„Ich will meiner Familie mehr Zeit widmen“
Bürgermeisterwahl Auenwald: Karl Ostfalk nimmt seinen Hut ohne Frust. Gemeinderäte und Bürgermeisterkandidaten sind überrascht über seinen Rückzug, zollen ihm aber großen Respekt. Begrüßt wird die Kandidatur der Hauptamtsleiterin Yvonne Bader.
Von Florian Muhl
AUENWALD. „Ich hab’ für mich die Entscheidung getroffen, mehr Zeit und damit viel mehr Aufmerksamkeit meiner Familie zu widmen. Dass dies notwendig ist, hab’ ich in den vergangenen Wochen und nicht erst in den vergangenen Tagen gespürt“, kommentiert Karl Ostfalk seinen Rückzug nach der Bürgermeisterwahl am Sonntag. Vor lauter Euphorie für die Aufgaben, um Auenwald weiter zu entwickeln, habe er nicht sensibel genug in seine Familie hinein gehört. „Martina, Max und Mara haben einfach viel mehr Zuneigung und damit auch mehr Zeit von mir verdient“, so der 62-Jährige gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Und er stellt fest: „Das ist der einzige Grund, die Familie. Nichts anderes werden Sie von mir hören oder lesen.“
Ostfalk hatte die dritte Amtsperiode fest im Auge. „Ich bin ja angetreten, um zu gewinnen.“ Das Ergebnis kommentiert er jetzt so: „Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe, aber immer noch 50 Prozent mehr als Bacher und 36 Prozent mehr als Ernst.“ Der Verwaltungschef dankt seinen mehr als 1500 Wählern für diese Anerkennung. „Über 1500 Stimmen ist ja nicht nichts. Ich leide ganz sicher nicht an Selbstüberschätzung, aber das Ergebnis zeigt, dass ich nicht alles falsch gemacht hab’, sicher auch nicht alles richtig. 60 Prozent haben andere Kandidaten gewählt, das muss man einfach respektieren.“ Er mache jetzt noch zwei Monate seine Arbeit mit gleichem Engagement. „Auenwald ist vorne“, so Ostfalk. Der Rathauschef stellt fest: „Da ist keine Enttäuschung, kein Groll, ich bin nicht frustriert.“
Über die Chancen seiner Hauptamtsleiterin Yvonne Bader im zweiten Wahlgang sagt Ostfalk: „Jede andere Stadt und Gemeinde wäre froh, wenn sie jemand hätte mit der Qualifikation. (...) Sie hat ein Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen und nicht irgendwo beim Finanzamt. Also ein Paradebeispiel für jemanden, den normalerweise die Damen und Herren Gemeinderäte oder auch Bürgermeister suchen.“ Ostfalk ergänzt: „Gewünscht ist offensichtlich weiblich, jung, und nicht männlich, älter, von den Fraktionen. Jetzt haben wir eine weibliche und junge Kraft, die darüber hinaus genau die Voraussetzungen mitbringt, die jeder Gemeinderat sich wünscht. Wenn ich mich nicht beworben hätte, hätten die gesagt: Ja, genau die Kandidatin haben wir uns vorgestellt.“
Wie schätzen die Fraktionen und die Kandidaten die aktuellen Ereignisse vor dem zweiten Wahlgang in Auenwald am 28. März ein? „Über den Rückzug von Herrn Ostfalk waren wir sehr überrascht“, bekennt Barbara Hirzel. „Wir haben mit diesem Schritt nicht gerechnet, respektieren jedoch seine Entscheidung“, so die Fraktionssprecherin der Bürgerlichen Wählervereinigung weiter. Zur neuen Kandidatin sagt Hirzel: „Frau Bader ist eine sehr kompetente und engagierte Hauptamtsleiterin.“ Auenwald liege ihr sehr am Herzen. „Mit vielen neuen Ideen möchte sie die Zukunft der Gemeinde gestalteten“, sagt die BWA-Sprecherin, und weiter: „Aufgrund ihrer langjährigen Verwaltungstätigkeit im Unterbrüdener Rathaus bringt sie als studierte Diplomverwaltungsfachwirtin hierfür sehr gute Voraussetzungen mit.“
„Wir sind über die aktuelle Entwicklung selbst sehr überrascht“, sagt Nicole Birkenbusch (Neue Liste Auenwald.) „Dass sich das Bewerberfeld in dergestalt neu durchmischen würde hätten wir nicht erwartet“, so die Fraktionssprecherin weiter. Nun hätten die Bürger das Sagen und könnten entscheiden, wen sie als neue Führung im Rathaus haben möchten. „Unsere Haltung hat sich seit Sonntagabend diesbezüglich nicht verändert“, endet die Stellungnahme der NLA.
