Immun
Mangelnde Impfbereitschaft zählt zu den größten Gesundheitsrisiken
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm. Sie zählt eine mangelnde Impfbereitschaft zu den gegenwärtig größten Gesundheitsrisiken der Welt. Wer denkt, es handele sich dabei um wichtigtuerische Übertreibung, irrt. Impfstoffe gehören zu den größten Taten der Medizin – erfolgreich gegen Pest, Pocken, Kinderlähmung. Zwei bis drei Millionen Todesfälle werden jährlich durch Impfungen verhindert. Weitere 1,5 Millionen könnten hinzukommen, wenn weltweit mehr Menschen geimpft würden.
Deshalb gibt es Handlungsbedarf, mehr als bisher aufzuklären und Angst zu nehmen. In Europa nahm 2017 etwa die Zahl der Masernfälle dramatisch zu, von 5273 im Vorjahr auf fast 24 000. In Baden-Württemberg stieg die Zahl der von Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, 2018 mit 268 Patienten auf den zweithöchsten Stand seit 2001. Die Krankheit, deren Risiko unverändert hoch ist, kann in schweren Fällen zur Gehirnentzündung und zur Schädigung des Rückenmarks führen und im Extremfall tödlich verlaufen.
Das lässt sich vermeiden: durch eine Grundimmunisierung mit drei Impfterminen. Dass 2016 bei den Schuleingangsuntersuchungen nur gut 21 Prozent der Kinder im Land gegen FSME geimpft waren, gibt da zu denken. Man muss nicht gleich nach einer vom Staat verordneten Impfpflicht rufen, auch wenn es bei der Entscheidung, sich impfen zu lassen, immer auch um die Gesundheit aller geht. Aber ist es ein unbilliger Eingriff ins Elternrecht, wenn Kitas den Nachweis einer Impfberatung fordern, bevor ein Kind angemeldet werden kann? Es geht um Risikoabwägung, um mehr Aufklärung und sanften Druck. Dass es da auch in Baden-Württemberg noch erheblichen Nachholbedarf gibt, sollte unstrittig sein.
wolfgang.molitor@stuttgarter-nachrichten.de