Hunderte Babys kommen außerhalb von Kliniken zur Welt

dpa/lsw Stuttgart. Schwangere haben verschiedene Möglichkeiten, wo sie ihr Kind gebären wollen: klassisch im Kreißsaal, in speziellen Geburtshäusern oder etwa bei sich zu Hause. In Baden-Württemberg gibt es eine interessante Entwicklung.

Die Füße eines Babys sind in einem Kinderbett zu sehen. Foto: Fabian Strauch/dpa

Die Füße eines Babys sind in einem Kinderbett zu sehen. Foto: Fabian Strauch/dpa

Die Zahl der Babys, die nicht in Krankenhäusern zur Welt kommen, steigt in Baden-Württemberg - und zwar deutlich stärker als die der Geburten insgesamt. Im vergangenen Jahr wurden sogar weniger Kinder als im Vorjahr geboren: 108 024 nach 108 985, wie aus einer Antwort des Stuttgarter Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Michael Preusch hervorgeht. Die Zahl der „geplant außerklinisch begonnenen Geburten“ - so heißt es in der offiziellen Statistik - stieg aber von 1806 auf 2096. Damit gemeint sind Hausgeburten und Geburten in Einrichtungen, die von Hebammen geführt werden, wie sogenannte Geburtshäuser.

Nun war das Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie ein besonderes. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion und Notfallmediziner Preusch vermutet daher auch ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis als Grund für die deutliche Entwicklung im vergangenen Jahr. Die Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, Jutta Eichenauer, sagte ebenso, gerade im vergangenen Jahr könnte die Corona-Pandemie bei der Entwicklung eine entscheidende Rolle gespielt haben. Paare hätten große Sorge gehabt, dass der Partner beziehungsweise die Partnerin nicht oder nur eingeschränkt bei der Geburt in der Klinik dabei sein darf. Die Angst vor Ansteckung oder dauerhaftem Maske-Tragen aufseiten der Gebärenden sei ebenfalls groß gewesen.

Aber auch das Bewusstsein der Frauen steige, erklärte die Verbandsvorsitzende. Wer beispielsweise eine traumatische Geburt in einem Kreißsaal erlebt habe, entscheide sich bei einer zweiten eher für ein Geburtshaus oder eine Hausgeburt, sagte Eichenauer.

Der Anteil von über 1,9 Prozent außerklinischen Geburten im Südwesten liegt höher als der Bundesschnitt von 1,8 Prozent, den die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) ausweist. Das ist eine Entwicklung, die schon seit Jahren anhält.

Preusch sagte: „Ich kann aus medizinischer Sicht nur raten, in ein Krankenhaus zu gehen.“ Kliniken böten eine enorme Sicherheit und hätten das nötige Personal. Die Lage sei in großen Zentren nochmal besser, weshalb werdende Eltern unter Umständen auch längere Wege in Kauf nehmen sollten. Der Eppinger Abgeordnete verwies auf die Antwort des Gesundheitsministeriums, wonach im vergangenen Jahr in 462 Fällen die Versorgung durch den Notarzt außerhalb der Klinik erfolgte.

Zu Risikoschwangerschaften und zur Weiterversorgung von Neugeborenen in einer Kinderklinik fehlen dem Ministerium Angaben, wie es in der Antwort heißt, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Mit Blick auf mehr Frauen, die im höheren Alter Mutter werden, sowie auf größer und schwerer werdende Babys sei Know-how für eine sichere Versorgung gefragt, sagte Preusch. „Für die Verbesserung der Versorgung von Gebärenden und Neugeborenen benötigen wir eine solide Datenbasis.“ Generell seien Schwangerschaften und Geburten in Deutschland aber sicher. „Die Säuglingssterblichkeit ist auf einem historischen Tief.“

© dpa-infocom, dpa:210904-99-89436/2

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Erstellt:
4. September 2021, 07:55 Uhr

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