„Ich will für meine Themen kämpfen“
Bundestagswahl 2021: Erst 2019 ist David-Sebastian Hamm in die FDP eingetreten. Nun kandidiert der Eventmanager im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd für einen Sitz im Bundestag. Seine Hauptthemen sind die Förderung der sozialen Marktwirtschaft und Bildung.
Von Kristin Doberer
Rems-Murr. Wer sich die Daten zu David-Sebastian Hamms Laufbahn bei den Freien Demokraten (FDP) anschaut, könnte kurz ins Stutzen kommen. Gerade mal zwei Jahre in der Partei und jetzt kandidiert er im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd schon für einen Sitz im Bundestag? Ging ihm das nicht etwas zu schnell? „Überhaupt nicht“, lacht der 44-Jährige. Liberale Politik spielt in seinem Leben nämlich schon deutlich länger eine durchaus wichtige Rolle. Angefangen am Küchentisch der Familie. „Meine Eltern waren selbstständig, da wurde am Tisch immer über tagesaktuelle Politik diskutiert, auch mal kontrovers“, sagt Hamm. Auch heute noch sei Politik bei fast allen Familienfeiern ein großes Thema. „Da habe ich früh auch eine gewisse Streitkultur gelernt. Aber eine, die nie im Bösen endet. Das war für mich sehr prägend.“
Auch wenn er der FDP lange nicht beigetreten ist, ist seine Kandidatur nicht seine erste Wahlkampferfahrung für die Partei. So half er seinem damaligen Chef und dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Hartfrid Wolff mehrmals bei dessen Wahlkampf. „Eigentlich hat er damals nur gefragt, ob ich ein Fahrzeug hab, um die Wahlplakate zu transportieren. Und dann habe ich den Bully von meinem Vater ausgeliehen und ihm einfach direkt in Fellbach mit dem Plakatieren geholfen“, erinnert sich Hamm. Das sei auch sein erster direkter Kontakt zur Remstaler FDP gewesen. Seitdem sei er der FDP treu geblieben, auch wenn er lang kein Mitglied wurde. „Das lag einfach an der Lebensplanung: nebenbei noch ein Studium angefangen, dann kamen die Kinder und ein Haus“, erinnert er sich. Trotzdem hat er die FDP zum Beispiel auch im Europawahlkampf und Jochen Haußmann bei der Landtagswahl unterstützt. Basisarbeit sei ihm also nicht fremd. „Von Plakatieren bis zu vier Stunden in der Kälte am Stand stehen und Leute überzeugen, dass wir die Richtigen sind“, erzählt Hamm.
Viele Themen für den Wahlkampf zieht er aus dem eigenen Alltag
Erst Anfang 2019 trat er dann tatsächlich in die Partei ein. „Ich habe gesagt: Jetzt wird’s Zeit, weil mir stinkt das so langsam.“ Er habe das Gefühl – sowohl in der täglichen Arbeit als auch bei der Dozententätigkeit –, dass es mittlerweile für alles und jeden eine Vorschrift gibt. „Das bläst einen Bürokratieapparat auf, dass einem schlecht wird“, sagt Hamm. Gerade bei der Organisation von Events kämpfe er immer wieder mit den Vorschriften zum Beispiel für ausländische Künstler oder Gema, die in den Nachbarländern nicht so bürokratisch seien.
Ein weiteres Thema, das ihn bewegt, ist die Bildung. Zum einen liegt das daran, dass er selbst an mehreren Wochenenden im Monat als Dozent für verschiedene private Bildungsträger rund um den Bereich Wirtschaft tätig ist. „Das mache ich mit absoluter Hingabe und Freude. Da kann ich jungen Menschen die Wirtschaft näherbringen“, beschreibt er. Deshalb hat er für das Treffen mit der Zeitung auch die C+M Akademie in Fellbach vorgeschlagen. Das sei ein Ort, an dem man ihn sehr häufig treffe und an dem er sich zudem gerne aufhält.
Zum anderen sehe er auch bei seinen Kindern, womit sich die Digital Natives beschäftigen. „Und das muss man noch viel mehr fördern. Gerade zum Beispiel im Kreativbereich, da hängt Deutschland ganz schön hinterher.“ Auch die Forschung müsse viel stärker unterstützt werden. „Viele Forscher gehen in die USA, weil es dort höhere Forschungsgelder gibt“, sagt Hamm. Dabei sei laut Hamm gerade die Weiterentwicklung von Technologien unglaublich wichtig, um die Probleme der Zukunft anzugehen. Energiehunger, Chancengerechtigkeit, Klimawandel – um diese Herausforderungen zu lösen, plädiert Hamm für mehr Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft und den deutschen Erfindergeist. „Das Know-how ist da. Ich bin mir sicher, dass wir damit die Probleme lösen können. Aber mit Bürokratie lösen wir sie sicher nicht“, sagt der 44-Jährige. Schon ein Jahr nach seinem Eintritt in die Partei wurde er im Vorstand des Kreisverbands Rems-Murr als Beisitzer aufgenommen. Außerdem ist er seit 2019 Gründungsmitglied und stellvertretender Vorstand des Liberalen Mittelstands Rems-Murr (LIM).
