Hitze lässt Lust auf Leichtes wachsen

Auberginen aus heimischem Anbau: Gärtnerhof Bäßler in Unterbrüden erprobt Ungewöhnliches – Sommergemüse im Trend

Im Sommer steigen nicht nur die Temperaturen. Auch die Lust auf würzige und dennoch leichte Kost wächst. Wer die mediterrane Küche kennt, schätzt auch die südlichen Gemüsesorten von Awie Aubergine bis Z wie Zucchini. Sie haben sich einen festen Platz auf deutschen Speisezetteln errungen und werden inzwischen auch in den heimischen Regionen erfolgreich kultiviert.

Sommerliches Gemüseensemble: Paprika und Tomaten gehören ebenso zum Spektrum wie frische Petersilie und andere Kräuter. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Sommerliches Gemüseensemble: Paprika und Tomaten gehören ebenso zum Spektrum wie frische Petersilie und andere Kräuter. Fotos: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG/AUENWALD. Ein pralles Angebot an Obst und Gemüse herrscht in diesen Zeiten auf dem Wochenmarkt. Der Sommer leert sein Füllhorn aus und präsentiert grüne Gurken neben rotem Rettich, weißen Blumenkohl neben gelber Paprika, bunte Mangoldvarianten neben orangefarbenen Karotten – von süßen Aprikosen, Pfirsichen, Zwetschgen und Stachel-, Heidel-, Him- und Johannisbeeren ganz zu schweigen.

Die Vielfalt bereichern auch Sorten, die vor wenigen Jahren noch als Raritäten gehandelt wurden oder gar nicht zu finden waren. Das ist wie früher bei der Paprika, die heute quasi zum Standardprogramm beim Gemüsehändler gehört. Aber, wie Christa Schumacher vom Landwirtschaftsamt in Backnang erklärt, noch in den 40er-Jahren kannte man in Württemberg das knackige Gemüse so gut wie gar nicht. Die Nachfrage danach wurde erst durch Heimatvertriebene wie die Ungarndeutschen angekurbelt.

Später sind auch noch etliche andere Gemüsesorten neu oder verstärkt aufgekommen. Die Zucchini beispielsweise, eine Verwandte des Kürbisses: Sie wurde zuerst – schon im 17. Jahrhundert – in Italien angebaut und hat in der mediterranen Küche einen festen Platz, ebenso wie Olivenöl, Rosmarin und Basilikum.

Die Zucchini hat schon lange

den Sprung über die Alpen geschafft

Längst hat die Zucchini den Sprung über die Alpen in hiesige Breiten geschafft. Die Reiselust der Deutschen mag dazu ihren Teil beigetragen haben: Was man im Urlaub kennen- und schätzen gelernt hat, möchte man sich gern auch nach Hause holen. Zudem bietet die Frucht vielfältige Einsatzmöglichkeiten – sie kann roh, gekocht, gegrillt und gebraten gegessen werden. Viele Hobbygärtner haben die Pflanzen inzwischen ganz selbstverständlich in ihren Beeten, vom gewerblichen Anbau ganz zu schweigen.

Mit dem mitteleuropäischen Gaumen etwas schwerer getan hat sich die Aubergine. Die subtropische Frucht stammt ursprünglich wohl aus Asien und hat auf ihrem Weg über Persien nach Europa zuerst in Andalusien, also im südlichen Spanien, Station gemacht. In Italien ist sie seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Im Gegensatz zur Zucchini ist das Nachtschattengewächs roh nicht zu gebrauchen: Es enthält giftiges Solanin, das in geringen Mengen zwar keine schweren Vergiftungen hervorrufen, aber unangenehme Bauchschmerzen auslösen kann.

Um die Eierfrucht, wie die Aubergine auch genannt wird, genießbar zu machen, wird sie meist zunächst in Scheiben geschnitten und gesalzen. Das Salz zieht Wasser und damit Bitterstoffe aus dem Fruchtfleisch. Die Schnittflächen können dann abgewaschen werden. Anschließend werden die Scheiben in Öl gebraten oder häufig auch gegrillt. Das Gemüse ist, Genießer wissen es, auch ein wesentlicher Bestandteil der griechischen Moussaka und des französischen Ratatouilles.

