Mikro-Roboter

Im Roboterschwarm gibt es keine Faulenzer

Ameisen arbeiten kollektiv zusammen, wenn sie einen Ast bewegen wollen. Forschern aus Konstanz gelang so ein Schwarmverhalten nun mit Robotern, die viel kleiner sind als die Insekten.

Ein Algorithmus für maschinelles Lernen ermöglicht es Mikrorobotern (grau, mit blauen Bewegungsspuren), gemeinsam ein längliches Objekt zu bewegen. Dies ist in Gruppen mit unterschiedlich vielen Mikrorobotern möglich..

© Veit-Lorenz Heuthe, AG Bechinger/Universität Konstanz

Ein Algorithmus für maschinelles Lernen ermöglicht es Mikrorobotern (grau, mit blauen Bewegungsspuren), gemeinsam ein längliches Objekt zu bewegen. Dies ist in Gruppen mit unterschiedlich vielen Mikrorobotern möglich..

Von Markus Brauer

Robotikexperten haben einen Weg gefunden, nur wenige Mikrometer große Roboter zu einer guten Kollektivleistung zu bringen. Sie brachten einen Schwarm aus bis zu 200 Robotern dazu, Stäbe zu bewegen und in ein Zielgebiet zu bugsieren. Das berichtet die Gruppe um Clemens Bechinger von der Universität Konstanz in der Fachzeitschrift „Science Robotics“.

Swarms of tiny robots coordinate to achieve ant-like feats of strength"Counterfactual rewards promote collective transport using individually controlled swarm microrobots"Paperhttps://t.co/QAdLFfXRYXNewshttps://t.co/myy2xX6dPqpic.twitter.com/4PEUgfTFEL — Top Science (@isciverse) December 20, 2024

Wie erreicht man gerechte Lastenverteilung?

Wie kann ein Team seine Kräfte optimal zuteilen? Konstanzer Physiker um Clemens Bechinger zeigen eine Lösung anhand eines Mikroroboter-Schwarms.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen mit einer Gruppe von Leuten ein schweres Möbelstück anheben. Die Leistung jedes Einzelnen ist wichtig, aber wie kann man sicherstellen, dass alle ihren Teil dazu beitragen, das Gewicht zu heben? Die Frage nach einer gerechten Lastenverteilung ist nicht nur bei menschlicher Teamarbeit ein kritisches Thema. Auch Roboterschwärme stehen vor diesem Problem.

Bei kollektiven Aufgaben hängt der Erfolg der Gruppe vom Beitrag jedes einzelnen Mitglieds ab. Individuelle Leistung in einer Gemeinschaftsarbeit zu erkennen und zu belohnen ist jedoch keine leichte Aufgabe. Diese Herausforderung wird noch größer, wenn sie im Mikrometerbereich stattfindet, wo Schwärme von winzigen Robotern zusammenarbeiten müssen, um komplexe Aufgaben zu erfüllen.

Wie Roboter-Schwärme synchron interagieren

Eine neue Studie unter Leitung des Konstanzer Physikers Clemens Bechinger hat große Fortschritte für die Lösung dieses Problems gemacht. Die Forschung konzentriert sich auf mikrorobotische Schwärme – winzige Roboter, die durch Laserpunkte gesteuert werden – und auf die Schwierigkeit, jedem Roboter seine Rolle in einer Gruppenaufgabe zuzuweisen.

Ohne ein ausgeglichenes System der Arbeitsverteilung könnten einige Roboter nachlassen, während andere die Aufgabe übernehmen, was die Gesamtleistung des Schwarms beeinträchtigen würde.

Zur Info: Schwarmrobotik ist ein innovatives Feld der Robotik, das sich mit der Entwicklung von selbstständig agierenden Robotern beschäftigt, die in Gruppen koordiniert zusammenarbeiten, ähnlich wie Vögel in einem Schwarm oder Ameisen in einer Kolonie. Diese Technologie ermöglicht es den Robotern, komplexe Aufgaben effizienter und flexibler zu lösen, indem sie sich an verändernde Umgebungen und Situationen anpassen, ohne zentrale Steuerung.

Per Algorithmus gibt es keine faulen Teammitglieder

Um dieses Problem zu lösen, haben die Forscher einen Algorithmus für maschinelles Lernen zusammen mit einer speziellen Methode zur Schätzung des Beitrags jedes Mikroroboters verwendet.

Diese Methode stellt sicher, dass die Leistung jedes einzelnen Roboters erkannt und optimiert wird, um das Problem des „faulen Teammitglieds“ zu vermeiden, das bei kollektiven Aufgaben auftreten kann.

„Diese Forschung war aufgrund der Unvorhersehbarkeit in einem so kleinen Maßstab eine unglaubliche Herausforderung. Aber durch den Einsatz kontrafaktischer Belohnungen konnten wir das Verhalten jedes einzelnen Mikroroboters präzise steuern und sicherstellen, dass der gesamte Schwarm effizient zusammenarbeitet“, sagt Veit-Lorenz Heuthe vom Exzellenzcluster Kollektives Verhalten der Universität Konstanz, der die Experimente durchgeführt hat.

Kontrafaktische Belohnungen

Diese „kontrafaktischen Belohnungen“ bescheinigen jedem einzelnen der Mikroroboter seine Leistung und geben dadurch dem Schwarm Anhaltspunkte, um selbstständig eine bessere Verteilung der Kräfte zu erlernen.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es auch in einem Schwarm von winzigen Robotern entscheidend ist, die individuellen Beiträge zu erkennen und zu optimieren, um die besten Ergebnisse zu erzielen“, erklärt Clemens Bechinger, Leiter der Forschungsgruppe. „Dieser Ansatz steigert nicht nur die Effizienz von Mikroroboterschwärmen, sondern liefert auch Erkenntnisse zur Verbesserung der Teamarbeit in jedem kollektiven System.“

Diese Forschung eröffnet neue Möglichkeiten für den Einsatz von Mikroroboterschwärmen in Bereichen wie Medizin und Umweltüberwachung, in denen eine präzise Steuerung und Koordination unerlässlich ist.

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Erstellt:
30. Dezember 2024, 15:44 Uhr

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