Im schlimmsten Fall droht am Knoten Backnang-Waldrems Enteignung

Das Regierungspräsidium kündigt seit Jahren ein Planänderungsverfahren an, um die B-14-Anschlussstelle Backnang-Waldrems bauen zu können. Dort haben noch nicht alle Eigentümer ihr Einverständnis bekundet, Eingriffe in ihr Gelände zu erlauben.

Kurz vor Waldrems endet der vierstreifige Ausbau der B14. Und das wird wohl noch einige Jahre lang so bleiben. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Kurz vor Waldrems endet der vierstreifige Ausbau der B14. Und das wird wohl noch einige Jahre lang so bleiben. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Der vierstreifige Ausbau der B14 zieht sich Jahr für Jahr in die Länge. Zur Erinnerung: Nachdem der Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2007 gefasst wurde, haben die Verantwortlichen in den Jahren danach immer wieder das Jahr 2026 als Termin für die Fertigstellung genannt. Davon ist längst keine Rede mehr. Inzwischen ist 2030 als Zielhorizont ausgegeben, wobei bei einigen Teilabschnitten selbst dieses heute noch so ferne Datum fraglich scheint.

Ganz besonders beim Knoten Backnang-Waldrems. Als vor Monatsfrist die Problematik rund um die Anschlussstelle Backnang-Süd in dieser Zeitung erläutert wurde, wurde vonseiten des Regierungspräsidiums zum wiederholten Mal darauf verwiesen, dass es am Knoten Waldrems Probleme gibt, da Grundstückseigentümer immer noch die Planung des Regierungspräsidiums nicht mittragen. Nun steht sogar die Enteignung dieser Eigentümer im Raum.

Obwohl dies nur wenige dürre Zeilen waren, haben sie Heinz Holzwarth einigen Ärger eingebracht. Der Ortschaftsrat von Waldrems sagt, er sei von vielen Bürgern darauf angesprochen und mit dem Vorwurf konfrontiert worden, er würde den B-14-Ausbau verhindern. Holzwarth weist dies entschieden zurück und erklärt, er sei dem Ausbau noch nie im Wege gestanden. Der 65-Jährige listet als Beweis auf, dass er bereits 2009 sein Elternhaus direkt an der B14 an das Regierungspräsidium verkauft habe. Sein neues Domizil im benachbarten Garten musste er in Rekordzeit errichten, weil er die veräußerte Immobilie bis Oktober 2010 räumen musste. Seither wird das Haus vom Regierungspräsidium als Baubüro benutzt.

Behörde erhält problemlos so viel Fläche, wie sie für den Ausbau benötigt

Damals, also vor etwa 13 Jahren, habe Holzwarth den Behördenvertretern gesagt, sie sollen so viel des Grundstücks abtrennen, wie sie für das Bauvorhaben benötigen. Dies geschah und Holzwarth pflanzte entlang der neuen Grenze eine Thujahecke, um in seinem neuen Heim etwas Sicht- und Lärmschutz in Richtung B14 zu haben.

Vor zwei Jahren standen dann unvermittelt rot getünchte Pfosten in Holzwarths Garten. Die Behörde teilte ihm mit, sie bräuchte jetzt noch einen weiteren zwei Meter breiten Streifen seines Gartens, weil die Planung sich geändert habe. Auch damit hatte der Waldremser kein Problem, „ich kann auch mit zwei Meter weniger Garten leben“. Allerdings forderte er eine gleichwertige Hecke an der Grenze. Die war inzwischen zwei Meter hoch gewachsen. Das RP bot Holzwarth nur eine 90 Zentimeter hohe Ersatzbepflanzung an, Wert etwa 2900 Euro. Die Zweimetervariante hingegen würde 9200 Euro kosten. Holzwarth sagt, es stimmt, dass der Verkauf des Grundstücksstreifens derzeit stockt, weil es bei der Heckenfrage keine Einigung gebe: „Jetzt geht es mir ums Prinzip. Die Arroganz des Regierungspräsidiums nervt.“ Zur Info: Die Baukosten des Abschnitts belaufen sich auf 30 Millionen Euro.

