Im Zweifel eher für harte Fakten
Der Backnanger Schulleiter Heinz Harter spricht als Blattkritiker über Lesegewohnheiten sowie Stärken und Schwächen der Zeitung
Von Lorena Greppo
BACKNANG. Im Rahmen der Kampagne „Journalismus zeigt Gesicht“ lädt die Redaktion der Backnanger Kreiszeitung und Murrhardter Zeitung jeweils einmal pro Woche eine bekannte Persönlichkeit aus der Region zur „Blattkritik“ ein. Mit ihnen diskutieren wir über die Zeitung. Welche Themen interessieren sie besonders? Was schätzen sie an ihrer Lokalzeitung? Und was könnte unsere Redaktion noch besser machen? Mit Heinz Harter, dem Geschäftsführenden Schulleiter der Backnanger Schulen, hat diese Reihe nun begonnen. Jeden Morgen liest der Rektor der Max-Eyth-Realschule die Backnanger Kreiszeitung – berufsbedingt sei das eine Notwendigkeit, aber schon seit seiner Kindheit begleite die Zeitung ihn. „Sie ist mir so vertraut wie der Backnanger Stadtturm“, sagt Harter. Auch in der Schule werde die BKZ gelesen.
Sein Blick gehe als Erstes auf die Titelseite – „oft noch im Stehen“. Viele überregionale Nachrichten sind ihm zu diesem Zeitpunkt schon aus TV und Internet bekannt, „an manchem bleibe ich dennoch hängen“. Auch am VfB Stuttgart komme er nicht vorbei, räumt Harter schmunzelnd ein. Grundsätzlich gebe es keine Bereiche, die er komplett ignoriere. Trotzdem hat er eine klare Priorität: den Lokalteil. Diesen nehme er immer unter den Kriterien in Augenschein: Was interessiert mich? Was spricht mich an? Was vermittelt mir neue Informationen? „Schulische und kommunalpolitische Themen sind beruflich bedingt für mich besonders wichtig“, erklärt der Rektor. Im Zweifel sei er eher auf Fakten aus als auf sogenannte bunte Themen. „Die Zeit ist begrenzt, da muss ich priorisieren.“ Manchmal erkenne er aber bekannte Gesichter, etwa ehemalige Schüler, dann lese er die zugehörigen Artikel auch durch. Weil morgens nicht immer ausreichend Zeit bleibt, „gibt es oft auch einen zweiten Durchgang“ später am Tag.
Angesprochen auf den Lokalsport, erzählt Harter von sich ändernden Lesegewohnheiten. Als Sohn Daniel noch aktiver Judoka war, habe er die Artikel darüber verfolgt, inzwischen habe er beispielsweise ein besonderes Interesse an der Aktion Laufend BKZ, bei der Harter im vergangenen Jahr selbst teilgenommen hat. Die Diskussion darum, ob der Sportteil zu umfangreich ist, kenne er. „Ich will mich selbst aber nicht zum Maßstab machen.“ Schließlich solle die Zeitung eine breite Leserschaft ansprechen. Er interessiere sich persönlich zwar nicht für die Ergebnisse des Sulzbacher Fußballvereins, „aber ich finde darüber hinaus dennoch genügend Lesestoff“.
Für viel Diskussion hat vor etwa drei Jahren auch die Einführung der Schaufensterseite gesorgt, das hat der Schulleiter auch in den Schulen wahrgenommen. „Ich fand es anfangs gewöhnungsbedürftig, inzwischen aber nachvollziehbar“, urteilt er. Die Schulen und Vereine hätten dadurch einen Platz in der Zeitung. „Was dabei allerdings auf der Strecke bleibt, ist eine kritische Distanz“, mahnt er an. Denn auf der Schaufensterseite stellen die Schulen in kurzen Texten nur ihre Projekte vor. „Mein Anliegen wäre es, bildungspolitische Themen vermehrt aufzugreifen.“ Die Schule habe eine hohe Relevanz für gesellschaftliche Abläufe, viele bedeutsame Themen fänden sich dort wieder.
Die Lokalzeitung könne einen Beitrag leisten, indem sie informiert und die Meinungsbildung unterstützt. Besonders hebt der Geschäftsführende Schulleiter die Aktion „Zeitung in der Schule“ hervor. „In der Kommunalpolitik können sich Bürger am ehesten einbringen“, erklärt er. Dazu brauche man die nötigen Informationen, die liefert die Zeitung. Da sei es wichtig, Jugendliche mit dem Medium vertraut zu machen.
Eine Entwicklung, die Harter als schade, gar ärgerlich empfindet, ist die schwindende Vielfalt in der Zeitungslandschaft. Im Mantelteil sei die Berichterstattung oftmals kaum noch zu unterscheiden. „Pressefreiheit entsteht durch Vielfalt, insofern ist diese Konzentration mit Stirnrunzeln zu beobachten.“ Verbesserung sieht Heinz Harter auch noch im Hinblick auf die Berichterstattung zu Entwicklungen in Europa. Er regt an, wie für „Stuttgart“ oder „Baden-Württemberg“ eine Rubrik dafür in der Zeitung zu etablieren, „sodass der Leser lernt, was Europa für ihn bedeutet“.