Illegale Waffen straffrei abgeben
Amnestie endet am 1. Juli – Schreckschusswaffen sind zwar „erlaubnisfrei“, aber dennoch sehr gefährlich
Jetzt endet die Frist: Nur noch bis 1. Juli bleibt straffrei, wer freiwillig illegale Waffen oder Munition abgibt. Seit einem Jahr nutzen Waffenbesitzer die Gelegenheit rege. Waffenbehörden lassen jedes Jahr jede Menge scharfe Waffen, Luftgewehre, Schreckschusspistolen, Schlagstöcke und Butterflymesser vernichten. Ein Samurai-Schwert war jüngst auch dabei.

© Gabriel Habermann
Waffenbesitz ist streng geregelt. Das Gesetz erfordert eine spezielle Erlaubnis, die auch laufend kontrolliert wird. Foto: G. Habermann
Von Andrea Wüstholz
WAIBLINGEN. Kein Mensch kann wissen, wer wo wie viele Waffen lagert, obwohl er das nicht darf. Die Zahl der Rückgaben seit Juli 2017 lässt ahnen: Es sind nicht wenige. Seit Beginn der Amnestie sind allein bei der Waffenbehörde am Landratsamt 57 Waffen abgegeben worden, die illegal im Besitz der Betreffenden waren. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Waffen, die bei entsprechenden Behörden der Großen Kreisstädte eingegangen sind: Sie betreiben eigene Waffenbehörden; das Landratsamt ist in diesem Feld nur für einen Teil des Rems-Murr-Kreises zuständig.
Nach dem 1. Juli wird vermutlich niemand mehr freiwillig Waffen abgeben, die er illegal besitzt. Unerlaubten Besitz von Waffen und Munition ahnden Gerichte – je nach Fall – mit Geld- oder gar Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.
Behörden überprüfen regelmäßig die Eignung der Waffenbesitzer
Längst nicht jeder Waffenbesitzer führt Böses im Schilde. Die Amnestie war auch gedacht für Menschen, die Waffen geerbt oder sie in verborgenen Schränken gefunden haben. Ein Erbe ist dann zwar auf legale Art und Weise an die Waffe gelangt – aber behalten darf er sie noch lange nicht. Waffenbesitz erfordert laut Gesetz eine spezielle Erlaubnis, und die Behörden müssen regelmäßig überprüfen, ob Waffenbesitzer zuverlässig und geeignet sind, mit solch gefährlichen Gegenständen zu hantieren.
Die Waffenbehörden holen Auskünfte ein, etwa beim Bundeszentralregister, beim staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und bei der örtlichen Polizeidienststelle. Sollten die Prüfer bezweifeln, dass eine Waffe beim entsprechenden Besitzer in guten Händen ist, können sie ein ärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis verlangen.
Beanstandungen gibt’s bei Waffenkontrollen immer wieder vor allem aus einem Grund: Die Waffen sind nicht vorschriftsmäßig aufbewahrt oder Munition und Waffe sind nicht wie vorgeschrieben getrennt gelagert.
Wer seine Waffe unabhängig davon, ob er sie legal oder illegal besitzt, abgeben möchte, legt sie während der Fahrt besser nicht ins Handschuhfach. „Die Waffen müssen in verschlossenen Behältnissen transportiert werden“, informiert das Landratsamt, und rät: Bei Unsicherheit lieber vorher beim Amt anrufen und nachfragen, wie der korrekte Ablauf ist. Die Waffenbehörde bietet sogar an, jemanden vorbeizuschicken, der Waffen und Munition abholt.
Bei den Großen Kreisstädten läuft das ganz genauso. Die Bürger müssen sich an die Waffenbehörde ihrer Heimatstadt wenden, denn die Großen Kreisstädte unterhalten eigene Waffenbehörden. Allein bei der Stadt Waiblingen sind dieses Jahr bereits 22 Kurz- und sieben Langwaffen, ein Schlagstock und ein verbotenes Messer abgegeben worden. Bei 16 dieser Waffen handelte es sich um Exemplare, für die der Besitzer keine Erlaubnis braucht, so Werner Nußbaum, Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste. Als „erlaubnisfrei“ bezeichnen Behörden jene Art Waffen, die man kaufen und besitzen, aber nicht in der Öffentlichkeit mit sich herumtragen darf, sofern man keinen Waffenschein besitzt. In diese Kategorie fallen beispielsweise bestimmte Arten von Schreckschusswaffen. Unter den 270 Waffen und Gegenständen, die seit Juli 2017 beim Landratsamt abgegeben wurden, waren 24 Schreckschussrevolver und 26 Schreckschusspistolen.
Auch wenn es sich nicht um illegale Waffen handelt: Der Gasstrahl aus einer Schreckschusswaffe „kann durchaus die Zerstörungskraft echter Munition haben“, heißt es auf den Internetseiten der Freien Universität Berlin: „Werden Schreckschüsse mit angesetzter Mündung oder aus wenigen Zentimetern Entfernung abgegeben, ist mit schwersten und unter Umständen sogar tödlichen Verletzungen zu rechnen.“
Manch ein Bürger gibt seine Waffe auch ab, obwohl er das – noch – gar nicht müsste. Das Alter könnte ein Grund sein. Oder jemand überlässt die Waffe dem Amt, „weil die Waffenbehörde den Betreffenden die Waffenbesitzkarte ansonsten wegen fehlender Zuverlässigkeit, mangelnder Aufbewahrung oder Bedürfniswegfalls widerrufen hätte“, erklärt Nußbaum. Früheren Angaben zufolge sind allein im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts mehr als 10000 Waffen registriert. Nach dem Amoklauf 2009 in Winnenden entbrannte eine erbitterte Diskussion pro und kontra Verschärfung des Waffengesetzes. Es kam zu strengeren Vorschriften – aber längst nicht in dem Ausmaß, wie es die Befürworter strengerer Gesetze gern gesehen hätten.
Bürger haben seit Juli 2017 insgesamt 270 Waffen und Gegenstände freiwillig bei der Waffenbehörde des Landratsamts ab- und damit zur Vernichtung freigegeben. 57 davon waren illegal im Besitz derjenigen, die sich von ihnen trennten.