Die Auberginen, die hierzulande konsumiert werden, sind meist Importware. Aber die Frucht wird mittlerweile auch von einigen experimentierfreudigen Gemüsebauern nördlich der Alpen angebaut. Laut Landwirtschaftsamt ist der Gärtnerhof Bäßler in Unterbrüden einer der wenigen Betriebe im Rems-Murr-Kreis, die sich dieser Aufgabe stellen. „Es macht uns Spaß, herauszufinden, was hier optimal passt“, berichten Heike Bäßler und Holger Bauch. Die gelernte Zierpflanzengärtnerin hat den Hof, auf dem früher Milchwirtschaft betrieben wurde, von ihren Eltern übernommen und Schritt für Schritt umgestellt. Anfangs standen Zierpflanzen im Fokus, bald kam aber auch Gemüse hinzu. Dank einer entsprechenden Nachfrage stellt dies mit mehreren Gewächshäusern inzwischen sogar die Hauptsache dar. Der Betrieb, der auch einen eigenen Hofladen umfasst, gehört unter dem Label „Natur von hier“ zu den Direktvermarktern im Rems-Murr-Kreis. Heike Bäßler ist außerdem immer samstags auf dem Backnanger Wochenmarkt zu finden.

Eine bunte Palette von rund 80 in Form, Größe und Farbe unterschiedlichen Sorten Tomaten gehört zu den Spezialitäten des Betriebs. Dabei stellt die Russische Reisetomate eine besonders kuriose Art dar: Sie bildet einzelne Zehen aus, die abgebrochen werden können, ohne dass es zu den gefürchteten Saftspritzern kommt.

Vor sieben Jahren haben Bäßler und der Diplom-Biologe Bauch auch begonnen, Auberginen anzupflanzen – und es funktioniert. In diesem Sommer werden vier Sorten geerntet: die dünne, längliche Finger-Aubergine, die klassische „Elisa“, ferner eine etwas bauchigere Form und schließlich die „Lange Violette“.

„Man kann nichts erzwingen,

der Standort muss passen“

Dass das Unterfangen glücken würde, war anfangs gar nicht so sicher. Temperatur und Feuchtigkeit sowie Bodenbeschaffenheit müssen stimmen. So stellte sich heraus, dass nicht unbedingt der wärmste Platz im Gewächshaus der beste Standort für die anspruchsvolle Pflanze ist. Sie mag, wie Bauch erklärt, keinen Hitzestau. Zudem braucht es Hummeln zum Bestäuben – und die fliegen nicht in die Tiefen eines Gewächshauses hinein.

„Man kann nichts erzwingen“, macht Bauch deutlich, „der Standort muss passen.“ Auberginen wollen, wie er sagt, einen humosen, einen guten, gesunden Boden. Die Aussaat erfolgt bereits ganz früh im Jahr, in Kalenderwoche fünf, also noch im Winter. Denn die Pflanze benötigt, ähnlich wie die Paprika, die als Nächstes an der Reihe ist, fast ein halbes Jahr, bis sie reife Früchte trägt. Die können dann auch nur während der Sommermonate geerntet werden, denn schon ab September ist mit Frost zu rechnen.

Für Bäßler und Bauch ist die Aubergine deshalb ein gutes Beispiel für saisonales Gemüse: Während im Supermarkt dank der Importe aus fernen Ländern alles so gut wie immer verfügbar ist, reifen die Produkte heimischer Erzeuger nur jeweils innerhalb eines begrenzten Zeitraums – vorher gibt es nichts und hinterher auch nicht. Dafür kommen dann andere Sorten an die Reihe. Sommergemüse sollte deshalb dann genossen werden, wenn Sommer ist und die Natur gewissermaßen von sich aus den Tisch deckt.

Holger Bauch zeigt, wo die Auberginen reifen: Unter den Blättern einer exotischen Staude.

© Pressefotografie Alexander Beche

Holger Bauch zeigt, wo die Auberginen reifen: Unter den Blättern einer exotischen Staude.

Heike Bäßler am Kräuterbeet: Die Vielfalt an frischem Grün bereichert die sommerliche Küche.

© Pressefotografie Alexander Beche

Heike Bäßler am Kräuterbeet: Die Vielfalt an frischem Grün bereichert die sommerliche Küche.

Hitze lässt Lust auf Leichtes wachsen

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Erstellt:
11. August 2018, 06:00 Uhr

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