Hochbetrieb am Hylab an der gewerblichen Schule in Backnang

Noch in diesem Monat soll der Showroom der „Lernwerkstatt Zukunftstechnologie Wasserstoff und Brennstoffzelle“ an der gewerblichen Schule in Backnang eingeweiht werden. Der Rohbau steht, im Inneren ist noch einiges zu tun.

Durch gläserne Wände soll der Showroom die Neugierde Außenstehender wecken. Beim Einbau der jeweils eine Tonne schweren Fenster ist Feingefühl gefragt. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Durch gläserne Wände soll der Showroom die Neugierde Außenstehender wecken. Beim Einbau der jeweils eine Tonne schweren Fenster ist Feingefühl gefragt. Fotos: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Backnang. Mit einem Kran und einer Vorrichtung mit Saugnäpfen werden die jeweils etwa eine Tonne schweren, raumhohen Scheiben der Fensterfront eingehoben. Hier ist Millimeterarbeit gefragt, die Mitarbeiter der Firma MBO sind hoch konzentriert. Mit Handgriffen rücken sie die erste Scheibe an ihre vorgesehene Position. „Passt?“, fragt ein Mitarbeiter. „Passt“, antwortet der Kollege. Eigentlich hätten die Glaswände schon am Vortag eingesetzt werden sollen, doch da hat das stürmische Wetter die Pläne durchkreuzt. An diesem Tag macht der Wind keine Probleme.

Bis in drei Wochen muss alles fertig sein, denn am 24. Januar soll der Wasserstoff-Showroom an der gewerblichen Schule in Backnang feierlich eingeweiht werden. Der Showroom, auch Hylab genannt, ist ein erster wichtiger Baustein der „Lernwerkstatt Zukunftstechnologie Wasserstoff und Brennstoffzelle“ (siehe Infotext). Hier soll das Thema Wasserstoff (H2) interaktiv und ganzheitlich aufbereitet werden.

„Wasserstoff wird – egal wie – eine Rolle spielen in der Zukunft“, sagt Schulleiterin Isolde Fleuchaus. Das Ziel sei daher, die Wasserstofftechnologie ab 2026 in den Unterricht zu integrieren. Industriemechaniker und Kfz-Mechatroniker müssen im Umgang mit dieser geschult werden. Denn: Der Einsatz von Wasserstoffbussen ist im Rems-Murr-Kreis konkret in Planung. „Da stellt sich die Frage: Wer repariert und wartet sie?“, erklärt Werkstattleiter Heribert Gantner. Im Umkreis sei ihm nur eine Werkstatt im Kreis Esslingen bekannt, die das könne. „Das allein sollte uns Zeichen genug sein: Wir müssen Leute ausbilden, die das können“, findet er.

Der Showroom soll nicht alleinder Schülerschaft vorbehalten sein

Bevor allerdings die Wasserstoffwerkstatt eingerichtet wird, gehen voraussichtlich noch gut zwei Jahre ins Land. Daniel von Bischopinck, Fachbereichsleiter der RemsMurr-Kreis-Immobilien-Management GmbH (RMIM), erklärt: Der Showroom ist nur der erste Teilbauabschnitt. Ein weiterer Anbau soll für die Lernwerkstatt folgen. „Ende des Jahres sollen die ersten vorbereitenden Baumaßnahmen starten.“ 2025 gehe es dann in die intensive Phase der Bauarbeiten. Zudem soll auf dem Campus auch ein Erlebnisparcours zum Thema Energie entstehen, fügt Isolde Fleuchaus an. In diesen sollen beispielsweise auch die Überseecontainer der Landesstiftung Baden-Württemberg zum Thema Mobilitätswandel einbezogen werden.

Doch was genau erwartet die Besucher eigentlich in Kürze im Showroom? Mittig in dem 80 Quadratmeter großen Raum soll ein Exponat im Flächenprofil des Rems-Murr-Kreises stehen, berichtet Heribert Gantner. Abgebildet werden hier außerdem die Säulen der Wasserstoffstrategie des Kreises (siehe Infotext). Im äußeren Bereich sollen zudem drei Informationsinseln Platz finden: eine zum Thema Erderwärmung, eine mit Basisinformationen zum Wasserstoff und eine weitere zum Thema vernetztes Denken bei der Energieversorgung. Auch soll es Redebeiträge von verschiedenen Akteuren in der Gesellschaft zum Thema geben. Abgerundet wird das Erlebnis Hylab durch ein Quiz, bei welchem Gruppen der verschiedenen Inseln gegeneinander antreten.

