Im Bibber-Becken macht das Spenden Spaß

Wie viel Freude es bereitet, zusammen etwas Verrücktes zu tun, wird beim Kinderhospiz klar: Mit jeder Minute im Eiswasser steigt die Spendensumme.

Jede Minute in der Tonne zählt: Gute Stimmung bei etwa zwei Grad.  Die Stoppuhr läuft: Der Student Silas Bairinger (rechts) und der Schreiner Nils Skarek bleiben  42 Minuten im Eiswasser – Rekord!

© /Lichtgut/Ferdinando Iannone

Jede Minute in der Tonne zählt: Gute Stimmung bei etwa zwei Grad. Die Stoppuhr läuft: Der Student Silas Bairinger (rechts) und der Schreiner Nils Skarek bleiben 42 Minuten im Eiswasser – Rekord!

Von Uwe Bogen

Stuttgart - Ice, ice, baby! Bei der dritten Ice-Challenge für das Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart ist es im dortigen Garten mit wunderbarer Aussicht auf die Stadt noch voller als in den Vorjahren – und das Wasser ist noch kälter. Vor einem Jahr lagen die Außentemperaturen im zweistelligen Plusbereich. Die Feuerwehr hatte als Initiator noch Eisblocks gekauft, damit die Tonnen halbwegs kalt wurden. Diesmal ist das Wasser, das man am Vortag in die Becken eingefüllt hat, über Nacht zugefroren und wird am Morgen mit dem Hammer aufgeschlagen.

Der Hosen-Hit „Eisgekühlter Bommerlunder“ dröhnt aus den Boxen, während die Mutigen in das etwa zwei Grad kalte Wasser steigen. Wie es sich anfühlt? „Am schlimmsten sind die kalten Zehen“, sagt einer im Bibber-Becken, „ansonsten spür’ ich nix mehr.“ Sein Rat: Schnell reinsteigen, langsam atmen – und schon fühle man sich wie neu geboren.

Die Abmachung gilt: Für jede Minute in der Eistonne zahlt ein Sponsor aus Waiblingen Geld an das Kinderhospiz. Ehrenamtliche Helfer notieren die Zeiten. Am Ende kommen 360 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, denen das Kinderhospiz nun einen Erlös von exakt 52  215 Euro verdankt, auf 4400 Minuten. Ein Spitzenergebnis mit 42 Minuten erzielen der Student Silas Bairinger und der Schreiner Nils Skarek. Die beiden Sportler gehen regelmäßig zum Eisbaden. Das sei gut für den Körper, sagen sie.

Bei Kälte werden Adrenalin und entzündungshemmende Stoffe ausgeschüttet. Zudem empfinden viele das Wärmegefühl, das dank der besseren Durchblutung nach dem Kälte-Kick entsteht, als angenehm. Die Idee zum Frozen Benefiz für das Kinderhospiz stammt vom Berufsfeuerwehrmann Severin Frank. Der 38-Jährige, als Taucher oft im Einsatz, besitzt daheim im Garten eine Regentonne, die er mit Eiswasser füllt und in die er sich täglich vor dem Frühstück hineinsetzt, um seine Immunabwehr zu stärken und um gesund zu bleiben. Inzwischen schwimmt er auch regelmäßig in eiskalten Flüssen. Das Resultat ist beste Gesundheit. Erkältungen kennt er nicht mehr.

Christina Semrau, die Fundraiserin des Kinderhospizes, freut sich, dass jedes Jahr noch mehr Menschen kommen. Die fröhlichsten Frostbeulen der Stadt versammelt sie um sich und trägt mit ihrer Moderation dazu bei, dass sich alle wohlfühlen. Die stationäre Einrichtung in der früheren Villa des französischen Generalkonsulats werde zwar von öffentlicher Hand unterstützt, sagt sie, doch das Geld reiche nicht, damit auch die Eltern und Geschwister bei den erkrankten Kindern übernachten könnten. Mit einer ungewöhnlichen Spendenaktion wie der Ice Challenge wird der Fokus auf dieses wichtige Haus der Hilfe gelegt, was Semrau gefällt.

Zu den 360 Eisbadenden in vier Stunden gesellen sich mindestens doppelt so viele Zuschauer, die als mentale Unterstützer spenden, etwa über großzügige Bezahlung von Paella, Würstchen, Glühwein und Punsch. Die Ice Challenge hat sich als fester Termin im Stadtleben zum Jahresbeginn etabliert. Im Hospizgarten herrscht drangvolle Enge. Wer aus der Tonne steigt, kann sich in einer mobilen Sauna aufwärmen.

Wellen der guten Laune breiten sich bei DJ-Musik aus. Die einen sehen in den Eiswannen entspannt aus, als seien sie im Süden am Meer. Bei anderen wird die Haut immer röter. Die Rettungskräfte haben nichts zu tun: Es werden keinerlei gesundheitliche Probleme gemeldet.

In die Promi-Wanne klettert ein absoluter Eisexperte: Maximilian Mann, der als Dschinni in „Aladdin“ zum Publikumsliebling wurde, arbeitet nun als Künstlerischer Leiter von Disneys „Eiskönigin“. Die Bühne des Apollo-Theaters wird Abend für Abend festgefroren – zumindest zum Schein. Im Hospizgarten ist die Eiseskälte echt. Der „schöne Max“ war vor einem Jahr so begeistert von der Ice Challenge, dass er sich für daheim eine Eistonne zum regelmäßigen Eintauchen gekauft hat.

Diesmal ist seine Frau, die Musicalsängerin Fabiana Denicolo, beim Zittern dabei. Neben ihnen sitzt der frühere VfB-Star Timo Hildebrand, dem gesellschaftliches Engagement wichtig ist und der sich auf vielfältige Weise für ein Miteinander engagiert. „Es tut weh, aber für einen guten Zweck macht man es gern“, sagt der ehemalige Torwart. Winzer Thomas Diehl neben ihm leidet ebenfalls, beißt aber die Zähne zusammen, damit viel Geld zusammenkommt.

Von draußen schaut DJ Robin („Layla“) zu, der gesundheitsbedingt nicht ins Eiswasser kann, aber seit Jahren ein treuer Spender des Kinderhospizes ist. Außerdem dabei: Varieté-Direktor Timo Steinhauer, Influencerin Maritta Krehl, die Sängerin Babs Steinbock und Opernstar Elliott Carlton Hines.

Es ist bitterkalt an diesem Wintertag im Januar – aber trotzdem wird’s vielen warm ums Herz, wenn sie sehen, wie engagiert für den guten Zweck gezittert wird. Gemeinsam ist man stark! Die Nächstenliebe erfriert, wenn alle nur immer an sich selbst denken. Doch im Garten des Kinderhospizes geht die Solidarität unter die Haut.

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Erstellt:
6. Januar 2025, 22:10 Uhr
Aktualisiert:
7. Januar 2025, 21:58 Uhr

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