Höfliger ohne Harro

Von Kornelius Fritz

ALLMERSBACH IM TAL. Für Kunden aus Amerika und Fernost ist der Name Höfliger ein Zungenbrecher. Deshalb sprechen sie dort nur von „Harro“, wenn sie die Firma aus Allmersbach im Tal meinen. Das können sie auch weiterhin tun, denn der Unternehmer, der die Firma 1975 in einer Garage in Untertürkheim gründete und zu einem weltweit tätigen Unternehmen mit heute 1300 Mitarbeitern aufgebaut hat, bleibt im Firmennamen für alle Zeiten präsent. Seinen Schreibtisch, an dem er bis vor Kurzem noch täglich saß, hat der 81-Jährige nun aber aus gesundheitlichen Gründen geräumt.

„Ein lange geplanter Wechsel findet damit seinen temporären Abschluss“, sagt sein Sohn Markus. Bereits 2001 hatte der Patriarch ihn und die beiden langjährigen Führungskräfte Thomas Weller und Peter Claußnitzer in die Geschäftsführung berufen und auch am Unternehmen beteiligt. 2008 kamen Uwe Amann und Heinrich Havenstein als weitere Geschäftsführer hinzu.

Um zu gewährleisten, dass seine Firma auf Dauer ein Familienunternehmen bleibt, gründete Höfliger 2013 eine Familienstiftung, in die er seine Anteile einbrachte. Der Rückzug aus dem Aufsichtsrat war jetzt nur noch der letzte Schritt und wurde ziemlich geräuschlos vollzogen. Auch für Markus Höfliger war damit ein Wechsel verbunden: Seinen bisherigen Posten als kaufmännischer Geschäftsführer übergab er an den früheren Kerres-Chef Turgay Güngormus und übernahm von seinem Vater die Leitung des dreiköpfigen Aufsichtsrats. Der 53-Jährige bezeichnet diesen Wechsel als „logischen Schritt“. Höfliger will sich künftig auf strategische Fragen konzentrieren: „Da kann ich mich nicht mehr um den Wareneingang und die Kantine kümmern.“ Als Aufsichtsrat werde er aber kein „Frühstücksdirektor“ sein, sondern sich weiterhin aktiv in die Leitung der Firma einbringen, betont Höfliger.

Sein erster Ansprechpartner ist dabei Thomas Weller, der zum Vorsitzenden der Geschäftsführung befördert wurde. Höfliger und Weller kennen und schätzen sich schon seit 25 Jahren. „Wir diskutieren über alles, meine Aufgabe ist es, die Dinge dann umzusetzen“, erklärt Weller. Harro Höfliger habe nun eine moderne Führungsstruktur, die für ein Unternehmen dieser Größe passend und unabhängig von einzelnen Personen sei.

Das ist wichtig, vor allem wenn das Allmersbacher Unternehmen so rasant weiterwächst wie in den vergangenen Jahren. 2018 war mit einem Umsatz von rund 260 Millionen Euro ein weiteres Rekordjahr, und ein Plus beim Auftragseingang von mehr als 15 Prozent lässt weiteres Wachstum erwarten. „Ich denke, wir werden uns 2019 auf 1450 Mitarbeiter zubewegen“, sagt Markus Höfliger.

Die klassischen Verpackungsmaschinen, mit denen das Unternehmen einst groß geworden ist, spielen heute nur noch eine Nebenrolle. Schon vor Jahren hat sich Harro Höfliger auf die Bereiche Pharma und Medizintechnik spezialisiert. Höfligers Maschinen befüllen Kapseln, montieren Inhalatoren und verpacken Pflaster. Attraktiv ist diese Branche nicht nur, weil sie jedes Jahr um rund sieben Prozent wächst, sondern auch weil die Qualitätsanforderungen extrem hoch sind. Wirkstoffe müssen zum Teil aufs Mikrogramm genau dosiert werden. Nicht viele Firmen können Maschinen bauen, die dazu in der Lage sind.

Wachstum an allen vier Standorten

Vom Maschinenbauer habe man sich zum Technologieunternehmen entwickelt, sagt Markus Höfliger. Früher kamen die Kunden mit einem fertigen Produkt, das verpackt werden sollte, heute werden die Allmersbacher schon bei der Produktentwicklung mit eingebunden. „Wir entwickeln manchmal drei oder vier Jahre zusammen mit dem Kunden, bevor die Maschine gebaut wird“, sagt Thomas Weller. Das setzt auch voraus, dass man den Pharmaunternehmen auf Augenhöhe begegnen kann. Neben Ingenieuren und Technikern arbeiten bei Höfliger deshalb auch Ärzte und Pharmazeuten. Und damit die Maschinen unter realen Bedingungen getestet werden können, hat das Unternehmen im vergangenen Jahr fast sieben Millionen Euro in neue Reinräume investiert.

Ein international tätiges Unternehmen ist Harro Höfliger schon immer gewesen, mittlerweile ist der Exportanteil auf fast 90 Prozent gestiegen. Zuletzt wurden zwei neue Niederlassungen in Singapur und Tunesien eröffnet. Auf den Maschinen werde aber auch künftig „made in Baden-Württemberg“ stehen, verspricht Markus Höfliger. Das Unternehmen will seinen vier Standorten in Allmersbach im Tal, Backnang, Aspach und Satteldorf treu bleiben. Aktuell wird das Logistikzentrum in Großaspach für vier Millionen Euro ausgebaut, im Sommer soll es fertig sein. Auch in den Backnanger Lerchenäckern und im Allmersbacher Gewerbegebiet Wasenfeld hat das Unternehmen noch Flächen, die in den kommenden Jahren bebaut werden sollen.

Der Firmengründer wird diese Entwicklung aus der Ferne weiter beobachten. „Und wenn er etwas sagen möchte, dann werden wir auch künftig auf ihn hören“, sagt Thomas Weller. Höfliger ganz ohne Harro – das kann sich dann doch keiner so recht vorstellen.