Besonders wichtig ist den Verantwortlichen, dass der Showroom – anders als später die H2-Werkstatt – allen offensteht. „Er ist nicht exklusiv für die Schule in Backnang gedacht“, betont die Kreissozialdezernentin Stefanie Böhm, auch wenn er sich natürlich schwerpunktmäßig an eine junge Zielgruppe, sozusagen die Fachkräfte von morgen, richtet. Er solle aber auch für Betriebe, für Vereine und interessierte Bürgerinnen und Bürger attraktiv sein. Architekt Reiner Schmid erklärt: „Der Anbau ist nicht umsonst rundum verglast. Er soll transparent und offen sein, da soll es keine Berührungsängste geben.“ Isolde Fleuchaus konkretisiert: „Es ist kein Forschungslabor, sondern der Einstieg, um zu verstehen und die Notwendigkeit zu erzeugen, sich über alternative Energieformen zu informieren.“

Ist die Außenfassade erst einmal fertig, geht es an den Innenraum. Ein Exponat mit dem Flächenprofil des Rems-Murr-Kreises soll das Herzstück werden.

© Alexander Becher

Ist die Außenfassade erst einmal fertig, geht es an den Innenraum. Ein Exponat mit dem Flächenprofil des Rems-Murr-Kreises soll das Herzstück werden.

Angesichts der sichtbaren Entwicklung auf dem Campus bezeichnet die Schulleiterin es als glückliche Fügung, dass vor drei Jahren die Akteure im Kreis „den Willen hatten, so ein Vorzeigeprojekt umzusetzen“ – und das trotz vieler anderer Probleme, die die Verwaltungen und Gremium damals beschäftigten.

Erst im Dezember hat der Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss des Kreistags dem Projekt erneut Rückendeckung gegeben. Durch gestiegene Kosten wird das Gesamtprojekt laut dem aktuellen Stand knapp 9,75 Millionen Euro teuer werden. Allerdings stehen Fördermittel in Höhe von knapp 2,75 Millionen Euro zur Verfügung. „Wir haben versucht, aufgrund der Kostensteigerung auch eine Erhöhung der Förderung zu erhalten, aber das war nicht möglich“, führt Stefanie Böhm aus. Das Gremium stimmte aber den Ausführungen des Amtsleiters für Schule, Bildung und Kultur im Rems-Murr-Kreis Benjamin Wahl zu, der im Dezember sagte: „Wenn wir jetzt in die Zukunft investieren, bleiben wir innovativ.“ Auch das soll der Showroom zeigen.

Verschiedene H2-Projekte im Kreis

Wasserstoffstrategie Am 13. Juli 2020 hat der Kreistag des Rems-Murr-Kreises eine Grundsatzentscheidung zur Förderung (grüner) Wasserstofftechnologie getroffen. Die Wasserstoffstrategie beruhte ursprünglich auf drei Säulen, inzwischen haben sich weitere Themenfelder ergeben, die sinnvolle Ergänzungen darstellen.

Lernwerkstatt Zukunftstechnologie Schüler sollen frühzeitig mit der Wasserstofftechnologie vertraut gemacht werden. Die Technologie soll in den verschiedenen Schularten in Unterrichtseinheiten zu alternativen Mobilitätskonzepten und erneuerbaren Energien eingebunden und durch Einrichtung einer Wasserstoffwerkstatt veranschaulicht werden. Der Showroom ist der erste Bauabschnitt dessen, folgen sollen ein Erlebnisparcours und eben die genannte Werkstatt.

Wasserstofftankstelle und -busse In Waiblingen werden ein Elektrolyseur zur Produktion von grünem Wasserstoff und eine Wasserstofftankstelle für Nutzfahrzeuge gebaut.

Wasserstoffzüge für die Wieslauftalbahn Diese Idee ist vorerst auf Eis gelegt, erst kürzlich hat der Kreis neue (gebrauchte) Fahrzeuge mit Verbrennermotor bestellt.

Weitere Projekte Erst kürzlich hat die Murrhardter Firma Schäf ein Abfallsammelfahrzeug mit einem Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb vorgestellt, das künftig zum Einsatz kommen soll (wir berichteten). Auch der Einsatz von Wasserstoffnutzfahrzeugen in den Straßenmeistereien im Kreis ist im Gespräch. Auf dem Areal Hangweide in Kernen im Remstal entsteht zudem ein Wohngebiet, bei dem ein Strom-Wasserstoff-Speicher im Gespräch ist.

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Erstellt:
5. Januar 2024, 06:00 Uhr

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