Ist Franz Karl Matyas überrascht vom Rückzug des Bürgermeisters? „Absolut, hatte ich nicht erwartet. Respekt vor dieser Entscheidung“, sagt der Fraktionssprecher der Unabhängigen Wählergemeinschaft Auenwald. Die Bewerbung der Hauptamtsleiterin hatte er persönlich ebenfalls nicht erwartet. „Klar kann man sich fragen, warum erst jetzt? Nur weil Herr Ostfalk zurückgezogen hat? Vielleicht ist es auch jetzt der einfache Weg.“ Jetzt beginne das Spiel bei Null für alle Beteiligten. Und das bedeutet: „Chance für alle.“ Die Wahlbeteiligung werde wahrscheinlich zurück gehen. Und das Ergebnis? „Ausgang völlig offen. Auenwald ist immer für eine Überraschung gut“, sagt Matyas.
„Wir hatten nicht erwartet, dass Herr Ostfalk zurücktritt, sondern den zweiten Wahlgang mit knapper Mehrheit gewinnen wird“, kommentiert Wolfram Gruner die Ereignisse. „Sein Rückzug nach dem schlechten Wahlergebnis ist aber ein Zeichen menschlicher Größe, das wir sehr zu würdigen wissen“, sagt der Sprecher der Freien Wählervereinigung Auenwald weiter. Auch durch die Bewerbung Yvonne Baders sei eine völlig neue Situation entstanden, sodass der Ausgang der Wahl nun mehr denn je offen sei. „Das Wahlergebnis hat aber gezeigt, dass der Wählerwille mehrheitlich einen Neustart an der Verwaltungsspitze wünscht. Die Wähler stehen nun wieder vor der Entscheidung wie die Neuausrichtung der Gemeindeverwaltung künftig auszusehen hat.“
„Ja, mich hat das schon sehr überrascht, dass Herr Ostfalk nun zurückzieht“, sagt auch Kai-Uwe Ernst. „Andererseits ist das nur die logische Schlussfolgerung nach dem Wahlergebnis am vergangenen Sonntag und aufgrund der Tatsache, dass sich die Mehrheit des Gemeinderates sich zu mir bekannt hat“, analysiert der 26-jährige Finanzwirt, der beim ersten Wahlgang mit 1107 (30,2 Prozent) die zweitmeisten Stimmen erhalten hatte. Ernst sagt auch: „Die Entscheidung von Herrn Ostfalk verdient Respekt.“ Weniger überrascht habe ihn die neue Kandidatin: „Die Bewerbung von Frau Bader war nach dem Rückzug von Herr Ostfalk durchaus zu erwarten.“ Auf seinen Wahlkampf habe die neue Bewerberlage keinen Einfluss. „Ich werde nach wie vor Präsenz zeigen vor Ort, das persönliche Gespräch mit den Bürgern suchen und in den kommenden Tagen meine Wahlplakate aufhängen.“ Die Wahlen würden nun ganz neue Fahrt aufnehmen und es bleibe spannend. Ernst rechnet mit einer Wahlbeteiligung von etwa 50 Prozent und „mit einem positiven Ausgang für mich“.
„Landtagswahl können alle“, kommentiert Matthias Bacher. „Aber Bürgermeisterwahl – da lassen wir’s in Auenwald so richtig krachen. Treten doch kurz vor Anmeldeschluss zwei Herausforderer auf die Bühne. Und die heizen so richtig ein. Mit dem Ergebnis, dass der Amtsinhaber seine Kandidatur zurückzieht. Alle Achtung, Respekt und Hut ab“, sagt der 58-jährige Maschinenbauingenieur. Genau diesen Hut nehme die neue Herausforderin in die Hand und werfe ihn zurück in den Ring. „Überrascht? Nein, das riecht nach Plan B oder auch Machterhalt“, meint Bacher. Er stellt für sich fest: „Veränderung die die Gemeinde braucht, sieht anders aus.“ Der Mittelbrüdener werde weiterhin „direkt, ehrlich und transparent“ seinen Wahlkampf führen, eben bürgernah. „Nur so einen Bürgermeister hat Auenwald verdient.“ Sein Fazit: „Ich wünsche mir daher einen klaren Bürgermeisterauftrag der Wählerinnen und Wähler am 28. März für mich.“
„Gewünscht ist offensichtlich weiblich, jung, und nicht männlich, älter.“
Karl Ostfalk, Bürgermeister in Auenwald