„Leider konnte noch keine Einigung mit den Eigentümern erzielt werden.“

Selbstverständlich hakt die Baustelle nicht wegen dieser Hecke, sondern in erster Linie, weil andere Anlieger wegen viel größerer Differenzen ihre Einwilligung zu den Plänen noch nicht erteilt haben. Das RP schreibt dazu auf Nachfrage: „Leider konnte nicht mit allen Eigentümern eine Einigung erzielt werden. Die Einwilligungen zu den notwendigen Planänderungen und somit die Zustimmung für die Planänderungen konnten bisher für drei Eigentümer noch nicht eingeholt werden.“

Was ist das Problem? Aufgrund schwieriger Grundwasserverhältnisse musste die Planung für den Tunnel Waldrems mehrfach verändert werden. Schon 2018 erklärte ein RP-Mitarbeiter: „Der Bau ist unheimlich komplex, es ist ein sehr tiefer Eingriff ins Erdreich vonnöten.“ Die RP-Experten wurden demnach bei der detaillierteren Ausführungsplanung von schwierigen geologischen Verhältnissen überrascht. So existieren vor Ort zwei Grundwasserströme, die getrennt voneinander unter dem Straßenbauwerk hindurchgeführt werden müssen. Dies hat zur Folge, dass viel mehr Grundfläche benötigt wird, um die Wanne des Tunnelbauwerks herstellen zu können. Und zwar so viel mehr, dass der im Planfeststellungsbeschluss genehmigte Bereich verlassen wird. Diese Flächen darf das RP aber nur mitbenutzen, wenn die Eigentümer ihre Zustimmung erteilen. Die Behörde droht seither mit dem förmlichen Planänderungsverfahren, an dessen Ende die Enteignung steht, ohne es jedoch anzuwenden. Jahr für Jahr erfolgt die Ankündigung.

  • Im August 2019 teilte die Behörde mit: „Das Verfahren benötigt maximal ein Jahr Zeit, dann kann der Bauherr loslegen. Die Planunterlagen wurden vom Bund bereits genehmigt, lediglich einzelne Punkte müssen noch geklärt werden.“
  • Im September 2020 hieß es dann: „Schwierige und langwierige Verhandlungen waren nötig. Das Plangenehmigungsverfahren benötigt vermutlich noch ein Jahr Zeit.“
  • Im Januar 2021 meldete die BKZ: „Beim Knoten Waldrems wurde immer noch keine Einigung mit den Anliegern erzielt. Jetzt leitet die Behörde ein ergänzendes Plangenehmigungsverfahren ein. Dadurch werde die Grundlage geschaffen, das Planungsrecht auch gegen den Willen der Eigentümer durchzusetzen.“
  • Dieser Tage meldet die Behörde erneut: „Sofern keine Einigung erzielt werden kann, wird ein förmliches Planänderungsverfahren nötig. Auf Grundlage des Beschlusses können dann die notwendigen Grundstücksteile enteignet werden.“
Kommentar
Nur leere Worte

Von Matthias Nothstein

Vielleicht stimmt es, dass die B-14-Anschlussstelle Waldrems noch nicht gebaut wurde, weil die Pläne ständig geändert werden müssen. Dagegen spricht, dass die Planungen längst schon von der ersten Version in die Detailplanung überführt wurden. Und die Überraschungen im Untergrund, nämlich die komplexen Grundwasserverhältnisse, sind seit vielen Jahren bekannt.

Der eigentliche Grund, weshalb es nicht in der logischen Reihenfolge beim B-14-Ausbau weitergeht, also von Süden nach Norden, scheint eher am Widerstand jener Anlieger zu liegen, die ein Interesse daran haben, dass der Verkehr weiterhin oberirdisch und nicht in einem Tunnel am Gewerbegebiet vorbeirauscht. Man kann den Eindruck gewinnen, das Regierungspräsidium lässt sich seit Jahren am Nasenring durch die Manege führen. Jahr für Jahr erfolgt die Ankündigung: Im nächsten Jahr geht’s los. Alles leere Worte. Seit 2018. Inzwischen ist es sogar denkbar, dass die Bahnbrücken vor dem Waldremser Knoten fertig werden. Lange Zeit war dies unvorstellbar.

m.nothstein@bkz.de

Zum Artikel

Erstellt:
23. November 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen