Garfunkel & Garfunkel: „Father And Son“
„Ich folge gern den Vorstellungen meines Sohnes“
Art Garfunkel hat mit seinem ältesten Sohn Art Garfunkel Jr. ein Duett-Album aufgenommen. Ein Gespräch über das Herz der Platte und ein mögliches Revival mit Paul Simon.
Von Steffen Rüth
Der große Art Garfunkel (83) hat ein Duett-Album mit seinem ältesten Sohn, Art Garfunkel Jr. (33), aufgenommen. Es heißt „Father And Son“. Die Stimmen der beiden harmonieren bei den handverlesenen Liedern aus dem Pop und Jazz früherer Zeiten prächtig zusammen. Wir unterhalten uns per Video mit dem Junior in Berlin und dem Senior in Manhattan. Letzterer hat eine echte Überraschung in petto.
Art Senior, Art Junior, hat sich Cat Stevens schon bei Ihnen gemeldet, um sich über Ihre Version von „Father And Son“ zu unterhalten?
Art Garfunkel Senior: Nein, das hat er noch nicht. Ich kenne ihn recht gut, Cat Stevens ist ein wunderbarer Mensch und ein Freund von mir. Ich habe ihn lange nicht gesehen. Was ist aus ihm geworden, macht er noch Musik?
Ja, er tritt nach wie vor auf, veröffentlicht Alben und lebt die meiste Zeit des Jahres in Dubai.
Senior: Wie schön, das wusste ich gar nicht.
Art Garfunkel Junior: Wie toll wäre es, wenn mein Vater und Cat Stevens mal etwas zusammen singen würden?
Vielleicht möchten Sie ihn mit diesem Lied ja locken.
Junior: Für mich war es von großer Bedeutung, dass „Father And Son“ auf unser Album kommt. Der Song ist das Herz dieser Platte, deshalb heißt sie auch so. Ich denke, das Stück fasst auf wirklich grandiose Weise zusammen, was für eine Beziehung mein Vater und ich haben. Er gab mir schon früh die Zutaten und die emotionale Unterstützung, so dass ich der Mensch wurde, der ich sein will. Meine Mutter und er, sie haben mich immer unterstützt. Mein Vater hat mich meine Träume ausleben lassen. Danke, Vater.
Senior: Gerne, Sohn. Du hast das Geschenk deiner Stimme. Ich bin glücklich, dass du so viel daraus gemacht hast.
Art, wie haben Sie die Stimme Ihres Sohnes in seiner Kindheit erlebt?
Senior: Er sang schon mit zwei Jahren. Ich weiß noch, wie wir gemeinsam „Feelin‘ Groovy“ (auch bekannt als „The 59th Street Bridge Song“) zusammen gesungen haben. Mein Sohn schaffte es immer bis zu den ganz hohen Noten. Auch meine Frau Kim ist Sängerin. Wir waren einmal in Japan für ein Konzert, und da kam Junior zum Soundcheck auf die Bühne und sang in ein Mikrofon. Damals war er vier.
Junior: Ich kann mich noch erinnern, dass meine Stimme plötzlich sehr laut war. Ich fand das total klasse. Später war ich oft mit dabei, wenn mein Vater in Deutschland auftrat. Nach dem Ende der DDR war dort das Bedürfnis nach westlicher Musik sehr groß. Seither habe ich so eine Wärme in meinem Herzen, wenn ich an Deutschland denke.
Sie haben auch die deutsche Sprache gelernt und sind mit 16 zuhause nach Deutschland gegangen. Fanden Ihre Eltern das in Ordnung?
Junior: Ich hatte gute Freunde in Deutschland und wusste, dass ich dort Unterstützung bekommen würde. Ich war immer ein guter Junge. Niemand, bei dem sich die Eltern Sorgen machen mussten. Meine Eltern vertrauten mir. Ich hatte nur sehr viel Wanderlust in mir, ich wollte eine neue Welt sehen und entdecken. Deutschland erschien mir eine gute Option zu sein, um meinen Forschergeist zu befriedigen. Ich hatte dann auch meine erste Freundin in Deutschland und blieb hängen.
Sie haben zwei erfolgreiche Schlageralben auf Deutsch aufgenommen.
Junior: Ich will der Welt zeigen, wie schön und wie musikalisch die deutsche Sprache sein kann. Das ist meine Mission. Ich will Deutsch singen, so lange ich lebe.
Art Senior, haben Sie mithilfe der Songs Ihres Sohnes Deutsch gelernt?
Senior: Nein, das habe ich leider nicht. Ich möchte lieber weiterhin auf Englisch singen.
