Metall-Tarifrunde geht in heiße Phase
Hier wird im Südwesten gestreikt
An diesem Montag läuft in der deutschen Metall- und Elektroindustrie die Friedenspflicht aus. Die IG Metall startet in den Betrieben eine erste Welle von Warnstreiks. Wo wird gestreikt?
Von Michael Bosch
In der Metall- und Elektrobranche wird gestreikt - und zwar an vielen Standorten in der Zulieferer- und Automobilbranche in ganz Deutschland. Die IG Metall hatte bereits am vergangenen Freitag Warnstreiks angekündigt. Diese sollten in der Nacht auf Dienstag, 29. Oktober, beginnen. Dann endet die Friedenspflicht.
Der Zeitpunkt ist durchaus unmittelbar gemeint, denn bei Tarifverhandlungen in der Vergangenheit haben die ersten Beschäftigten bereits um 00.01 Uhr in ihren Nachtschichten „den Hammer fallengelassen“ - und die IG Metall hat offenbar massiv streikwillige Mitglieder mobilisiert.
Wo wird in Baden-Württemberg gestreikt?
Warnstreiks sind laut IG Metall unter anderem an den folgenden Standorten und bei den folgenden Unternehmen geplant:
IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben
- ZF Friedrichshafen (ab 10 Uhr)
IG Metall Heilbronn-Neckarsulm
- KS Huayu AluTEch GmbH
- Kolbenschmidt Pistons Germany GmbH (ab 0.05 Uhr)
IG Metall Reutlingen-Tübingen
- Robert Bosch GmbH Reutlingen
IG Metall Stuttgart
- Porsche Zuffenhausen
IG Metall Ulm
- Daimler Buses GmbH
IG Metall Freiburg-Lörrach
- TDK Micronas GmbH
Nicht nur im Südwesten wird gestreikt, die IG Metall verhandelt für insgesamt rund 3,9 Millionen Beschäftigte überall in Deutschland. Vorab hat die Gewerkschaft insbesondere auf drei Aktionen an diesem Dienstag hingewiesen, an denen hochrangige Vertreter teilnehmen:
- Streik und Kundgebung bei Volkswagen bei Volkswagen in Osnabrück (ab 0.01 Uhr mit Tarif-Vorständin Nadine Boguslaswki)
- Streik und Kundgebung bei Rolls Royce in Oberursel (ab 9 Uhr, mit dem Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban)
- Streik und Kundgebung bei Audi in Ingolstadt mit (ab 10.30 Uhr mit IG Metall-Chefin Christiane Benner)
Streik und Urabstimmung?
Durchaus, aber zum jetzigen Zeitpunkt sind reguläre Streiks, die sich über mehrere Tage oder auch Wochen erstrecken, sehr unwahrscheinlich – auch wegen des bereits früh in der zweiten Runde vorgelegten Angebots. Der letzte reguläre Streik mit vorheriger Urabstimmung fand 2002 statt, als nach Zählung der Arbeitgeber 166 Betriebe in Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg bestreikt wurden. Die IG Metall betont zwar stets ihre volle Streikkasse, geht aber selten diesen letzten Schritt. In der Tarifrunde 2022 hatte der damalige Verhandlungsführer Roman Zitzelsberger nach eigenem Bekunden mit Urabstimmung und Streik gedroht.
Ungeachtet der Warnstreiks gehen die Verhandlungen in elf Regionen parallel weiter. Den Anfang der dritten Verhandlungsrunde machen die Tarifgebiete Küste und Niedersachsen bereits an diesem Dienstag (29. Oktober). Die übrigen Gebiete folgen bis zum 5. November.
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Streiks in der VW-Krise
Ausgerechnet der größte deutsche Automobilhersteller fällt zumindest mit sechs westdeutschen Werken und 120.000 Beschäftigten nicht unter den Flächentarifvertrag, sondern hat einen eigenen Haustarif mit der IG Metall. Die VW-Krise, in der das Management seit September Entlassungen und Werksschließungen nicht mehr ausschließt, wirkt sich insofern nur indirekt auf den Flächentarif aus, zeigt aber die Gefahren von Deindustrialisierung und Arbeitsplatzverlusten.
Die Tarifverhandlungen bei VW wurden auf Druck der Gewerkschaft um einige Wochen vorgezogen, sind aber eng mit strategischen Entscheidungen über die zukünftige Auslastung der Werke verbunden. Warnstreiks sind bei VW erst ab dem 1. Dezember möglich. Die Gewerkschaft fordert wie in der Fläche sieben Prozent mehr Geld und die Rücknahme der Schließungspläne.
Streiks bei VW, Bosch und Mercedes: Was bedeutet das für Kunden?
Durch die Arbeitsniederlegungen wird zunächst einmal die Produktion der bestreikten Betriebe gestört. Bezahlt wird die Arbeitszeit während eines Warnstreiks nicht. Anders als beispielsweise bei Streiks im Verkehr mit ausgefallenen Zugfahrten oder Flügen kann die Produktion aber später nachgeholt werden. Die M+E-Produkte werden zudem häufig an andere Industriebetriebe geliefert. Es ist daher zunächst sehr unwahrscheinlich, dass Endkunden größere Nachteile spüren.
Mit Material von dpa.