Trotz jahrelanger Erfahrung als Wahlhelfer sei der eigene Wahlkampf natürlich noch mal anders. Viel unterstützt werde er dabei von Jochen Haußmann, dem Vorsitzenden des Kreisverbands. Als Landtagsabgeordneter sei dieser ein guter Türöffner und habe ihm schon viele Kontakte vermittelt. Außerdem sporne er ihn auch im eigenen Wahlkampf sehr an.
Seine Chancen für die Bundestagswahl will er realistisch einschätzen und sagt: „Man muss dafür kein Mathegenie sein: Dass das vermutlich nicht klappt, ist relativ sicher.“ Aktuell steht er auf Platz 32 auf der Landesliste der FDP. Das heiße aber nicht, dass er sich im Wahlkampf nicht voll einsetzen will. „Ich mache das, um für die Sache und für meine Themen zu kämpfen.“ Auf so mancher Wahlveranstaltung habe er es auch schon geschafft, seine Themen, zum Beispiel bei Podiumsdiskussionen mit Kandidaten anderer Parteien, deutlich mehr ins Scheinwerferlicht zu rücken. „Zudem mache ich die Kandidatur auch, um mich persönlich weiterzuentwickeln.“ Für ihn sei das eine Zeit, in der er unglaublich viel lerne. Und auch hier wird er den Dozenten in sich nicht ganz los. Die Erfahrungen im Wahlkampf und Strategien, zum Beispiel das beste Vorgehen bei den Wahlplakaten, wolle er genau dokumentieren und dann an nachfolgende Kandidaten weitergeben.
Der Wahlkampf im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd gestaltet sich für Hamm als schwer bespielbar. Typische Wahlkampfveranstaltungen seien zum einen durch Corona fast nicht zu organisieren. Ein weiterer Grund ist die Größe des Wahlkreises mit seinen vielen kleinen Orten und Teilorten. „Trotzdem will ich aber jeden im Wahlkreis erreichen“, sagt Hamm. Gerade in Backnang hat es mit dem Aufhängen der Wahlplakate aber etwas gedauert. „Ich bin ja noch voll berufstätig und mein Arbeitstag hat – gerade bei Events – auch mal mehr als acht Stunden.“ Zwar sei sein Arbeitgeber sehr entgegenkommend, aber trotzdem sei er eben kein vollberuflicher Politiker. Noch dazu kommt in Backnang die schwierige Situation des FDP-Ortsverbands Backnanger Bucht. Das Ausschlussverfahren gegen mehrere Mitglieder des Ortsverbands, unter anderem Gudrun Wilhelm, befindet sich noch immer in der Schwebe. Auch deshalb habe sich Hamm viele Kontakte und Wahlhelfer in Backnang selbst gesucht und neue Kontakte geknüpft. „Eine digitale Wahlwerbung gab es dafür in Backnang schon sehr früh“, ergänzt er. Schließlich sieht er in der Digitalisierung einen wichtigen Baustein für eine wirtschaftliche Zukunft. „Und wir wollen ja mit gutem Beispiel vorangehen.“
David-Sebastian Hamm (FDP),über Vertrauen in den deutschen Erfindergeist und den „aufgeblasenen“ Bürokratieapparat „Ich bin mir sicher, dass wir die Probleme der Zukunft lösen können. Aber das geht sicher nicht mit Bürokratie.“
Schule und Studium Geboren ist Hamm 1977 in Esslingen, aufgewachsen ist er in Lorch. Hier ging er auch zur Realschule. Im Anschluss besuchte er das Wirtschaftsgymnasium in Göttingen. Dann leistete Hamm seinen Wehrdienst und begann anschließend sein Studium der Betriebswirtschaft in Mannheim. Aus familiären Gründen vollendete er das Studium an der FH in Stuttgart und half nebenbei auch im Familienbetrieb aus. Später absolvierte er berufsbegleitend noch einen Master im Bereich Marketingmanagement in Berlin, Mailand und New York.
Beruf David-Sebastian Hamm stieg 2004 beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG ein und übernahm den Bereich Eventmanagement. Außerdem arbeitet er seit 2018 als Dozent für mehrere freie Bildungsträger in der Region, zum Beispiel bei der C+M Akademie, und lehrt dort verschiedenste Wirtschaftsthemen.
Familie und Freizeit Der 44-Jährige wohnt aktuell in Schorndorf und hat zwei Kinder. Eine 13-jährige Tochter und einen 11-jährigen Sohn. In seiner Freizeit besucht er mit seinen Kindern gerne Freizeitparks, er spielt außerdem Gitarre und hat eine stolze Sammlung von 19 Gitarren zu Hause. Auch spielt er mit seinem Sohn Schlagzeug und rudert seit Kurzem regelmäßig.
Partei In die FDP ist David-Sebastian Hamm zwar erst 2019 eingetreten, doch schon zuvor unterstützte er lokale Politiker wiederholt beim Wahlkampf und brachte sich auch als Nichtmitglied in die Analysen nach einer Wahl mit ein. 2020 wurde er Mitglied im Kreisvorstand Rems-Murr, 2021 tritt er im Wahlkreis Backnang/Schwäbisch Gmünd für die FDP an.