Wanderlust ist auch für Sie ein Stichwort. Sie sind durch Japan, ganz Europa und die gesamten USA gewandert.
Senior: Ja, das bin ich. Morgens immer ganz früh los und dann dreißig Kilometer, jeden Tag. Ich wollte die Welt zu Fuß kennenlernen. Ich bin vom Westen Irlands bis nach Istanbul gelaufen, durch ganz Frankreich, am Matterhorn vorbei, durch Italien und Griechenland. Ich bin immer so zwei Mal pro Jahr gewandert, jeweils etwa vierzehn Tage. 2015 kam ich schließlich in Istanbul an.
Wie oft sehen Sie beiden sich?
Junior: Ich besuche meinen Vater ungefähr alle zwei Monate in New York. Wir sprechen aber fast jeden Tag zusammen am Telefon.
Wer hatte die Idee zum Duett-Album?
Junior: Das war ich. Mein Vater tauchte ja bereits als Gast auf meinen Schlageralben in deutscher Sprache auf. Meine Idee war es, unsere Arbeitsbeziehung auf die nächste Ebene zu heben und ein Projekt komplett in Englisch und mit unseren liebsten Welthits umzusetzen. Ich bin wirklich glücklich und meinem Vater dankbar, dass er bereit war, mitzumachen. Später einmal sollen die Menschen sagen: „Art Garfunkel und Art Garfunkel Jr. waren eine Gruppe, und sie waren gut“.
Senior: Ich folge gern den Vorstellungen meines Sohnes. Wir haben das Album in New York aufgenommen, zusammen mit dem Produzenten Felix Gauder aus Stuttgart.
Sie singen ältere Stücke wie „Blackbird“ von den Beatles oder Don McLeans „Vincent“, aber auch Hits aus den Achtzigern, darunter „Here Comes The Rain Again“ von The Eurythmics sowie „Time After Time“ von Cyndi Lauper.
Senior: „Time After Time“ ist eines meiner Lieblingslieder. Ansonsten war ich eher für die Einflüsse aus den Vierzigern bis zu den Sechzigern zuständig, weil ich finde, dass die Musik danach, bis auf einige Ausnahmen wie Fleetwood Mac oder Steely Dan, nicht mehr so spannend war.
Mit „Old Friends“ ist auch ein Song von Simon & Garfunkel mit dabei.
Junior: Ich liebe dieses Lied besonders. Es hat so eine wunderbare melancholische Melodie und einen nachdenklichen Text. Und in den gut dreißig Jahren, die ich jetzt auf der Welt bin, sind mein Vater und ich zu wirklich guten, engen Freunden geworden.
Hat Paul Simon die Version gehört?
Senior: Nein, noch nicht.
Paul Simon und Sie waren Schulfreunde, die, erst als Tom & Jerry die Everly Brothers kopierten und später eine Weltkarriere starteten. Über die Jahre gab es mehrere Wiedervereinigungen, aber auch Zwietracht. Haben Sie Kontakt?
Senior: Bis vor wenigen Wochen hätte ich noch „nein“ gesagt. Wir hatten uns bestimmt seit zehn, fünfzehn Jahren nicht gesehen und nicht gesprochen. Aber dann, im Oktober, kam es zu einem Wiedersehen zwischen Paul und mir. Ihn zu sehen, hat meine Seele sehr bewegt und mich tief berührt.
Wie kam es dazu?
Senior: Seine Ex-Frau zieht in das Hotel, das ich als Tonstudio benutze, und so war klar, dass wir uns über den Weg laufen würden, und so kam es auch. Wir verabredeten uns zu einem Mittagessen, bei dem wir lange miteinander gesprochen haben. Auch darüber, was damals falsch gelaufen war zwischen uns. Ich denke, wir haben alle Probleme ausräumen können. Ich habe ein sehr angenehmes Gefühl, was diese Begegnung betrifft.
Treffen Sie sich jetzt wieder öfter?
Senior: Mal sehen, wo es hinführt. Ich würde mir wünschen, dass Paul mir, so wie früher, wieder die Musik vorspielt, an der er arbeitet. Und ich würde ihn ermuntern, ihn spüren lassen, was seine Musik für eine Kraft hat. Und dann, ehe wir uns versehen, sitzen wir wieder im Probenraum zusammen.
Können Sie sich vorstellen, wieder mit Paul Simon Konzerte zu spielen?
Senior: Die Frage richtet sich eher an Paul. Er hat Probleme mit dem Hören. Aber ich würde sehr gern versuchen, ihn zu motivieren, es zu versuchen. Ich vermisse das Adrenalin, das sich bildet, wenn ich mit Paul auftrete.