Personal Shopperin Sonja Grau

„Ich empfehle nicht, Dirndl vom Discounter zu kaufen“

Oktoberfest und Cannstatter Wasen stehen an – und Tracht ist auch in Stuttgart beinahe ein Muss. Auf was es bei Dirndl und Lederhose zu achten gilt, verrät die Personal Shopperin und Trachtenexpertin Sonja Grau.

Sonja Grau ist Personal Shopperin aus dem bayerischen Senden  und trägt auch privat gerne Dirndl.

© privat/Sonja Grau

Sonja Grau ist Personal Shopperin aus dem bayerischen Senden und trägt auch privat gerne Dirndl.

Von Theresa Schäfer

Auf dem Münchner Oktoberfest hat Tracht Tradition – und der Cannstatter Wasen hat sich da längst angepasst. Aber bei Dirndl und Lederhose kann man auch viel falsch machen. Deshalb haben wir Sonja Grau, Personal Shopperin aus dem bayerischen Senden, befragt: Nach dem perfekten Sitz, den Trends in diesem Herbst und danach, ob Sneaker zum Dirndl erlaubt sind.

Frau Grau, klären Sie uns auf: Wie muss es denn jetzt sitzen, das perfekte Dirndl?

Ein Dirndl sollte eng anliegen, perfekt am Körper sitzen und bloß keine Falten werfen. Allerdings sollte die Trägerin beim Kauf bedenken, dass sie nicht den ganzen Abend den Atem anhalten kann – im Gegenteil, etwas Luft muss sein. Sie muss sich gut im Dirndl bewegen können und etwas zu essen und trinken muss auch noch reinpassen.

Welche Trends haben Sie bei Dirndln in dieser Saison ausgemacht?

Wir sehen in dieser Saison kräftigere und auch dezentere Farben. Ton in Ton setzt sich als großer Trend fort. Das ist in der Regel auch wunderschön und eine geniale Kombinationsgrundlage für kommende Wiesn- oder Wasenzeiten. Allerdings sollte man darauf achten, dass der monochrome Look nicht langweilig und gar bieder wirkt. Muster werden der „Dirndl-Eintönigkeit“ die Stirn bieten – das ist in dieser Saison neu. Bei manchen Entwürfen ist das ganze Dirndl gemustert, bei anderen nur der Rock oder das Oberteil. Muster auf der Schürze – oder nur dem Schürzenband – gehen natürlich auch.

Welche Farben sind in diesem Herbst angesagt?

Rot-, Grün- und Blautöne sind in, aber auch gedecktere Farben wie dunkles Violett, Braun, Grau oder Schwarz. Rosé- und Grüntöne stehen vielen Frauen, bei Braun-, Grau- und Schwarztönen kann die Trägerin aber sehr schnell fahl und ausdruckslos wirken. Wer mutiger ist, darf sich ruhig auf Orange, Sonnengelb, Smaragdgrün oder Royalblau stürzen. Echte Dirndl-Trendsetterinnen machen Color-Blocking und kombinieren zum Beispiel eine pinke Schürze zu einem roten Dirndl.

Eine große Diskussion gibt es immer über die Länge der Dirndl – wie sehen Sie das?

Die perfekte Dirndllänge ist knieumspielend. Je nachdem, wie groß die Trägerin ist, passt dann eine 70er- oder eine 80er-Länge.

Und kurz geht nicht mehr?

Nein, kurze Dirndl sind überhaupt nicht mehr en vogue.

Wie schauen die Dirndl-Blusen in diesem Jahr aus?

Hoch geschlossene Dirndl-Blusen mit eng anliegenden Ärmeln – auch in Spitze – sehen wir noch, sie dominieren aber lange nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr. Die Blusen werden an den Ärmeln wieder weiter geschnitten sein, Puffärmel sind ein neuer Trend. Der Ausschnitt der Blusen wird wieder tiefer. Wer mag, darf also auch wieder mehr Dekolleté zeigen.

Was ist aus Ihrer Sicht der größte Fehler, den frau beim Dirndl machen kann?

Das falsche Dirndl für sich zu wählen. Damit meine ich ein Dirndl, das nicht zur Persönlichkeit und Statur der Trägerin passt. Zum Beispiel, weil ihr die Farbe nicht steht oder sie in dem Dirndl verkleidet aussieht. Die Frau und das Dirndl müssen zusammenpassen, dann ist es egal, ob man ein ganz schlichtes Exemplar wählt oder ein plakativeres. Niemand, der Tracht trägt, sollte das Gefühl haben, sich zu verkleiden. Im Gegenteil: Der Träger soll sich in seiner Tracht „daheim“ und wohl fühlen!

Wie viel Geld muss man Ihrer Meinung nach in ein Dirndl investieren? Manche Dirndl gehen richtig ins Geld – geht das nicht auch günstiger?

