, mit dem man gut ins neue Jahr blicken könne. „Mit einigen Magenschmerzen und mancher Sorgenfalte“ stimme seine Fraktion dem Zahlenwerk zu, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Armin Mößner. Und auch Ian Schölzel (Freie Wähler) sprach für seine Fraktion von Zustimmung mit Bauchgrummeln. Der Grund ist leicht ersichtlich: Aufwendungen von fast 638 Millionen Euro stehen Erträge von rund 614 Millionen Euro gegenüber. Und das, obwohl die Kreisumlage um satte 2,5 Hebesatzpunkte angehoben wird. Sämtliche Rücklagen werden aufgebraucht. Weil das aber immer noch nicht reichen wird, um das Defizit zu decken, ist ein Verlustvortrag von fast sieben Millionen Euro auf das darauffolgende Jahr vorgesehen.
Anträge zur Veränderung der Finanzierung finden keine Mehrheit
Bessert sich die wirtschaftliche Lage bis dahin nicht, werde die Kreisumlage erneut angehoben werden müssen, befürchten manche Kreisräte. Dennoch: Ein Antrag der Grünen-Fraktion, auf den Verlustvortrag zu verzichten und stattdessen die Kreisumlage schon jetzt anzuheben, fand trotz 19 Befürwortern keine Mehrheit. Die Devise hierbei sei, „die Städte und Gemeinde lieber jetzt in den sauren Apfel beißen zu lassen als später“, führte Jürgen Hestler, Sprecher der SPD-Fraktion aus. „Wir sind da nicht ganz so pessimistisch“, fügte er hinzu. Ebenfalls abgelehnt wurde der Antrag der Gruppe Wilhelm/Klinghoffer für die Beibehaltung der Kreisumlage bei 31 Prozentpunkten. Zur Deckung des Fehlbetrags schlug deren Sprecher Wolfgang Kölz vor, den Verlustvortrag sogar zu erhöhen. Finanzdezernent Peter Schäfer äußerte seine Zweifel daran, dass der Kreishaushalt dann überhaupt noch genehmigungsfähig wäre. In der Folge sprachen sich auch nur vier Kreisrätinnen und Kreisräte für den Antrag aus, er wurde also abgelehnt.
Zurückgezogen wurde hingegen der Antrag der Freien Wähler. Die Fraktion hatte gefordert, dass Verbesserungen im Haushalt, etwa durch Rettungsschirme oder sonstige Zuweisungen, zur Senkung des Kreisumlagehebesatzes führen sollen. Weil sich allerdings zugleich auch die Personalaufwendungen erhöhen werden (die Tarifverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen), der Soziallastenausgleich steigt und der Ansatz für die Grunderwerbsteuer nach unten korrigiert werden musste, stehe unter dem Strich ein Nullsummenspiel.
Die Rolle von Bund und Land wird von vielen Seiten kritisiert
Kritik übten die Kreisräte wie auch Landrat Richard Sigel daran, dass die Kommunen immer weiter durch Vorgaben von Bund und Land belastet werden. Das sei auch der Grund, warum es noch immer einige Unsicherheiten im Haushalt gebe: Programme seien angekündigt, wie diese finanziert werden sei zum Teil noch unklar. Hier wünschte sich Sigel Besserung. Schölzel fand klar Worte: „Bund und Land stehlen sich immer mehr aus der finanziellen Verantwortung.“ Sie wälzten viele Aufgaben auf die kommunale Seite ab. Daniel Lindenschmid (AfD) forderte, dass die kommunale Ebene nicht länger die Feuerwehr für Brüssel, Berlin und Stuttgart sein dürfe.
Die Herausforderungen in der Zukunft werden nicht kleiner. Zum Thema Gesundheitsversorgung im Kreis äußerten sowohl Mößner als auch Hestler Sorgen. Hestler nannte beispielsweise den Pflegenotstand. Mößner bat die Kreisverwaltung darum, bei der Arztsitzvergabe auf ein ausgewogenes Verhältnis der Kreisteile hinzuwirken. Auch die Einrichtung eines genossenschaftlichen Medizinischen Versorgungszentrums nach Vorbild des Ostalbkreises sei zu überlegen.
Ronald Borkowski (ÖDP/Linke) sah bei den Arbeitsschwerpunkten des Kreistags noch einige Mängel. Etwa sei die Situation für Mieterinnen und Mieter noch einmal schwieriger geworden, während die Sozialwohnungen im Wohnbauprogramm weiter auf sich warten ließen. Wolfgang Kölz bemängelte, dass viele Anträge auf eine Erhöhung der Zuschüsse positiv beschieden wurden. „Freiwilligkeitsleistungen können nur erbracht werden, wenn auch das hierfür erforderliche Geld – positiv – in der Kreiskasse vorhanden ist.“ Ulrich Lenk bemängelte einen anderen Punkt: „Etwas mehr Eigeninitiative und Ideenreichtum hätten wir uns von der Kreisverwaltung beim Thema Selbstverpflichtung im Zusammenhang mit der Schaffung neuer, vor allem nicht refinanzierbarer Personalstellen gewünscht.“ Seine Fraktion vertrete die Auffassung, dass in finanziell schwierigen Zeiten vermehrt Stellen oder Stellenanteile reduziert werden müssten. Investiert werden müsse hingegen in krisenfeste Strukturen – das gelte für Maßnahmen zum Klimaschutz, für energetische Sanierungen oder auch die Ertüchtigung der Kreisstraßen. Das Klimaschutzhandlungsprogramm, welches der Kreistag kürzlich beschlossen hat, sah Daniel Lindenschmid als überambitioniert an, für Bernd Messinger war es das „Highlight im Haushalt 2023“.