Minister Bayaz mahnt: „Es kann kein Wünsch-Dir-Was geben“
dpa/lsw Stuttgart. Die Wunschlisten der anderen Ressort sind dem Kassenwart zu lang. Er hat sie stark eingekürzt. Nun müssen Grüne und CDU entscheiden, welche Ministerien doch noch einen Aufschlag bekommen.
Angesichts der bescheidenen Kassenlage wegen der Corona-Krise hat Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz die grün-schwarze Koalition zur Ausgabendisziplin gemahnt. „Es kann jetzt kein Wünsch-Dir-Was geben, das geben die Finanzen nicht her“, sagte Bayaz der „Südwest Presse“ (Dienstag). „Wir wollen ja 2022 keine neuen Schulden machen. An diese neue Ausgangslage müssen sich einige noch gewöhnen.“ Damit spielte der Grüne offensichtlich auf die Wunschliste seiner Ministerkolleginnen und -Kollegen an. Die Ressorts haben trotz des recht kleinen Spielraums neue Ausgaben in Höhe von knapp 2,4 Milliarden Euro angemeldet. Zudem wollen die Ressorts 4200 zusätzliche Stellen. Bayaz will nach dpa-Informationen 915 Millionen Euro für Mehrausgaben zur Verfügung stellen und 800 Stellen genehmigen.
Bei den Haushaltsverhandlungen ging es am Montagabend um die Wünsche der Ministerien. Die Ressortchefs mussten in der Haushaltskommission ihre Pläne und Projekte erläutern - jeder sollte ungefähr 15 Minuten Zeit bekommen. Neben dem Staatsministerium gibt es elf Fachressorts, angepeilt waren also drei Stunden. Den Anfang machte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne). Nach vier Stunden lief die Sitzung aber immer noch. Die Haushaltskommission unter Leitung von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich schon am Sonntagabend mit dem neuen Entwurf von Bayaz für den Etat 2022 beschäftigt. Klar ist, dass Grün-Schwarz im nächsten Jahr nach zwei Ausnahmen die Schuldenbremse wieder einhalten will.
Bayaz sagte der „Südwest Presse“: „Wir hatten das große Glück, dass in den vergangenen Jahren die Steuereinnahmen üppig gesprudelt sind.“ Jetzt sei man wegen der Corona-Pandemie erstmals seit Langem wieder in einer Situation, wo viele gute politische Projekte nicht sofort umgesetzt werden könnten. Mit Blick auf die Etatverhandlungen sagte der Grünen-Politiker: „Wir sind auf einem guten Weg. Ich bin optimistisch, dass wir diesen Freitag erste Ergebnisse erzielen und dann auch verkünden werden.“
Unklar ist noch, was mit den 980 Millionen Euro aus dem kaum genutzten Corona-Rettungsfonds für mittlere Firmen geschehen soll. Zwar soll der Beteiligungsfonds wie geplant Ende September aufgelöst werden - aber die Frage, wofür das Geld eingesetzt werden soll, ist noch nicht geklärt. Bayaz hatte vorgeschlagen, die eine Hälfte des Fonds in die Tilgung der Corona-Schulden zu stecken und die andere Hälfte für einen weiteren Risikopuffer zu nutzen, falls die Pandemie noch länger anhält. Das CDU-geführte Wirtschaftsministerium will das Geld - wenn möglich - auch nach einer Auflösung des Fonds für eigene Projekte nutzen - allerdings müssen die Mittel zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie eingesetzt werden. Dem Vernehmen ist die CDU-Spitze durchaus auch dafür, mit einem Teil Schulden zu tilgen.
Zenon Bilaniuk, Landeschef des Bunds der Steuerzahler Baden-Württemberg, erklärte dazu: „Dieses Geld muss in die Tilgung des angehäuften Schuldenbergs in Rekordhöhe investiert werden.“ Er warnte die Landesregierung, neue Stellen zu schaffen und damit die hohen Personalkosten weiter in die Höhe zu treiben.
Für die AfD sagte Rainer Podeswa, dass Bayaz seinen Haushalt nicht im Griff habe, wenn er jetzt plötzlich erkläre, es gebe für 2022 ein Budget für Mehrausgaben in Höhe von 915 Millionen Euro. Das zeige, dass es offensichtlich nicht nötig gewesen sei, im jüngsten Nachtrag für den Haushalt 2020/2021 noch einmal neue Schulden aufzunehmen. „Der Landesrechnungshof Baden-Württemberg ist in all seinen Vorwürfen bestätigt worden - sowohl was die Rüge des exorbitanten Anwachsens sogenannter Ausgabenreste betraf als auch die bezweifelte Verfassungsgemäßheit des Haushalts“, sagte der AfD-Fraktionsvize. Die AfD fühle sich darin bestätigt, gegen die Nachtragsetats zu klagen.
Bayaz sieht die rechtlichen Bedenken der Opposition und des Landesrechnungshofs zum Nachtragshaushalt gelassen. Es habe nur zwei Möglichkeiten gegeben. Entweder man sichere sich im Nachtrag für 2021 gegen Corona-Risiken auch mit neuen Sonder-Krediten ab - oder man hätte das Corona-Defizit beim Haushalt 2022 mit neuen Krediten abdecken müssen. „Das Ergebnis wäre dasselbe gewesen“, sagte Bayaz.
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