Um die 500 Euro muss man schon rechnen, dazu kommen dann noch die Accessoires, ein Jäckchen oder eine Stola, dann noch die Schuhe. Ich empfehle nicht, Dirndl vom Discounter oder einer Trachtenbude zu kaufen, oftmals lässt die Qualität und der Schnitt zu wünschen übrig und die Trägerin wird spätestens dann unglücklich in ihrem Dirndl sein, wenn sie andere Frauen in qualitativ hochwertigeren Dirndln sieht.

Muss das sein? So viel Geld auszugeben, wenn man das Dirndl nur ein- oder zweimal im Jahr anzieht?

Das wäre schade, wenn das Dirndl nur zur Wasen- oder Wiesn-Zeit aus dem Schrank käme. Dirndl kann man zu so unsagbar vielen Gelegenheiten tragen. Deshalb sollte man sich beim Kauf Zeit und Muße nehmen. Man sollte auf den Rat einer Freundin oder Verkäuferin hören, ohne sich dreinreden zu lassen. Am Ende soll das Bauchgefühl stimmen: Fühle ich mich wohl? Gefalle ich mir? Kann ich mich gut darin bewegen? Ein Dirndl sollte man so sehr mögen, dass man es gar nicht mehr ausziehen möchte.

Worauf sollte man beim Styling achten?

Beim Binden der Schürze sollte man sorgfältig sei. Die Trägerin sollte darauf achten, dass die Bänder glatt um die Taille gelegt sind und keine Falten werfen. Bei der Schleife sollte man sich besonders Mühe geben. Wenn sie gebunden ist, muss man sie noch schön zurechtzupfen, sodass die „Ohren“ aufrecht stehen. Hängende, lieblos gebundene Schleifen sind ein No-Go. Mein Tipp: Mit Seidenschürzen kann man die schönsten Schleifen hinbekommen. Und wenn die Schürze zwei Zentimeter über dem Dirndlsaum endet, sitzt sie perfekt.

Wo die Schleife sitzt, sendet das wirklich ein Signal über den Beziehungsstatus?

Ja. Bindet die Trägerin die Dirndl-Schleife rechts, dann heißt dies, dass sie vergeben ist. Sitzt die Schleife links, signalisiert die Dame damit, dass sie noch zu haben ist und einem Flirt durchaus offen gegenübersteht. Die Schleife mittig oder hinten gebunden – das ist einfach ein modischer Fauxpas.

Viele mögen keine Sneaker zum Dirndl – sind Sie da auch streng?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich tendiere auch beim Dirndl zu Stilbrüchen – wenn sie sich schön einfügen. Sneaker mit hohen, dicken oder breiten Sohlen passen in der Regel nicht zum Dirndl.

Jetzt haben wir nur über die Frauen gesprochen. Was tragen denn die Herren auf dem Wasen oder der Wiesn?

Ganz klassisch: Lederhose. Die ist aus Hirsch- oder Veloursleder und endet gerne rund ums Knie. Dazu kombiniert der Herr ein weißes Hemd mit Trachtenknöpfchen oder setzt auf Karo – Weiß-Blau, Weiß-Grün oder Weiß-Rosé sind immer schön. Wer modisch mutiger ist, darf auch ein T-Shirt oder Polohemd zur Lederhose tragen. Hosenträger machen immer eine gute Figur, sind aber kein Muss.

Und dazu?

Ein Trachtenjanker ergänzt das Outfit schön, aber auch ein Cardigan oder eine Lederjacke gehen gut, sogar eine Jeansjacke oder einen Hoodie darf man kombinieren. Als Schuhwerk passt der traditionelle Haferlschuh zur Männer-Tracht gut, ein passender Sneaker ist auch erlaubt. Auf keinen Fall gehen aber die Lederschuhe aus dem Büro – das wäre ein absolutes No-Go. Stilvoll abgerundet wird der Look mit Accessoires wie einem Nicki-Tuch, einem Charivari (bayerische Schmuckkette) oder einem Ranzengürtel.

Bitte was? Das müssen Sie erklären!

Ein Ranzengürtel ist ein breiterer Schmuck-Gürtel, der auf Höhe des „Ranzen“, dem bayerischen Bauch, getragen wird. Der Gürtel ist nicht zum Hose festhalten gedacht – er ist ein echtes Trachten-Schmuckstück.

„Personal Shopperin“ und Dirndlexpertin

Zur PersonSonja Grau arbeitet in Senden in Bayern als „Personal Shopperin“. Das Interesse an Mode, sagt sie, sei ihr „quasi in die Wiege gelegt worden“. Grau stammt aus einer Familie, die mit Mode zu tun hatte und war schon als Kind auf vielen Modemessen. Trachtenmode habe sie „schon immer in den Bann gezogen.“

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Erstellt:
19. September 2024, 14:00 Uhr

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