Hunderte fordern Schutz der Vielfalt

Unter dem Motto „Wähl Liebe“ wurde in Stuttgart für die Gleichberechtigung für queere Menschen demonstriert.

Viele bunte Schilder waren auf dem Schlossplatz zu sehen.

© Fotoagentur-Stuttgart/Andreas Rosar

Viele bunte Schilder waren auf dem Schlossplatz zu sehen.

Von Luisa Rombach

Stuttgart - Es ist fünf vor zwölf, als auf dem Stuttgarter Schlossplatz etliche Regenbogenflaggen gen Himmel gereckt werden. Die Teilnehmenden haben Plakate mit Slogans wie „Liebe ist ein Menschenrecht“ oder „Menschenrechte statt rechte Menschen“ gebastelt. Die Temperaturen lagen an diesem Samstagmittag nur knapp über dem Gefrierpunkt. Trotzdem waren laut den Veranstaltern rund 1000 Menschen gekommen, um für die Rechte queerer Menschen und die Demokratie zu demonstrieren. Die Polizei sprach von 600 bis 700 Teilnehmenden.

Tobias und Annika waren gekommen, um so kurz vor der Wahl Haltung zu zeigen. In Regenbogenflaggen gehüllt trotzten sie den eisigen Temperaturen. „Wenn man sich die Umfragewerte der CDU und AfD anschaut und hört, dass Trump in den USA sagt, es gebe nur zwei Geschlechter, da ist es mir schon wichtig, heute hier zu sein“, so Tobias.

Und auch Tobias H., 56, war es wichtig, an diesem Tag die „Wähl Liebe“-Kampagne zu unterstützen. „Zu demonstrieren ist eine der wenigen Möglichkeiten des Otto Normalverbrauchers, etwas zu tun“, sagte er. Für viele Teilnehmenden spielte auch der Zeitpunkt der Demonstration eine Rolle. „Eine Woche vor der Wahl ist es mir besonders wichtig, jetzt zu zeigen, dass wir für Vielfalt sind und gegen den Rechtsruck“, sagte Katja, 27, die mit einer Freundin zur Demonstration gekommen war.

In etwa 55 deutschen Städten organisierte die Bewegung des Christopher Street Day (CSD) mithilfe anderer Organisationen an diesem Samstag bundesweit Demonstrationen. In Stuttgart beteiligten sich neben der Interessengemeinschaft CSD unter anderem auch das Projekt 100 Prozent Mensch und das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte Baden-Württemberg.

Unter dem Motto „Wähl Liebe“ kamen die Organisatoren zusammen und riefen dazu auf, sich für die Gleichberechtigung queerer Menschen stark zu machen und ein Zeichen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft zu setzen. Das Organisationsbündnis sieht die Rechte queerer Personen durch die Wahlprogramme einiger Parteien gefährdet. Beim Parteienvergleich auf ihrer Website schneiden in puncto Stärkung der queeren Gemeinschaft besonders die Union, die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht schlecht ab.

„Wir wollen die queere Gemeinschaft mobilisieren, denn die errungenen Rechte stehen gegebenenfalls auf der Kippe“, sagte Alexander Prinz, Vorstandsmitglied von Stuttgart Pride, in Bezug auf die anstehenden Neuwahlen. Deshalb sei eine der Forderungen der Kampagne die Aufnahme der Gleichberechtigung queerer Menschen ins Grundgesetz, so Prinz.

Die Aktualität des Themas wurde auch auf der Bühne bei den Rednerinnen und Rednern deutlich. Tanja Gemeinhardt, eine der Vorsitzenden von Mission Trans Stuttgart, kritisierte etwa das Vorhaben der Union, das 2024 verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz, das es Menschen erleichtert, ihr Geschlecht und ihren Namen zu ändern, wieder abschaffen zu wollen und betonte: „Die Rechte der queeren Community sind in Gefahr.“ Dass die Demonstrationen bundesweit um fünf vor zwölf begannen, ist somit kein Zufall – sondern vielmehr ein Zeichen der Dringlichkeit, mit der sie ihr Anliegen an diesem Samstagmittag vorgetragen haben.

Zum Artikel

Erstellt:
16. Februar 2025, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
17. Februar 2025, 21:59 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen